Meggendorfers Humoristische Blätter.
U9
„Ietzt schön vorsichlig den Rock an die tsaken um die kamxe ge-
hängt, und dann flink wieder ins Bettl —"
„-Ahal Da bist Du ja, Du netter Käfer, ich werd' Dir
geben so späKheimzukommenII —"
„Marant Iosephl Das ist ja gar nicht mein MannI I-"
von," jubelte der Aermste voll Lntzücken, indem er
im Genusse des ihm überlaffenen Lrdaxfels schwelgte.
Der Amerikaner belegte darauf einen Teller mit
einem Stück verschimmelten Brotes, einem Lserings-
schwanz, und einer Scheibe roher Rübe und stellte ein
Glas waffer daneben hin.
„ksier ist ein ausgezeichnetes Diner für Sie bereit —
bitte, genieren Sie sich nicht."
Der Nann setzte sich freudestrahlend an den Tisch
und hob an zu speisen, wobei er einmal über das
andere die lvorte hervor jauchzte: „G die delikate Frucht-
torte, o die köstliche Forelle, o die herrliche Apfelsine I
Und was für ein vorzüglicher lveinl"
„lvo wohnen Sie?"
«Ich? In einer luxuriös ausgestatteten villa am
Schindergraben."
Der Sultan erhob sich befriedigt. „Doktor Flirt,
Sie sind mein lNann, gehen Sie ans lverk, die lNillion
soll Ihnen werden."
So begann Or. ^lirt unverzüglich seine sozial-
politische Thätigkeit. In weniger als einem Monat
waren hunderttausend lsyxnotiseure nach seinem S'fstem
ausgebildet, deren jeder noch am nächsten Lrsten sein
Amt antrat. Schon vorher hatte der hohe Rat ein
Gesetz votiert, nach welchem jeder Unterthan verxflichtet
sein sollte, sich wöchentlich einmal an einem für jeden
besonders zu bestimmenden Tage auf dem Rathause
hyxnotisieren zu lassen, eine Maßregel, die nur das erste
Nal im Zwangswege zur Ausführung gebracht zu werden
brauchte, denn da jedem Betroffenen die Bedingung,
nach sieben Tagen wieder zu kommen, gleich mit sug-
geriert wurde, so stellte sich jeder von selbst zur rechten
Zeit wieder ein. Ueberhaupt waren die Staatshyxnoti-
seure angewiesen, bei dem Suggestionsakte auf die indi-
viduellen Neigungen eines jeden die sorgfältigste Rück-
sicht zu nehmen — daher herrschte schon nach wenigen
Tagen Freude und Iubel im Lande, jeder besaß, was
nur sein lserz begehrte, verzehrte alle Tage die teuersten
Gerichte, trank die kostbarsten Biere und lveine, schlief
auf den weichsten, lieblichsten Liderdaunen. Niemand
wohnte mehr geringer als in einer villa; kein einziger
Mensch schimpfte mehr auf die Regierung, selbst die
sonft so wenig beliebten polizeidiener avancierten xlötz-
lich zu auserwählten Lieblingen des volkes, so daß sie
sich gar nicht mehr auf den Straßen sehen laffen durften,
wenn sie nicht mit Umarmungen, Küffen und zärtlichen
Liebkosungen erstickt werden wollten. Als der Termin
der nächsten Ratswahlen erschien, wurden lauter An-
hänger der Regierung gewählt, ja das volk kam in
Maffenxetitionen um eine verdoxxelung der direkten
und indirekten Steuern ein.
Glückstrahlend fuhr der Sultan von Stadt zu Stadt,
von Dorf zu Dorf — es befand sich wahrlich kein ein-
ziger Unzufriedener mehr im Lande. Das jdroblem schien
so gut wie gelöst — gleichwohl hielt er als vorsichtiger
ksaus- und Landesvater an der ausbedungenen Garantie-
frist von einem Iahre fest. Lrst nach deren Ablauf
wurde die prämie von einer Million fällig. Und der
ksypnotiseur hatte sie redlich verdient. Dank seiner
Kunst sah der Sultan sein Reich in das reine Schlaraffen-
land verwandelt, sein Volk lebte wie der reiche Mann
im Lvangelium oder bildete sich wenigstens ein, daß es
so lebe — und das war die Hauxtsache.
