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Meggendorfers Humoristische Blätter.
sich auch die lNänner in ihren Gefühlen bestärken und schon hagelte es schlimmc
lvorte und Drohungen mit der Polizei.
„Da hört sich schon alles aufl" schrie einer, „so eine elende Schinderei. !Vem
gehört denn eigentlich das arme Luder?"
Lximeleia schwieg und rang hilslos die Lsande.
„wem wird er gehören," meldete sich jetzt ein anderer, „natürlich dem Dick-
koxf da. Wahrscheinlich kann er die 5teuer nicht zahlen, der ksungerleider I"
Reitmaier verkroch sich so gut es eben ging und spähte nach allen 5eiten,
um sich möglichst schnell zu retten. Und er erwischte auch richtia ein Loch, durch
das er im Lilschritt zu entrinnen vermochte. „5ie, Frau, ich sag' Ihnen, thun S'
das vieh 'runterangeln, sonst kann's sein . . . ." brüllte ein stämmiger ksandwerker.
„Tchmeißt sie ' .„m I" riet ein anderer und so hallte es von allen Lcken und
Lnden, daß die vollständig verwirrte Lpimeleia, die angstvoll nach ihrem Gebieter
sich umsah, in die höchste Not geriet und heftig zu weinen anfing.
„Also 'raus mit dem Lsund," kreischte eine dicke Frau, „die alte Schachtel soll
nur hineinkrabbeln, die ersauft nicht gleich."
„Recht hat sie," bekcäftigte der Lhor und drängte die hilstose Lpimeleia
an den abschüssigen Rand des Ufers.
„wenn sie zehn Mark bezahlt," intervenierte nun ein Bursche, „dann hol'
ich ihn. Verstanden?"
„Freilich zahlt sie das," ging die Antwort im Areise. „Und einen Auß
kriegst auch," schrie einer dazwischen.
Ls war ein Tumult, der sich immer höher steigerte, bis endlich die von
allen Seiten bedrängte Lximeleia sich entschloß, die geforderte Summe zu beraxpen,
nur um der Todesangst zu entrinnen, die ihr selbst die Zunge allmählich lähmte.
Nun stieg der Bursche in das wasser, kletterte auf den Baum und erlöste
nicht ohne Gefahr das strampelnde und zappelnde Möpslein, das er der gänzlich
sprachlosen Daine übergeben wollte. „Nix da," mischte sich nun der Rädelsführer
ein, „Du tragst ihr den ksund heim, sonst schmeißt si" ihn noch einmal hinein."
Und so geschah es, daß Toro zum drittenmal seine Auferstehung feierte
und ihn seine Feindin selbst, aber keineswegs im Triumxh, zu seinen häuslichen
P aten geleitete.
Seit dieser Zeit lebt sie mit ihm im tiefsten Frieden, denn sie hat einen
fast abergläubischen Respekt vor ihm.
Und heute noch, wenn der Renter Reilmaicr im Schatten der Maüern sich
durch die Straßen drückt, folgt ihm, bei jedem zehnten Schritt stillstehend und nach
Atem ringend, Toro, der unsterbliche Mops. Was der Arbeiter, der ihn zuletzt
errettete, infolge der angeblichen Lrkältung unter der erfolgreichcn Anleitung
des erfahrenen Leibkutschers an „Arankheiten"
durchzumachen hatte und was Reitmaier hie-
für an Aurkosten und Schmerzensgeld erlegte,
das hat niemand außer den Beteiligten er-
fahren. Nur als er eines Tages eine Zieh-
harmonika verlangte, um sich die Schwermut
zu vertreiben, die ihn, wie er behauxtete,
quälte, wagte Reitmaier ihm dieses Instru-
ment rundweg und ganz entschieden zu ver-
sagen.
(Kedankenlpütter,
Freundschaft bekommt oft einen Sprung,
wenn man bei ihr anklopft.
Sich nicht rächen, kann auch eine Rache
sein.
Aein Wunder, daß sich so viele iiber-
schätzen; es gehört vcrhältnismäßig viel ver-
stand dazu, um einzusehen, daß man wenig
hat.
Das dämmernde Leben erfrischt der
Abendtau der Erinnerung!
Nirgends wird so viel gelogen als in
Nekrologen.
Du sollst nicht übler Laune sein,
Nicht draußen, nicht zu lsaus;
Doch läßt Du 'mal bei Dir sie ein,
Laß nicht an andern sie aus!
wahrheit? Man kämxft oft mit ihr,
wenn man für sie zu kämxfen glaubt.
Nicht nur die Lakaien, ein jeder Stand
hat seine Tressen.
Wer zu iniponieren sucht, dem wird es
immer gelingen, wenn nicht bei andern, so
— bei sich selbst.
Auf der Grenze zwischen Iugend und
Alter betont man gern das letztere, um sich
an dem widerspruch, den man erfährt, zu
freuen.
Auf dem grünen Zweig, auf den man's
gebracht hat, soll man nicht sitzen bleiben,
sonst wird oft schnell ein dürrer Ast daraus.
Im Schweif des Aometen Genie haben
viele Talente jdlatz.
Der Aermste ist der Reiche, von dem es
heißt: der arme Aerl l
Den Schutz des geistigen Ligentums ge-
nießt auch viel geistloses Ligentum.
Oeranlwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für Lserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Etzlingen.
