Meggendorfers Humoristische Blätter.
U8
betrachten Sie nun die verwandlung l" —
Langsam erhob er beschwörend seine ksände, va-
gierte dem vorgeführten eine lveile vor dem Gesicht
herum, tippte ihn dann mit den Fingern an Stirn
und Augen und schrie ihm schließlich in befehlendem
Tone die worte zu: „Sei was ich will, daß Du seiestl"
Der Republikaner fuhr anfangs zurück, er schien
sich in seinem Innern gegen die Zumutungen zu em-
pören, die an ihn gestellt wurden. Bald aber erkannte
man, wie seine lVillensnerven erschlafften. Seine Augen
verloren den energischen stolzen Blick, sein Rücken be-
gann sich zu krümmen, die aufrecht stehenden Haare
legten sich glatt an die Schläfen an, seine Haltung
ahmte unwillkürlich das Strammstehen der Soldaten
nach, seine Hand fuhr salutierend nach dem rechten Dhr.
vr. Flirt hörte nicht auf, zu winken und zu vagieren.
„Mein Herr," befahl er triumphierend, „machen Sie
Ihr Kompliment."
Der Republikaner verbeugte sich höflich.
„lvarum treten Sie nicht näher?" fragte der Lx-
perimentator.
„Ich sehe hier so viele hohe Herren, daß ich es
nicht wage," antwortete der Republikaner bescheiden.
„lvas halten Sie von den Rapitalisten?"
„Sie sind die väter ihrer Arbeiter."
„Aber die Armut, die Arbeitslosigkeit, die kapitalisti-
sche produktionsweise?"
„s)ah, das war immer so und und wird immer so
bleiben."
Der Lxperimentator verneigte sich. „Sind Sie zu-
frieden, erhabener Sultan?"
„Vollkommen," geruhte der Sultan huldvoll zu ent-
gegnen. „Solche Republikaner lasfe ich mir gefallen."
Ein Diener führte jetzt einen Aermsten der Armen
vor, nachdem er vorher in der Schloßküche gewaschen
und gekämmt und mit reiner lväsche versehen wor-
den war. Der arme Teufel sah ganz so aus, wie
man ihn brauchte, blaß, spitz, hungrig, und roch nach
Rartoffelschalen und Lichorie.
„Haben Sie Hunger?" redete vr. Flirt ihn an.
Der Aermste antwortete mit einem Rnurren seines
Magens, das dem Gebrüll eines heißhungrigen Tigers
glich.
„lvas pflegen Sie für gewöhnlich zu essen?"
„Rartofseln, Brot, Fett, Aaldaunen, Heringe —"
„Möchten Sie lieber Austern, Kuchen, Kaviar,
Forellen und Tafelbutter?"
Der Mensch grinste.
„Sie sollen es haben. lvorin besteht Ihr gewöhn-
liches Getränk?"
„In Lichorienbrühe, lvasser, und hie und da einem
Schnaxs."
„lNöchten Sie lieber russischen Thee, Limonade und
wein?"
Der lNann grinste wieder.
„Sie sollen es haben."
Darauf begann vr. Flirt die Hypnose, die auch
bald den gewünschten Lffekt erzielte. Als er seines
Lrfolges sicher war, zog er plötzlich eine rohe Kartof-
fel aus der Tasche und reichte sie dem lNann.
„Lffen Sie. was ist das?"
„Line excellente Auster — o geben Sie mehr da°
(Zortsetzung allf Seite NS )
Die guten Zungen.