Aber was war das? lvarum erblickte er bei aller
Zufriedenheit in seinem Lande immer spitzere und bleichere
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„Ietzt schön vorsichlig den Rock an die tsaken um die kamxe ge-
hängt, und dann flink wieder ins Bettl —"
„-Ahal Da bist Du ja, Du netter Käfer, ich werd' Dir
geben so späKheimzukommenII —"
„Marant Iosephl Das ist ja gar nicht mein MannI I-"
von," jubelte der Aermste voll Lntzücken, indem er
im Genusse des ihm überlaffenen Lrdaxfels schwelgte.
Der Amerikaner belegte darauf einen Teller mit
einem Stück verschimmelten Brotes, einem Lserings-
schwanz, und einer Scheibe roher Rübe und stellte ein
Glas waffer daneben hin.
„ksier ist ein ausgezeichnetes Diner für Sie bereit —
bitte, genieren Sie sich nicht."
Der Nann setzte sich freudestrahlend an den Tisch
und hob an zu speisen, wobei er einmal über das
andere die lvorte hervor jauchzte: „G die delikate Frucht-
torte, o die köstliche Forelle, o die herrliche Apfelsine I
Und was für ein vorzüglicher lveinl"
„lvo wohnen Sie?"
«Ich? In einer luxuriös ausgestatteten villa am
Schindergraben."
Der Sultan erhob sich befriedigt. „Doktor Flirt,
Sie sind mein lNann, gehen Sie ans lverk, die lNillion
soll Ihnen werden."
So begann Or. ^lirt unverzüglich seine sozial-
politische Thätigkeit. In weniger als einem Monat
waren hunderttausend lsyxnotiseure nach seinem S'fstem
ausgebildet, deren jeder noch am nächsten Lrsten sein
Amt antrat. Schon vorher hatte der hohe Rat ein
Gesetz votiert, nach welchem jeder Unterthan verxflichtet
sein sollte, sich wöchentlich einmal an einem für jeden
besonders zu bestimmenden Tage auf dem Rathause
hyxnotisieren zu lassen, eine Maßregel, die nur das erste
Nal im Zwangswege zur Ausführung gebracht zu werden
brauchte, denn da jedem Betroffenen die Bedingung,
nach sieben Tagen wieder zu kommen, gleich mit sug-
geriert wurde, so stellte sich jeder von selbst zur rechten
Zeit wieder ein. Ueberhaupt waren die Staatshyxnoti-
seure angewiesen, bei dem Suggestionsakte auf die indi-
viduellen Neigungen eines jeden die sorgfältigste Rück-
sicht zu nehmen — daher herrschte schon nach wenigen
Tagen Freude und Iubel im Lande, jeder besaß, was
nur sein lserz begehrte, verzehrte alle Tage die teuersten
Gerichte, trank die kostbarsten Biere und lveine, schlief
auf den weichsten, lieblichsten Liderdaunen. Niemand
wohnte mehr geringer als in einer villa; kein einziger
Mensch schimpfte mehr auf die Regierung, selbst die
sonft so wenig beliebten polizeidiener avancierten xlötz-
lich zu auserwählten Lieblingen des volkes, so daß sie
sich gar nicht mehr auf den Straßen sehen laffen durften,
wenn sie nicht mit Umarmungen, Küffen und zärtlichen
Liebkosungen erstickt werden wollten. Als der Termin
der nächsten Ratswahlen erschien, wurden lauter An-
hänger der Regierung gewählt, ja das volk kam in
Maffenxetitionen um eine verdoxxelung der direkten
und indirekten Steuern ein.
Glückstrahlend fuhr der Sultan von Stadt zu Stadt,
von Dorf zu Dorf — es befand sich wahrlich kein ein-
ziger Unzufriedener mehr im Lande. Das jdroblem schien
so gut wie gelöst — gleichwohl hielt er als vorsichtiger
ksaus- und Landesvater an der ausbedungenen Garantie-
frist von einem Iahre fest. Lrst nach deren Ablauf
wurde die prämie von einer Million fällig. Und der
ksypnotiseur hatte sie redlich verdient. Dank seiner
Kunst sah der Sultan sein Reich in das reine Schlaraffen-
land verwandelt, sein Volk lebte wie der reiche Mann
im Lvangelium oder bildete sich wenigstens ein, daß es
so lebe — und das war die Hauxtsache.
Aber was war das? lvarum erblickte er bei aller
Zufriedenheit in seinem Lande immer spitzere und bleichere