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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 43.1900 (Nr. 510-522)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20908#0148
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Meggendorfers k)urnoristische Bläiter.

Linen hervorragenden Anteil an dem heiteren verlaufe des Festes hatte das famos schielende Damenorchester.

SHe Rache.

u den schönsten Eigenschaften, die einen gebildeten tNann
zieren können, habe ich stets die Galanterie gegen das
weibliche Geschlecht gerechnet. von dieser Nteinung bin
ich selbft dann nicht zurückgekommen, als ich längst zu der
Ueberzeugung gelangt war, daß die dieser Ritterlichkeit zu
Grunde liegende Anschauung, als sei das weibliche Geschlecht
allemal das „schwächere," schutzbedürftige, in jedem wortsinne
sehr erhebliche Ausnahmen erleidet, und als ich bereits die Lr-
sahrung gemacht hatte, daß nicht wenige Mitglieder des schönen
Geschlechts den Anspruch auf ritterliche Behandlung in einer
lVeise zu betonen verstehen, die — schon nicht mehr schön ist.

wohlverstanden: ich spreche von der Galanterie gegen das
Geschlecht als solches, ohne Aussuchen. Gegen hübsche Mädchen
und junge Frauen, auch gegen würdige Matronen galant zu
sein, ist weder schwer, noch besonders verdienstlich. Aber da-
zwischen gibt es noch mancherlei, was einem mitunter doch
recht harte Aufgaben stellen kann. wer etwa meint, übergenug
gethan zu haben, wenn er fich höslich und zuvorkommend gegen
diejenige oder diejenigen erweist, sür welche sich des eigenen
kferzens Neigung regt, der hat wahrlich nie begriffen, was
Galanterie besagen will.

Das ist soweit ganz schön, und ich bin der Zustimmung
aller hübschen Mädchen, jungen Frauen und würdigen Matronen,
das will sagen: aller geehrten Leserinnen, welche dieses Blatt
in die ksände bckommen, ziemlich ficher. Aber nun macht es
mir einigermaßen Ropfzerbrechen, wie ich die klare Geschichte,
die ich zu erzählen mir vorgenommen hatte, anbringen soll,
ohne in einen bedenklichen Gegensatz zu meinen eigenen Leit-
sätzen zu geraten. Ich wüßte mir da in der That kaum zu
helsen, wenn nicht für solche verlegenheit längst das Aus-
kunftsmittel ersunden wäre, die Geschichte von jemand anders
zu erzählen. Ich muß also wirklich jede xersönliche verant-
wortlichkeit sür das Benehmen des kjelden meiner Erzählung
höflich, aber entschieden ablehnen.

In der Gesellschaft der provinzialstadt B. nahm Fräulein
Aurelie Rohrbach eine eigenartige Stellung ein. Das alte
ksandlungshaus Rohrbach u. Lo. besaß einen wohlbegründeten
weltruf, wenigstens was man für Provinzialverhältnisse so
nennt, und galt als eines der ersten in der verkehrsreichen
5tadt. 5eit der Aommerzienrat Rohrbach Witwer war, sührte
in seinem kjause Fräulein Aurelie das Scexter und die unein-
geschränkte Ljerrschast, und das allein genügte selbstverständlich,
 
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