„Ietzt gib nur schnell Dein Gewand her und schau, daß Du in
Dein Zimmer kommstl —
Und Du Franz schieb das Nachtkastl an die wandl —"
„Also Rinder, jetzt geh' ich schlafen und wenn der vater heim-
kommt, so meldet ihr mir es sofortl —"
„Grüß Gott, liebe Rinder, ihr schlafet noch nicht?I" — „Na, vater,
Du schaust heut' wieder gut aus und wenn wir uns Deiner nicht an-
nehmen würden, so ginge es Dir schlecht, denn die Mutter wartet schon
auf Dich. —
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betrachten Sie nun die verwandlung l" —
Langsam erhob er beschwörend seine ksände, va-
gierte dem vorgeführten eine lveile vor dem Gesicht
herum, tippte ihn dann mit den Fingern an Stirn
und Augen und schrie ihm schließlich in befehlendem
Tone die worte zu: „Sei was ich will, daß Du seiestl"
Der Republikaner fuhr anfangs zurück, er schien
sich in seinem Innern gegen die Zumutungen zu em-
pören, die an ihn gestellt wurden. Bald aber erkannte
man, wie seine lVillensnerven erschlafften. Seine Augen
verloren den energischen stolzen Blick, sein Rücken be-
gann sich zu krümmen, die aufrecht stehenden Haare
legten sich glatt an die Schläfen an, seine Haltung
ahmte unwillkürlich das Strammstehen der Soldaten
nach, seine Hand fuhr salutierend nach dem rechten Dhr.
vr. Flirt hörte nicht auf, zu winken und zu vagieren.
„Mein Herr," befahl er triumphierend, „machen Sie
Ihr Kompliment."
Der Republikaner verbeugte sich höflich.
„lvarum treten Sie nicht näher?" fragte der Lx-
perimentator.
„Ich sehe hier so viele hohe Herren, daß ich es
nicht wage," antwortete der Republikaner bescheiden.
„lvas halten Sie von den Rapitalisten?"
„Sie sind die väter ihrer Arbeiter."
„Aber die Armut, die Arbeitslosigkeit, die kapitalisti-
sche produktionsweise?"
„s)ah, das war immer so und und wird immer so
bleiben."
Der Lxperimentator verneigte sich. „Sind Sie zu-
frieden, erhabener Sultan?"
„Vollkommen," geruhte der Sultan huldvoll zu ent-
gegnen. „Solche Republikaner lasfe ich mir gefallen."
Ein Diener führte jetzt einen Aermsten der Armen
vor, nachdem er vorher in der Schloßküche gewaschen
und gekämmt und mit reiner lväsche versehen wor-
den war. Der arme Teufel sah ganz so aus, wie
man ihn brauchte, blaß, spitz, hungrig, und roch nach
Rartoffelschalen und Lichorie.
„Haben Sie Hunger?" redete vr. Flirt ihn an.
Der Aermste antwortete mit einem Rnurren seines
Magens, das dem Gebrüll eines heißhungrigen Tigers
glich.
„lvas pflegen Sie für gewöhnlich zu essen?"
„Rartofseln, Brot, Fett, Aaldaunen, Heringe —"
„Möchten Sie lieber Austern, Kuchen, Kaviar,
Forellen und Tafelbutter?"
Der Mensch grinste.
„Sie sollen es haben. lvorin besteht Ihr gewöhn-
liches Getränk?"
„In Lichorienbrühe, lvasser, und hie und da einem
Schnaxs."
„lNöchten Sie lieber russischen Thee, Limonade und
wein?"
Der lNann grinste wieder.
„Sie sollen es haben."
Darauf begann vr. Flirt die Hypnose, die auch
bald den gewünschten Lffekt erzielte. Als er seines
Lrfolges sicher war, zog er plötzlich eine rohe Kartof-
fel aus der Tasche und reichte sie dem lNann.
„Lffen Sie. was ist das?"
„Line excellente Auster — o geben Sie mehr da°
(Zortsetzung allf Seite NS )
Die guten Zungen.
„Ietzt gib nur schnell Dein Gewand her und schau, daß Du in
Dein Zimmer kommstl —
Und Du Franz schieb das Nachtkastl an die wandl —"
„Also Rinder, jetzt geh' ich schlafen und wenn der vater heim-
kommt, so meldet ihr mir es sofortl —"
„Grüß Gott, liebe Rinder, ihr schlafet noch nicht?I" — „Na, vater,
Du schaust heut' wieder gut aus und wenn wir uns Deiner nicht an-
nehmen würden, so ginge es Dir schlecht, denn die Mutter wartet schon
auf Dich. —