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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 45.1901 (Nr. 536-548)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16555#0082
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78

Meggendorfers ^urnoriftische Bläller.

Dchön ^3ruöchen.

Der Sparktub.

I^or einigen Iahren verlebte ich einen schönen

' / Sommer in einer großen norddeutschen Residenz-

^ stadt — die Rücksicht auf noch lcbende, in dieser
wahrhaften Erzählung auftretende persönlichkeiten ge-
stattet mir nicht, dieselben deutlicher als mit den Buch-
staben B . . . . n zu bezeichnen. wenn ich von einem
„schönen" Lommer sprach, so habe ich damit einerseits
anerkennen wollen, daß diese Iahreszeit im allgemeinen
aus dieses Lxitheton begründeten Ansxruch hat; anderer-
seits hatte ich aber noch eine besondere veranlassung,
diesen Zeitabschnitt so zu nennen, indem es mir ge-
lungen war, mich von aller Berufsthätigkeit srei zu
machen, jeder Fessel ledig allein der Lrholung zu leben
und zu neuer Winterarbeit Aräfte zu sammeln. Im
übrigen wird jeder, der einmal einen Tommer in des
lVortes heißester Bedeutung in einer Großstadt zuge-
bracht hat, mit mir darin einverstanden sein, daß es
weit angenehmere Situationen gibt, als ein auch nur
vorübergehender Aufenthalt in deren durchhitzten Straßen
unter der sengenden Iulisonne. Ueber den gewaltigen
kjäuserkomxlexen lagert in erstickender Schwüle eine
dichte Dunstwolke, von keinem Lufthauch erschüttert,
aus Staub und den mancherlei Ausdünstungen des
großstädtischen Verkehrs eng zusammengeballt, nur den
glühenden Lonnenstrahlen Durchlaß gewährend. Auch
die im Frühjahr so duftigen Parkanlagen, die Lungen
der großen Stadt, sind von Staub und Schmutz durch-
setzt, die das saftige Grün der Blätter in ein häßliches
Grau gewandelt haben.

An einem schwülen Sxätnachmittage besagten
Sommers schlenderte ich langsam durch die schattigen
Gänge des T . . . gartens. Ls war ein recht heißer
Tag gewesen, so heiß, daß selbst der unverwüstliche
Sxatz trübselig die Flügel hängen ließ, und daß man
die nackten wegeschnecken, trotz ihrer leichten Kleidung
und ihrer nicht übermäßig anstrengenden Beschäftigung
im Schweiße ihres Angesichts ihren weg schlei-
chen sah — so recht ein Tag, der auch den dauer-
haftesten Lsumor abspannen kann und das arme, ge-

Rchön Eruöchen scch am Rrunnenranö
Tnö schaut hinab öie Eiefe,

Aie iräumi unö lauscht, 06 sie nicht balö
Rroschkönigs 8timme riese.

das Wägötein harrt noch viete 8ahr'
8nö will partout niHt weichen,

Ieöocß es kommt kein Rönigssohn,
8m ihr öie 8anö Lu reichen.

8hr E>otöhaar^ öas wirö grau unö sahl,
'Aas Äteiöchen warö LU 8etre,

8nö aus öes Erunnens 8piegetKitö
8chaut — eine alte Rexe.
 
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