Meggendorfers Humoristische Blätter.
sich auch die lNänner in ihren Gefühlen bestärken und schon hagelte es schlimmc
lvorte und Drohungen mit der Polizei.
„Da hört sich schon alles aufl" schrie einer, „so eine elende Schinderei. !Vem
gehört denn eigentlich das arme Luder?"
Lximeleia schwieg und rang hilslos die Lsande.
„wem wird er gehören," meldete sich jetzt ein anderer, „natürlich dem Dick-
koxf da. Wahrscheinlich kann er die 5teuer nicht zahlen, der ksungerleider I"
Reitmaier verkroch sich so gut es eben ging und spähte nach allen 5eiten,
um sich möglichst schnell zu retten. Und er erwischte auch richtia ein Loch, durch
das er im Lilschritt zu entrinnen vermochte. „5ie, Frau, ich sag' Ihnen, thun S'
das vieh 'runterangeln, sonst kann's sein . . . ." brüllte ein stämmiger ksandwerker.
„Tchmeißt sie ' .„m I" riet ein anderer und so hallte es von allen Lcken und
Lnden, daß die vollständig verwirrte Lpimeleia, die angstvoll nach ihrem Gebieter
sich umsah, in die höchste Not geriet und heftig zu weinen anfing.
„Also 'raus mit dem Lsund," kreischte eine dicke Frau, „die alte Schachtel soll
nur hineinkrabbeln, die ersauft nicht gleich."
„Recht hat sie," bekcäftigte der Lhor und drängte die hilstose Lpimeleia
an den abschüssigen Rand des Ufers.
„wenn sie zehn Mark bezahlt," intervenierte nun ein Bursche, „dann hol'
ich ihn. Verstanden?"
„Freilich zahlt sie das," ging die Antwort im Areise. „Und einen Auß
kriegst auch," schrie einer dazwischen.
Ls war ein Tumult, der sich immer höher steigerte, bis endlich die von
allen Seiten bedrängte Lximeleia sich entschloß, die geforderte Summe zu beraxpen,
nur um der Todesangst zu entrinnen, die ihr selbst die Zunge allmählich lähmte.
Nun stieg der Bursche in das wasser, kletterte auf den Baum und erlöste
nicht ohne Gefahr das strampelnde und zappelnde Möpslein, das er der gänzlich
sprachlosen Daine übergeben wollte. „Nix da," mischte sich nun der Rädelsführer
ein, „Du tragst ihr den ksund heim, sonst schmeißt si" ihn noch einmal hinein."
Und so geschah es, daß Toro zum drittenmal seine Auferstehung feierte
und ihn seine Feindin selbst, aber keineswegs im Triumxh, zu seinen häuslichen
P aten geleitete.
Seit dieser Zeit lebt sie mit ihm im tiefsten Frieden, denn sie hat einen
fast abergläubischen Respekt vor ihm.
Und heute noch, wenn der Renter Reilmaicr im Schatten der Maüern sich
durch die Straßen drückt, folgt ihm, bei jedem zehnten Schritt stillstehend und nach
Atem ringend, Toro, der unsterbliche Mops. Was der Arbeiter, der ihn zuletzt
errettete, infolge der angeblichen Lrkältung unter der erfolgreichcn Anleitung
des erfahrenen Leibkutschers an „Arankheiten"
durchzumachen hatte und was Reitmaier hie-
für an Aurkosten und Schmerzensgeld erlegte,
das hat niemand außer den Beteiligten er-
fahren. Nur als er eines Tages eine Zieh-
harmonika verlangte, um sich die Schwermut
zu vertreiben, die ihn, wie er behauxtete,
quälte, wagte Reitmaier ihm dieses Instru-
ment rundweg und ganz entschieden zu ver-
sagen.
(Kedankenlpütter,
Freundschaft bekommt oft einen Sprung,
wenn man bei ihr anklopft.
Sich nicht rächen, kann auch eine Rache
sein.
Aein Wunder, daß sich so viele iiber-
schätzen; es gehört vcrhältnismäßig viel ver-
stand dazu, um einzusehen, daß man wenig
hat.
Das dämmernde Leben erfrischt der
Abendtau der Erinnerung!
Nirgends wird so viel gelogen als in
Nekrologen.
Du sollst nicht übler Laune sein,
Nicht draußen, nicht zu lsaus;
Doch läßt Du 'mal bei Dir sie ein,
Laß nicht an andern sie aus!
wahrheit? Man kämxft oft mit ihr,
wenn man für sie zu kämxfen glaubt.
Nicht nur die Lakaien, ein jeder Stand
hat seine Tressen.
Wer zu iniponieren sucht, dem wird es
immer gelingen, wenn nicht bei andern, so
— bei sich selbst.
Auf der Grenze zwischen Iugend und
Alter betont man gern das letztere, um sich
an dem widerspruch, den man erfährt, zu
freuen.
Auf dem grünen Zweig, auf den man's
gebracht hat, soll man nicht sitzen bleiben,
sonst wird oft schnell ein dürrer Ast daraus.
Im Schweif des Aometen Genie haben
viele Talente jdlatz.
Der Aermste ist der Reiche, von dem es
heißt: der arme Aerl l
Den Schutz des geistigen Ligentums ge-
nießt auch viel geistloses Ligentum.
Oeranlwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für Lserausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in Wien I.
Verlag von I. F. Schreiber in München und Etzlingen.