Neggendorfers Huinoristische Blätter.
f08
„5ie sind ein Lngel," sagte ich, indem ich um meine ver-
legenheit zu verbergen ihr die Lsand küßte, die sie aber sofort
zurückzog,
Und nun schlug sie auch die Augen wieder auf und blickte
mich so ernst und sragend an, al- wollte sie sagen, nun, wenn
Dir das, was Du auf dem kserzen hast, so schwer fällt, warum
laßt Du mich dann nicht lieber ineiner N)ege ziehen?
Da slüsterte ich leise und schüchtern: „Ich würde auch um
ein Stiick Brot bitten, ich habe heute noch nichts gegessen."
Längst war ste hinter dem Zaun verschwunden, als ich ihr
stlbernes Lachen noch immer vernahin. „U)enn 5ie sonst nichts
wollen," hatte sie geantwortet, und ich Schlaumeier begriff nicht,
wie viel mehr ich in diesem schönen Augenblick so leicht hätte
haben können.
Nun kamen Lsolzarbeiter in die Nähe, Leute, von denen ich
mich nicht gerne wollte überraschen lassen und so öffnete ich die
angelehnte Thiire und verbarg mich hinter einigen Büschen.
Aber kaum hatte ich mich niedergelassen, als ich mich unsanft
umgeworsen sühlte und im nächsten Augenblick stand der mächtige
Bernhardiner auf meiner Brust und begann zu bellen, daß
mir das bsören verging. Lin greller pfiff war
das Letzte, was mir in den Mhren klang, denn
als ich einen fluchenden alten Lserrn, der einen
Trauerschleier um die Nase trug, herbeieilen sah,
denselben, dem der Don Alonso Magirus auf
den Aopf gefallen war, da wurde mir so schach,
daß ich nicht länger dagegen ankämpfen konnte.
Als ich erwachte, lag ich auf einem weichen
pfuhl und der grimmige Alte flößte mir einen
Löffel Lognac ein. Als ich wieder etwas bei-
sammen war, dachte ich, daß nunmehr zum
würdiaen Schlusse dieses Tages ein baumstarker
Diener crscheinen werde, der mich mit einem
schönen Schwung vor die Thüre setzen werde.
„wie fühlen Sie sich?" sragte mich der Alte.
„DHI ich danke verbindlichst, ich glaube
ganz allein gehen zu können."
„Mssen Sie, daß ich zur Polizei schickte?"
brummte er.
„N)ie cLott willl" erwiderte ich apathisch
wie ein Türke.
„Meine Tochter, dieses hinterlistige Ding
will mir allerlei Märchen erzählen. Aber Sie
sind doch derselbe Liebling, der meiner Nase zu
diesem pflaster verholfen hat? Ia, ja, ich
kenne Sie. Aber da hatten Sie doch einen bsut
auf und Stiefel hatten Sie an und ich meine Sie
hatten sogar eine ksose?"
„Um diese Dinge müssen Sie gefälligst Ihren
ksund sragen."
„Ach mein ksund hat das wohl alles ge-
fressen?"
Ich nickte, als ob ich das für gar nicht un-
möglich hielte.
„kjahaha, und auch Ihre Geldbörse? denn
ich habe mir nachzusehen erlaubt, ob Sie nicht
einen Revolver oder dergleichen Freundlichkeiten
mit sich sühren. Wie? Line gefräßige Bestie,
dieser ksund? Na, junger Mann, erzählen Sie
mir einmal, wie Sie in einem solchen Zustand
in mein lhaus kommen. Aber keine Flunkereien, bitte ich
mir aus."
Nun berichtete ich deun von meinen Abenteuern und der
Alte freule sich so darüber, daß wir schließlich ganz gute Freunde
wurden. So viel lachte er, daß ihm das große, schwarze Pflaster
von der Nase fiel. Später lud er mich sogar ein und als wieder
ein Tag kam, da ich meine jetzige Frau um ein Stiick Brot
bat, sorgte ich dafür, daß sie mich nicht wieder auslachte.
Aber heute noch, wenn ich an meine Brautfahrt denke,
frage ich mich immer wieder, ob je in solcher Laun' ein lVeib
gefreit wurde. Ich glaube nicht."
Nn den Mann — bt'ingen.
A.: „Nun, wie geht es Ihren Töchtern?"
Aommerzienrätin: „Bh, die sind sämmtlich an dcn— Baron
gebracht."
Gaunerstoh.
Richter: „Sie sind wirklich ein stadtbekannter Gaunerl"
Angeklagter: „Bitte, in ternational!"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart
In Desterreich-Ungarn sür kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Ulohrin N?ien I.
Verlag von I. F. Schrriber in Münchrn und Etzlingen.
