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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 43.1900 (Nr. 510-522)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20908#0126
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ltteggendorfers Humoristische Blätter.


Lm Mißgriff.


2

Vall'gcspräch.

— „Hat bei Gnädigstcr auch schon ein-
inal die Iveltgcschichte aufgehört?"

Or. meä. iöüffel'.

A. i „Mas macht denn Dein 5ohn, der schon
so lange zuni Doktor promovicrt ist?"

ZZ.: „Ich glaube, er wird sich bald wo niedcr-
laffen, 'er cikundigt sich schon in ver-
schiedencn Städten nach den Bier-
verhältnissen."

Ärirch die VolksMhlung.

L)umoreske von Ettgen Isolani.

^ I ber Lieschen, weine doch nichtl Sei kein Froschl Fiir die Dauer kann sich
I ja Dein vater unsercr Verbindung nicht widersetzenl Menn Du mir nur
gut bleibst, bin ich's zufrieden. Ich harre Dein, und Dein vater wird
schon wollen inüffenl"

„Nein, er will aber nicht, Arthurl Lr hat strengcu Lefehl gegeben, Dich
gar nicht vorzulassen, wenn Du Dich, wie er sich ausdriickt, doch uoch unterstehen
solltest, xersönlich um nieine lhaud anzuhalten, nachdem er Dir brieflich die Absage
gegeben."

„Aber, er kennt uiich ja noch gar nichti"

„Das schadet nichts, er will nuu einmal keinen Schulmeister, wie er sagt,
zum Schwiegersohn. Er hat sich's in den Aopf gesetzt, daß sein Schwiegersohn
cinmal sein Geschäft überuehmen sollte. Lr inag überhaupt die studierten Leute
nicht Iciden, nnd diesen Widerwillen hat er durch Bnkel bekommen."

„was ist denn das für ein Bukel, Lieschen?"

„Ach, auch ein Lehrer, ein Gberlehrer am Gymuasium, cin sehr gelehrter
lserr, der aber furchtbar eitel auf seine Bildung ist uud den Paxa, der nun einmal
nie sehr für das Lernen eingenommen war, immer schulmeistern will. Lr ist in
T. am Gymnasium, und wenn cr einmal nach Berlin zu Besuch kommt, dann
zankcn sich die beiden Brüder so lange, bis der Gnkel wütend wiedor abreist."

„Und nun meint Dein lieber paxa, alle Lehrer seien so dünkelhaft, wie soin
Bruder und haßt alle Lehrer, wie Deinen eitlen Bnkell"

„Ia," antwortete Lieschen.

„Nun, wenn es weiter nichts ist, von diesem vorurteil will ich ihn schon
noch heilen."

„Ia, wenn Du ihn zn sprechen bekämst, Liebster. Aber er läßt Dich sicher
gar nicht vor!"

„Was gilt die Wette, mein Schatz, daß er morgen meinen Besuch annimmtl"
„Ach, Arthur, ich habe Angst, Du wirst Dich täuschenl"

„lvann ist er morgen sicher zu sprechenl"

„Iwischen 2 und q. Uhr ist er zu ljause; um 2 Uhr speisen wir, um V22 Uhr
macht cr sein UUttagsschläfchen. Dann verweilt er noch eine Stunde zu lhause
und geht dann wieder ins Lomptoir."

„Morgen zwischen Z und Uhr soll sich unser Schicksal entscheiden. Und
nun geh' heim, mein Schatz und sei gutcn Mutesl"

„Adieu, Arthurl"

So schieden die beiden Liebesleute, nach herzlichem ksändedruck; jedes ging
seines weges, Lieschcn voll banger Sorge heimwärts, Arthur voll Iuversicht ins
Gymnasium, in den Dienst.

Seitdem sich die beiden Liebesleute vor einigen Wochen bei einer Freundin
Lieschens, deren Bruder der Aollege von Arthur war, kennen gelernt und sich
schnell ineinander verliebt hatten, hatte Lieschen es cinigemal schon so einzu-
richten gewußt, daß sie dem geliebten Manne „ganz zufällig" auf dem U)ege zur
Schule begcgncte. Als sie aber den Lltern nur andcutuugsweise ihre Neigung
verraten hatte, da war der vater glcich wütend aufgefahren und hatte kategorisch
erklärt, ein Schulmeister dürfe nicht in sein lfaus kommen, von „dieser hochmütigen
Sorte" habe er gerade an seinem lherrn Bruder genug in der Familie.

Da hatte denn Lieschen wohl Ursache genug, uni besorgt fiir ihre Zukunft
zu sein, wenn sie auch dem vater cbenso kategorisch crklärt hatte, daß sie niemals
cinem ungeliebten Ulanne die lsand geben würde und daß, wenn sie den Doktor
Arthur Melnert nicht heiraten dürfe, sie wohl überhauxt ledig bleiben würde.

Alles das wußte nun wohl der lserr Bberlehrer Ukeinert, aber gleichwohl
setzte er alle seine lsosfnung noch auf die morgige Unterredung mit dem vater
scines geliebten lUädchens.

wie cr diesc Unterredung herbeiführen würde, dafür wußte er schon Rat,
wenn er auch Lieschen noch nicht in seinen plan eingeführt hatte.

lllorgen nämlich war ja die volkszählung, und er, dcr Dr. Nleinert, war
srciwilliger volkszähler. lvenn er nun auch nicht in dem Revier zählte, in welchem
der Großkaufmann Nettke, Lieschens vater, wohnte, so konnte er sich doch leicht
von seiuem Aollegen, der jenes Revier zählte, das betreffende lhaus, in wclchem
Nettkes wohnten, übertragcn lassen. Das that er denn auch, und am Sonnabend,
den p Dezember, klingelte er bei lserrn lNax Nettke um z Uhr nachmittags.
 
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