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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 43.1900 (Nr. 510-522)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20908#0079
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

7s

Ein ehelicher Zweikampf.

bringen. Aber was half ihm das schließlich? lvas half ihm
das alles? Lr war ja nicht Iserr im bjause. Wenn er es
einmal wagte, Befehle zu erteilen, so befolgte man sie nur,
wenn sie mit denen Brigittens übereinstimmten. Lr mochte
knurren, schelten, grob werden — Brigitte wußte stets den
größeren Trumpf auszuspielen. Plinz wußte kein Mittel weiter,
sich sein gutes altes Recht wieder zu erobern. Gutmütig wic
er war, schluckte er den Aetger hinunter.

Sein Nachbar, der Runkelbauer, den er einst besuchte,
und dem er in tiefster verzweislung sein lherz ausschüttete,
meinte ebenso mitleidig als ingrimmig, daß dieser Türkenwirt-
schast mit dem Dreschslegel ein Lnde gemacht werden miisse.
Der radikale vorschlag des weit mannhafteren Nachbars im-
ponierte dem Bauern gewaltig und mit einer mächtigen Mxpo-
sitionslust im kjerzen trollte er heim. — Ahnungslos schnaubte
ihn seine Frau an, wo er sich so lange herumgetrieben hätte,
aber mit eiserner Faust packte er sie am Arme und schrie
wütend, daß sie das nichts anginge. Brigitte, im ersten Augen-
blick sprachlos, hielt dem Abtrünnigen eine Standrede, welche
alle andern an Güte weit übertraf. plinz ließ sich nicht irre
machen, und als ihm seine Streitbare zu geharnischt wurde,
schleuderte er wie ein rasender lserkules einen schweren Stuhl
gegen das heiligste Lrbstück der Bänerin, gegen die alte, ehr-
würdige Aommode, so daß Frau Brigitte vor Lntsetzen die
lhände zusammenschlug und eiligst die Flucht ergriff.

Der Bauer triumphierte. Ietzt sollte sich das Blättchen
wenden. Und es wendete sich; allerdings in einer weise, die
Plinz weder geahnt noch gewünscht hatte. Brigitte würdigte
von jetzt ab den renitenten Lhcmann keines Blickes und wortes
mehr. Stumm setzte sie das Lsscn auf den Tisch, stumm räumte
sie wiedcr ab; stumm war sie, wenn er in der Nahe weilte,
stumm blieb sie, wenn er noch so hestig eine Antwort verlangte.
Ia sogar, wenn er seine pfeise über dem Uohlenkasten auskloxfte,
wobei, wie immer, das tneiste in die Stube fiel, bewahrte sie
hartnäckiges Schweigen. — plinz, der zunächst total verblüfft
war, gerict in eine grenzenlose Mut. Ietzt war er also Luft?
Ietzt wurde er vollständig ignoriert? 2as war ja die Muintessenz
aller Schlechtigkeitenl Nein, das hielt cr nimmermehr aus,
Brigitte wußte ihre weibliche Strategie mit solcher Ausdauer
anzuwenden, daß sie der Bauer schließlich bei allen lsimmeln

beschwor, doch um Gottes willen ihren eingerosteten Schalltrichter
wieder aufzusperren.-Ls hals ihm alles nichts.

Da verlegte sich plinz aufs Grübeln. Sie mußte reden,
sie mußtel Lr wollte ihre ljolzpantoffeln verstecken, ihr Tinte
in die Milch gießen; aber da ihm das ein paar derbe Vhrfeigen
eintragen konnte, sann er auf andere Mittel. — Zuletzt war
ihm alles egal.

Als sie eines Nachmittags zur Vesper saßen, tauchte er
den großen lsolzlösfel in das Pslaumenmus und suhr ihr blih-

schnell über die untere Gesichtspartie. Prasselnd flog die Aaffee-
tasse an die wand, denn der Bauer hatte sich noch rechtzeitig
gebückt; Brigitte aber stürmte wutschäumend hinaus, um sich
an der Pumxe zu reinigen. In der Stube ließ sie sich vor-
läufig nicht wieder sehen, es würde sich, so überlegte sie rache-
schnaubend, schon einmal Gelegenheit finden, ihm die Frevelthat
einzutränken. Fürs erste beschloß sie, ihm aus dem N)eg zu
gehen und den angefangenen Feldzugsxlan mit Zähigkeit weiter
zu verfolgen. Die schlaue Bäuerin wußte, daß sie in kürzester
Zeit den gefügigsten aller Lhemänner hatte. Es war zwar für
sie eine Leistung ersten Ranges, vierzehn Tage lang den Mund
zu halten, aber der Aamxs mußte aus diese lVeise sortgesetzt
werden. Sie trotzte also wie bisher.

Das war dem Bauer doch zu viel. Der Aermste war der
Situation nicht gewachsen. Mit finsterer Miene griff er eines
Tages nach der Mütze und schlenderte den Feldweg entlang,
hinüber zum Nachbargut. Lr sollte nicht umsonst gekommen
sein. Der Runkelbauer, der sich an dem Pflaumenmusattentate
weidlich ergötzte, gab ihm am Ende der langen und eifrigen
Uonferenz einen Rat, den er — plinz — mit einem lauten
Iauchzer aufnahm. Lachend rannte er das Zimmer auf und
ab. Die nächste lllinute eilte er spornstreichs — in das Pfarr-
haus. Uaum daß er seinem gescheiteren Freunde gedankt hatte.
Seelenvergnügt kehrte er heim. Sie wird redenl Sie muß
redenl Nach einem lvort von ihren Lippen schmachtete er
förmlich. — Seine Frau beobachtete ihn mißtrauisch. Sie ahnte
Unheil und nahm sich vor, auf der lsut zu sein. Ls geschah
jedoch nichts, was ihre Besorgnis erregte.

Am nächsten Feiertage ging Brigitte in die Uirche. Sie
setzte sich auf ihren Lieblingsxlatz, der sich hinter einer der
steinernen Säulen befand. kjier berechnete sie meistens, wie-
viel aus Milch, Butter, Uäse und Liern herauszuschlagen sei.
bseute dachte sie weniger an Marktxreise und Verdienst. Ihre
Gedankcn weilten beim Bauern, von dem sie sich nun einmal

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