20
Meggendorfers L)urnoristische Blätter.
Der widerlegte Kchiller.
Atujiapha unö seine Zrüöer.
5chusterjunge (im Spiegel eine
beigebracht): „Ick habe uff Schillern
immer jroße Stücke jehalten; aber
nu' is't allel wo rohe Rräfte sinn-
los walten, da kann sich kein Ge-
bild gestalten? . . Na — wenn
det noch keen Iebilde is?I"
'^um weisen Aadi Ibrahim kam eines Ulorgens der reiche
Raufmann Mustapha, warf sich ihm zu Füßen und bat:
„G, Uu lveisester aller Weisen, hilf mirl"
Ernst, bedächtig nickte der Aadi: „Lrzählel"
Und Mustapha begann: „Siehe, ich kehrte soeben von einer
weiten Reise in mein Haus zurück. In diesem, meinem Hause
wohnen meine vier jüngeren Brüder. Sie haben kein Glück
gehabt, sie sind arm geblieben, aber sie sind rechtliche Leute.
Und doch — meine Lippen sträuben sich es auszusprechen —
einer von ihnen muß ein — Oieb sein. Denn höre:
Mein Geschäftssreund schuldete mir 50 000 Piaster in Gold.
Lseute hat er mir nun mitgeteilt, daß er mir dieses Geld am
Tage nach meiner Abreise durch seinen treuesten Diener Ali
zurückgeschickt hätte. Zum Zeichen des erfüllten Auftrages hat
ihm der Diener einen wertlosen Ring und meine — gefälschte
Unterschrift hingebracht. Eine Stunde darauf war der alte Ali
tot. Lin Schlagfluß hatte seinem Leben ein Ende gesetzt.
Ich kann und will keinen meiner Brüder verdächtigen,
mein Gut geraubt zu haben, doch der Abscheu schüttelt mich,
wenn ich denke, daß ich mit dem gewisfenlosen Dieb und Fälscher
unter einem Dache weilen soll. Aber wie, o weiser Ibrahim,
wie finde ich den Schuldigen?"
„N)ir lassen das Lsaus durchsuchen," sagte der Radi.
„Neinl" rief Mustapha, „o nein, nur das nichtl Mein ältester
Bruder hat eine schwerkranke Frau. Der Schreck würde sie töten.
Und meine alte Mutter würde mir nimmer verzeihen, wenn sie erführe,
daß ich meine leiblichen Brüder eines Verbrechens verdächtigt hätte."
„Du hast recht," meinte der Aadi. „Bringe mir unter irgend einem
Oorwande am Abend Deine Brüder hierher, so will ich das Urteil sprechen."
Zur festgesetzten Stunde erschien Mustapha mit seinen vier Brüdern
beim Aadi. Ibrahim ließ sich dieselben mit Namen bezeichnen. Dann,
ohne sich lange zu besinnen, wies er auf Mustaphas jüngsten Bruder
Sadi, und mit lauter Stimme rief er strenge: „Dieser hier ist der Diebl"
N)ie vom Blitze getroffen stürzte Sadi zu Boden. Er begann zu
zittern, das kjaar sträubte sich ihm auf dem Aopfe, so daß der bunte Tur-
ban zu wanken begann, und mit bleichen Lippen wimmerte er um Gnade.
Mustapha aber und seine Begleiter waren höchlichst erstaunt über die
schnelle Entdeckung des Schuldigen, und sie baten den weisen Radi, sie darüber aufzu-
klären. Und Ibrahim erzählte: „Sur Nittagszeit, da ich wußte, daß alle zu bsause waren,
schickte ich einen Fremden insgeheim von einem Bruder zum andern. Sagtest Du nicht,
o Mustapha, daß Deine Brüder arm, sehr arm wären? Nun gut. Der Fremde sxrach mit
ihnen. Als geschickter und erfahrener Agent beredete er sie, sich gegen Linbruch ver-
sichern zu lasfen.
ll)ir besitzen nichts, antworteten ihm wehmütig die drei älteren Brüder. NDelches
Gut könnte uns wohl geraubt werden? Aber siehe, Dein jüngster Bruder Sadi — er hat
sich mit drei Piastern gegen Einbruch versichert." S. Jarzebecki.
Schenswerl.
— „Als Herr Rommerzienrat vom
pferde sielen, gab's ja einen
förmlichen Menschenauflauf."
— „Nu' natürlich, man sieht doch
nicht alle Tage eine Million
aus dem Sattel purzeln."
Zukunftsköchin.
Köchin: „Bei meiner Antritts-
visite wollte die neue Gnädige zu
Anfang vom Kochen sprechen; es
gelang mir aber bald, das Ge-
spräch auf den Transcendental-
idealismus zu lancieren."
