Meggendorsers humoristische Blätter.
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Zwmer dieselbe.
Dorfwirt: „Alles ausverkauftl — Ls gibt nur noch etwas Schwarzbrot."
Touristin (parvenusgattin): „^saakleben, ich glaube, da ist's nobler, wir hungern."
und zahin gemacht zu habenl lhalb zur Milde gestiinint war
sie schon. Sah ich doch, wie sie ineine bezaubernde Lhaussure
mit weichen Blicken liebkostel rontell rief mein Freund an
der Txitze des Zuges. Und wir setzten uns wie eine kleine
kseersäule in Bewegung. Und da hätte ich allerdings wie Lva
von dem Nürnberger Meisterfinger im weinerlichen Tone singen
mögen: Sobald ich stehe, will es geh'n; doch will ich geh'n,
zwingt's mich zu steh'n. Soviel stand sest: das Ralbsleder
hatte sich noch immer nicht ausgedehnt. Durch N)ald und cheld
— was aber sür meine schmerzenden chüße gar keinen Unter-
schied machte — gelangten wir — endlichl — zur Linöde. Zum
Glück war Dora ganz das Gegenteil von einer schwärmerischen
Natur. Ls fiel ihr gar nicht ein, mich erst noch zum Aussuchen
eines vierblättrigen Rleeblatts aufzusordern. Ganz ohne Zimper-
lichkeit lief sie auf den ersten besten Tisch los und kloxfte nach
Bedienung. Und ich saßl U?ie wenig hatte ich bis zu diesem
Augenblicke gewußt, was das eigentlich heißt, sitzenl Und
welche Seeligkeit stand mir noch bevor, wenn ich erst dazu ge-
kommen war, die herrlichen Zauberschuhe abzustreifen I Ach,
aber, wann, wann, wann?
vorerst sollte ich noch sür meine geckenhaste Litelkeit aus-
giebig heimgesucht werden, welche kseimsuchung eben darin
bestehen sollte, daß ich mich mit der schon geschilderten Gou-
vernante, mit Miß Lvelyn, verloben und zum Spott und Ge-
lächter Uoras und aller andern werden mußte.
Tine Stunde war nur allzurasch an den gastlichen Tischen
der „Linöde" verslogen und wieder hieß es en routel Auf
den Anningerl „Lsertling, bleibe zurückl" slüsterte mir mein
guter Genius zu, „schütz vor, Uu seist unwohll" Aber der
Litelkeit kräftigere Stimme überschrie dieses Gelispel. Noch
hatte ich vor Dora nicht sämtliche Lichter meines lvitzes auf-
leuchten lassen, ganze Abgründe vom Schöngeistigkeit hatte ich
noch vor ihr aufzudecken. Sollte ich wegen eines bißchen
Schuhdrückens eine unzweifelhafte Lroberung aus der Lsand
lassen? Nimmermehrl lVas sür einen Eindruck hätte es ge-
macht, wenn der schönbeinige, lebenssrische, elegante und sieges-
bewußte Bcrzensstürmer — ich meine mich, meine lherren —
— nun wie ein blutleeres Mägdelein wegen Unwohlseins hätte
zurückbleiben müssen? Außerdem hatte ich eine ganze Menge
Mitbewerber zu bedenken, die mit funkelnden Augen auf eine
Gelegenheit lauerten, mich bei Dora auszustechen. Nein, denen
durfte das Feld nicht geräumt werden.
Nun denn, zehn Minuten ungefähr war ich an Doras Seite
unter gewaltsamem Schönthun und witzemachen bergan gestiegen,
da begann ich Todesweh zu sühlen. Hallucinationen kamen.
Der Schuster sprang vor mir her mit schadenfrohen Sprüngen
und lachte das teuflische Gelächter der Lsölle. lNeine lfände
füllten sich mit brennendem verlangen, zu den wehjammernden
Füßen hinabzugreisen; immer hestiger wurde die Begierde, mich
zu setzen. llnd jetzt, — jetzt war's geschehen: ich sah, daß ich
nicht mehr an Doras Seite ging, sondern dieser heimtückische
Friedlein war nun dort. llnd ich hörte ihn lachen und Dora
lachen. Ich sah, wie nach und nach alles mich überholte,
alles mich spöttisch anblickte und lachte. Ich hörte, wie sie mir
zuriefen: Ei, eil Lin so schlechter Berggeher? lVollen Sie einen
Tognac zur Stärkung? Schauen Sie mich an! G je, der kann
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Zwmer dieselbe.