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„5ie sind ein Lngel," sagte ich, indem ich um meine ver-
legenheit zu verbergen ihr die Lsand küßte, die sie aber sofort
zurückzog,
Und nun schlug sie auch die Augen wieder auf und blickte
mich so ernst und sragend an, al- wollte sie sagen, nun, wenn
Dir das, was Du auf dem kserzen hast, so schwer fällt, warum
laßt Du mich dann nicht lieber ineiner N)ege ziehen?
Da slüsterte ich leise und schüchtern: „Ich würde auch um
ein Stiick Brot bitten, ich habe heute noch nichts gegessen."
Längst war ste hinter dem Zaun verschwunden, als ich ihr
stlbernes Lachen noch immer vernahin. „U)enn 5ie sonst nichts
wollen," hatte sie geantwortet, und ich Schlaumeier begriff nicht,
wie viel mehr ich in diesem schönen Augenblick so leicht hätte
haben können.
Nun kamen Lsolzarbeiter in die Nähe, Leute, von denen ich
mich nicht gerne wollte überraschen lassen und so öffnete ich die
angelehnte Thiire und verbarg mich hinter einigen Büschen.
Aber kaum hatte ich mich niedergelassen, als ich mich unsanft
umgeworsen sühlte und im nächsten Augenblick stand der mächtige
Bernhardiner auf meiner Brust und begann zu bellen, daß
mir das bsören verging. Lin greller pfiff war
das Letzte, was mir in den Mhren klang, denn
als ich einen fluchenden alten Lserrn, der einen
Trauerschleier um die Nase trug, herbeieilen sah,
denselben, dem der Don Alonso Magirus auf
den Aopf gefallen war, da wurde mir so schach,
daß ich nicht länger dagegen ankämpfen konnte.
Als ich erwachte, lag ich auf einem weichen
pfuhl und der grimmige Alte flößte mir einen
Löffel Lognac ein. Als ich wieder etwas bei-
sammen war, dachte ich, daß nunmehr zum
würdiaen Schlusse dieses Tages ein baumstarker
Diener crscheinen werde, der mich mit einem
schönen Schwung vor die Thüre setzen werde.
„wie fühlen Sie sich?" sragte mich der Alte.
„DHI ich danke verbindlichst, ich glaube
ganz allein gehen zu können."
„Mssen Sie, daß ich zur Polizei schickte?"
brummte er.
„N)ie cLott willl" erwiderte ich apathisch
wie ein Türke.
„Meine Tochter, dieses hinterlistige Ding
will mir allerlei Märchen erzählen. Aber Sie
sind doch derselbe Liebling, der meiner Nase zu
diesem pflaster verholfen hat? Ia, ja, ich
kenne Sie. Aber da hatten Sie doch einen bsut
auf und Stiefel hatten Sie an und ich meine Sie
hatten sogar eine ksose?"
„Um diese Dinge müssen Sie gefälligst Ihren
ksund sragen."
„Ach mein ksund hat das wohl alles ge-
fressen?"
Ich nickte, als ob ich das für gar nicht un-
möglich hielte.
„kjahaha, und auch Ihre Geldbörse? denn
ich habe mir nachzusehen erlaubt, ob Sie nicht
einen Revolver oder dergleichen Freundlichkeiten
mit sich sühren. Wie? Line gefräßige Bestie,
dieser ksund? Na, junger Mann, erzählen Sie
mir einmal, wie Sie in einem solchen Zustand
in mein lhaus kommen. Aber keine Flunkereien, bitte ich
mir aus."
Nun berichtete ich deun von meinen Abenteuern und der
Alte freule sich so darüber, daß wir schließlich ganz gute Freunde
wurden. So viel lachte er, daß ihm das große, schwarze Pflaster
von der Nase fiel. Später lud er mich sogar ein und als wieder
ein Tag kam, da ich meine jetzige Frau um ein Stiick Brot
bat, sorgte ich dafür, daß sie mich nicht wieder auslachte.
Aber heute noch, wenn ich an meine Brautfahrt denke,
frage ich mich immer wieder, ob je in solcher Laun' ein lVeib
gefreit wurde. Ich glaube nicht."
Nn den Mann — bt'ingen.
A.: „Nun, wie geht es Ihren Töchtern?"
Aommerzienrätin: „Bh, die sind sämmtlich an dcn— Baron
gebracht."
Gaunerstoh.
Richter: „Sie sind wirklich ein stadtbekannter Gaunerl"
Angeklagter: „Bitte, in ternational!"
verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart
In Desterreich-Ungarn sür kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Ulohrin N?ien I.
Verlag von I. F. Schrriber in Münchrn und Etzlingen.