Meggendorfers L)urnoristische Blätter.
Der widerlegte Kchiller.
Atujiapha unö seine Zrüöer.
5chusterjunge (im Spiegel eine
beigebracht): „Ick habe uff Schillern
immer jroße Stücke jehalten; aber
nu' is't allel wo rohe Rräfte sinn-
los walten, da kann sich kein Ge-
bild gestalten? . . Na — wenn
det noch keen Iebilde is?I"
'^um weisen Aadi Ibrahim kam eines Ulorgens der reiche
Raufmann Mustapha, warf sich ihm zu Füßen und bat:
„G, Uu lveisester aller Weisen, hilf mirl"
Ernst, bedächtig nickte der Aadi: „Lrzählel"
Und Mustapha begann: „Siehe, ich kehrte soeben von einer
weiten Reise in mein Haus zurück. In diesem, meinem Hause
wohnen meine vier jüngeren Brüder. Sie haben kein Glück
gehabt, sie sind arm geblieben, aber sie sind rechtliche Leute.
Und doch — meine Lippen sträuben sich es auszusprechen —
einer von ihnen muß ein — Oieb sein. Denn höre:
Mein Geschäftssreund schuldete mir 50 000 Piaster in Gold.
Lseute hat er mir nun mitgeteilt, daß er mir dieses Geld am
Tage nach meiner Abreise durch seinen treuesten Diener Ali
zurückgeschickt hätte. Zum Zeichen des erfüllten Auftrages hat
ihm der Diener einen wertlosen Ring und meine — gefälschte
Unterschrift hingebracht. Eine Stunde darauf war der alte Ali
tot. Lin Schlagfluß hatte seinem Leben ein Ende gesetzt.
Ich kann und will keinen meiner Brüder verdächtigen,
mein Gut geraubt zu haben, doch der Abscheu schüttelt mich,
wenn ich denke, daß ich mit dem gewisfenlosen Dieb und Fälscher
unter einem Dache weilen soll. Aber wie, o weiser Ibrahim,
wie finde ich den Schuldigen?"
„N)ir lassen das Lsaus durchsuchen," sagte der Radi.
„Neinl" rief Mustapha, „o nein, nur das nichtl Mein ältester
Bruder hat eine schwerkranke Frau. Der Schreck würde sie töten.
Und meine alte Mutter würde mir nimmer verzeihen, wenn sie erführe,
daß ich meine leiblichen Brüder eines Verbrechens verdächtigt hätte."
„Du hast recht," meinte der Aadi. „Bringe mir unter irgend einem
Oorwande am Abend Deine Brüder hierher, so will ich das Urteil sprechen."
Zur festgesetzten Stunde erschien Mustapha mit seinen vier Brüdern
beim Aadi. Ibrahim ließ sich dieselben mit Namen bezeichnen. Dann,
ohne sich lange zu besinnen, wies er auf Mustaphas jüngsten Bruder
Sadi, und mit lauter Stimme rief er strenge: „Dieser hier ist der Diebl"
N)ie vom Blitze getroffen stürzte Sadi zu Boden. Er begann zu
zittern, das kjaar sträubte sich ihm auf dem Aopfe, so daß der bunte Tur-
ban zu wanken begann, und mit bleichen Lippen wimmerte er um Gnade.
Mustapha aber und seine Begleiter waren höchlichst erstaunt über die
schnelle Entdeckung des Schuldigen, und sie baten den weisen Radi, sie darüber aufzu-
klären. Und Ibrahim erzählte: „Sur Nittagszeit, da ich wußte, daß alle zu bsause waren,
schickte ich einen Fremden insgeheim von einem Bruder zum andern. Sagtest Du nicht,
o Mustapha, daß Deine Brüder arm, sehr arm wären? Nun gut. Der Fremde sxrach mit
ihnen. Als geschickter und erfahrener Agent beredete er sie, sich gegen Linbruch ver-
sichern zu lasfen.
ll)ir besitzen nichts, antworteten ihm wehmütig die drei älteren Brüder. NDelches
Gut könnte uns wohl geraubt werden? Aber siehe, Dein jüngster Bruder Sadi — er hat
sich mit drei Piastern gegen Einbruch versichert." S. Jarzebecki.
Schenswerl.
— „Als Herr Rommerzienrat vom
pferde sielen, gab's ja einen
förmlichen Menschenauflauf."
— „Nu' natürlich, man sieht doch
nicht alle Tage eine Million
aus dem Sattel purzeln."
Zukunftsköchin.
Köchin: „Bei meiner Antritts-
visite wollte die neue Gnädige zu
Anfang vom Kochen sprechen; es
gelang mir aber bald, das Ge-
spräch auf den Transcendental-
idealismus zu lancieren."