Dorfwirt: „Alles ausverkauftl — Ls gibt nur noch etwas Schwarzbrot."
Touristin (parvenusgattin): „^saakleben, ich glaube, da ist's nobler, wir hungern."
und zahin gemacht zu habenl lhalb zur Milde gestiinint war
sie schon. Sah ich doch, wie sie ineine bezaubernde Lhaussure
mit weichen Blicken liebkostel rontell rief mein Freund an
der Txitze des Zuges. Und wir setzten uns wie eine kleine
kseersäule in Bewegung. Und da hätte ich allerdings wie Lva
von dem Nürnberger Meisterfinger im weinerlichen Tone singen
mögen: Sobald ich stehe, will es geh'n; doch will ich geh'n,
zwingt's mich zu steh'n. Soviel stand sest: das Ralbsleder
hatte sich noch immer nicht ausgedehnt. Durch N)ald und cheld
— was aber sür meine schmerzenden chüße gar keinen Unter-
schied machte — gelangten wir — endlichl — zur Linöde. Zum
Glück war Dora ganz das Gegenteil von einer schwärmerischen
Natur. Ls fiel ihr gar nicht ein, mich erst noch zum Aussuchen
eines vierblättrigen Rleeblatts aufzusordern. Ganz ohne Zimper-
lichkeit lief sie auf den ersten besten Tisch los und kloxfte nach
Bedienung. Und ich saßl U?ie wenig hatte ich bis zu diesem
Augenblicke gewußt, was das eigentlich heißt, sitzenl Und
welche Seeligkeit stand mir noch bevor, wenn ich erst dazu ge-
kommen war, die herrlichen Zauberschuhe abzustreifen I Ach,
aber, wann, wann, wann?
vorerst sollte ich noch sür meine geckenhaste Litelkeit aus-
giebig heimgesucht werden, welche kseimsuchung eben darin
bestehen sollte, daß ich mich mit der schon geschilderten Gou-
vernante, mit Miß Lvelyn, verloben und zum Spott und Ge-
lächter Uoras und aller andern werden mußte.
Tine Stunde war nur allzurasch an den gastlichen Tischen
der „Linöde" verslogen und wieder hieß es en routel Auf
den Anningerl „Lsertling, bleibe zurückl" slüsterte mir mein
guter Genius zu, „schütz vor, Uu seist unwohll" Aber der
Litelkeit kräftigere Stimme überschrie dieses Gelispel. Noch
hatte ich vor Dora nicht sämtliche Lichter meines lvitzes auf-
leuchten lassen, ganze Abgründe vom Schöngeistigkeit hatte ich
noch vor ihr aufzudecken. Sollte ich wegen eines bißchen
Schuhdrückens eine unzweifelhafte Lroberung aus der Lsand
lassen? Nimmermehrl lVas sür einen Eindruck hätte es ge-
macht, wenn der schönbeinige, lebenssrische, elegante und sieges-
bewußte Bcrzensstürmer — ich meine mich, meine lherren —
— nun wie ein blutleeres Mägdelein wegen Unwohlseins hätte
zurückbleiben müssen? Außerdem hatte ich eine ganze Menge
Mitbewerber zu bedenken, die mit funkelnden Augen auf eine
Gelegenheit lauerten, mich bei Dora auszustechen. Nein, denen
durfte das Feld nicht geräumt werden.
Nun denn, zehn Minuten ungefähr war ich an Doras Seite
unter gewaltsamem Schönthun und witzemachen bergan gestiegen,
da begann ich Todesweh zu sühlen. Hallucinationen kamen.
Der Schuster sprang vor mir her mit schadenfrohen Sprüngen
und lachte das teuflische Gelächter der Lsölle. lNeine lfände
füllten sich mit brennendem verlangen, zu den wehjammernden
Füßen hinabzugreisen; immer hestiger wurde die Begierde, mich
zu setzen. llnd jetzt, — jetzt war's geschehen: ich sah, daß ich
nicht mehr an Doras Seite ging, sondern dieser heimtückische
Friedlein war nun dort. llnd ich hörte ihn lachen und Dora
lachen. Ich sah, wie nach und nach alles mich überholte,
alles mich spöttisch anblickte und lachte. Ich hörte, wie sie mir
zuriefen: Ei, eil Lin so schlechter Berggeher? lVollen Sie einen
Tognac zur Stärkung? Schauen Sie mich an! G je, der kann