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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 45.1901 (Nr. 536-548)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16555#0051
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Meggendorfers humoristische Blätter.

^7

So weit kam der arme Kerl gar nicht; kaum hatte er das Maul
aufgemacht, so fuhr ihm der Oogel mit Aoxf und Lfals durch

den Schlund bis in den Magen. Mir standen die kfaare zu
Berg, der Doktor grinste und das Lhepaar schwitzte. Nach
zwei Sekunden kam der Flamingo wieder zum Norschein, im
Schnabel hatte er eine silberbeschlagene kleine Tabakspseife,
die er dem Doktor gab. Unausgesordert verschwand er dann
nochmals im Innern des augenverdrehenden Schwarzen, der
ganz vergessen hatte, den Mund zu schließen. Diesmal blieb
er länger trotz heftiger Würgbewegungen des sdatienten; endlich
kam er wieder und legte drei Nägel aus den Tisch. pfeise und
Nägel hatte Iongalla, so hieß der ksausherr, zu Mittag aus
versehen mit seinem Maisbrei hinuntergeschluckt. Der Doktor
besah sich den Fund; an den Nägeln war Grünspan: eine

Magenausspülung war dringend geboten. lvillig tauchte Boby
aus die Aufforderung seines bserrn den Rüffel in ein dargebotenes
Maffergefäß, fuhr dann seinerseits
dem jdatienten durch die schon etwas
geweitete Rehle und jagte ihm seinen
wafserstrahl in die Gedärme. Mit
einem schlürfenden Geräusch sog er
nun die ganze Flüssigkeit wieder an
sich und spritzte sie durch die offene
Thüre ins Freie. Die Gperation, zu
der ein europäischer Rollege drei Stun°
den gebraucht haben würde, war in
zehn Minuten beendet und der Schwarze
gerettet.

„So, vetter! nun hast Du einen
kleinen Begriff von der Zoochirurgie,
jal" sagte der Doktor, dann strich er
sein Lsonorar ein und wir bestiegen
begleitet von den Segenswünschen
des glücklichen Lhepaares den Wagen,
wo der Flamingo schon platz genom-
men hatte und mit sichtlichem Be-
hagen bsals und Aoxf nach allen
Seiten drehte. Im Trab ging's heimwärts. Boby war
nicht wieder zu erkennen; das war nicht mehr ein Boby,
das waren mindestens drei. Mit großen Sätzen rannte er
bald vorne bei den Zebras, bald zur Seite, bald hinter dem
wagen; dabei machte er die komischten Bocksxrünge.

„Siehste," sagte Robert zu mir, „jetzt sreut er sich dunder-
mäßig, daß die Sache ohne Alystier abging."

Und Boby rannte und xosaunte vor vergnügen wie ein
Stabstrompeter.

Mein vetter hatte entschieden recht: in Asrika ist noch 'was
zu machen! — Nächstens mehr davon — —.

Mnstige Berwandlnng.

— „Nun willst Du Fräulein Schulze doch heiraten? Aber die

war Dir doch immer zu alt."

- „Ia, aber sie hat sich jüngft geradezu zuin Lackffsch geerbtl"

Wie der wilde Wein rot wurde.

in weinstock wuchs an eines Lsauses Mauer,
Streckt' bis ans Dach die mächt'gen Zweige sein,
Trug reiche Frucht, stets süß und niemals sauer
Und gab alljährlich goldig klaren wein.

Nicht weit davon stand eine kleine Laube
von wilden lVeins Gerank umsxonnen dicht.

Ein trauter Grtl kjier reifte keine Traube,

Der Sonne Strahl entlockte sie ihm nicht.

Da sprach der echte wein: „was bist Du nutze
Nit Deinem tauben, schlichten Blätterkleid?

Ein üpxig Unkraut nur, zum slücht'gen Schutze
Dem müden wandersmann zur Sommerzeitl

Jch gieße Feuer in der Trägen wesen,

Dem Feigen geb' ich Mut, dem Schwachen Krast,

Zur Feier jeden Bundes auserlesen

Bin ich. — Sag an, was hat Dein Geist erschafft?"

Da naht ein schweigend j)ärchen sich der Laube,

Der Ninne ksoffen thut das Auge kund;
vergebens lockt des weinstocks goldne Traube,

Denn süß're Frucht begehrt des Ritters Mund.

Und was der echte wein nicht konnt' gewähren,

Das deckt des wilden grünes Blattgewand;

In heißem, weltvergessendem Begehren

ksier Mund an Mund zum ersten Kuß sich sand.

Des Mägdleins wangen färben j?urpurrosen
Und, wie getaucht in tiese Feuerglut,

Erstrahlen unter süßem Liebeskosen

Des wilden weinstocks Blätter rot wie Blut.

Und welk des echten weines Reben hangen.

Der wilde aber ries: „Bin Deiner wert!

Mich hat — schau meiner Farbe herrlich j?rangen —
Des ersten Russes poesie verklärt." C. A. H.

Kühne Aotgerung.

— „Denk' Dir, Müllers Kleines hat einen U?asserkopf."

— „Na, kein Wunder, wo der Müller solch leidenschastlicher

Marineenthusiast ist."
 
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