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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 45.1901 (Nr. 536-548)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16555#0155
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Meggendorfers Hurnoristische Blätter.


I. Aventü're.

(Zugend.) j

/R^inst lebte im Iudäerlande ein Iüngling, der
sich Simson nannte. Lr wog (entsetzlich aber
wahrl) zwei Zentner schon im fünften Iahr.
Schon damals sprach sein Vnkel Lohn: „Du bringst's
noch 'mal zu 'was, mein Sohnl"

Zwar in der Schule wenig wußt' er, war an
Talent und chleiß kein Muster. Nie unterschied er
,mich* und ,mir/ Latein und Rechnen: ,drei* bis ,vierU
Zum Glück that später es gelingen, als ksilfs-
kanzlist ihn anzubringen, beim Landgericht in Iericho,
da ging's gerade noch so —so —I Doch wenn's ihm
auch an Geist gebrach, an Rörper stand er keinem
nach. Lr hatte Glieder wie ein j)ferd, sein Appetit
war staunenswert, erschreckend seines Magens Größe:
nur dutzendweis aß er die Rlöße und meterweise
nur die lvurst. Ganz dementsprechend war sein
Durst. Natürlich ward er immer krästiger, doch
leider wilder auch und heftiger. Bei jeder bessern
j)rügelei war Simson meistenteils dabei. Gft sprach
sein vater warnend: „Simson! Ich rate dir, treib's
nicht zu schlimm, Sohnl" Indes, kein warnen
half, er blieb — ein Trinker, Schelm und Tagedieb.

II. Aventüre.

Iedoch wer'einmal für die welt vom Schicksal
ist bestimmt als kseld, der wird auch einer in der
Regel, wär' er auch sonst der größte Flegell — —
Mit den philistern lag zur Zeit volk Israel in
grimmem Streit. Da nun geschah's cherrn Simson
'mal, der stark gekneipt im „Goldnen Baal," daß
abends (dies passierte meist), er auf dem bseimweg
stark entgleist; und eh' er sich's versehen hat, war
er in der philisterstadt. Dort löschte er von bsaus
zu bsaus fast alle Gaslaternen aus, benahm sich sonst
auch höchst gemein und schlug zehn Fensterscheiben
ein. Rauft dann vom Reste der Moneten sich
Schwärmer, Frösche und Raketen; und vor dem
Stadtthor ward alsbald das ganze Feuerwerk ver-
knallt. Auf einmal brannt' es lichterloh: die ganzen
Felder, Rorn und Strohl „pfui Teufel," dacht' er,
„jetzt wird's brenzlichl am besten, ich verschwinde
gänzlich, damit man mich nicht noch erwische." —
Sprach's und glitt seitwärts in die Büsche.

III. Aventüre.

Lseld Simson lag in seiner Rammer und rang
mit einem Riesenjammer.

Da horchl welch Lärmen, Iubeln, Schrei'nl
Man schlägt an seine Thür'— „kjereinl" Und siehl
es nah'n im Amtsornat die priester und der hohe
Rat. „bseill" tönt es, „bseill Der Lrbfeind liegt
von deiner starken bsand besiegtl Die Feuersbrunst,
die du erregt, hat all sein Gut hinweggefegt.
Drum hat gebettelt er um Frieden: durch dich ist
uns der Sieg beschiedenl Zum Dank und zur Be-
lohnung hat dich nun erhöht der hohe Rat: In
Iericho ist seit dem Mai g'rad' eine Richterstelle frei.
Studiert hast du nun freilich nicht, doch mancher
Schreiber beim Gericht (und wenn er sonst auch
gar nichts that) weiß oft so viel wie des Gerichtes
Rat. Drum nimm die Stelle, sie sei dein: Landrichter
sollst du künftig sein!" Drauf hob man ihn von
seiner Matte und unbehost, wie er sich hatte, trug
man ihn durch der Straßen Enge und durch des
Volks verzückte Menge. kserr Simson war vollkom-
men dusig, erst ganz allmählich kam er zu sich
und rief, befriedigt von dem Tausche: „Den Seinen
gibt's der Lserr im Rauschel"

IV. Aventüre.

Soweit war alles schön und gut, doch ach, bald
kam der Uebermutl tVar's Liebe — war's bloß Zeit-
vertreib? Genug, der Esel nahm ein IVeibl Doch
seit Frau Delila im bsaus, war es mit Ruh' und
Frieden aus. Das Aneipen wollte ihr nicht passen,
das Rauchen sollt' er gleichfalls lassen. Dann war's
ihr peinlich, daß ihr Gatte so furchtbar lange bsaare
hatte. „Ach Simson," pstegte sie zu sagen, „kannst
du sie denn nicht chalblang' tragen?" Indes hier
kannt' er keinen Spaß: „Sie sind mein Stolz, nie
thu' ich dasl" Doch siehe, kurze Zeit danach kam
Simson einst am hellen Tag mit einem Mordsrausch
heimgewankt, und dachte: „lVeh! jetzt wird ge-
zanktl" Doch nein, sie ist ganz sanft und spricht:
„Mein Freund, zwar du verdienst es nicht, doch
will ich friedlich sein und still, nur thu doch endlich,
was ich will, widrigenfalls laß ich mich scheiden:
Geh, laß dir 'mal die ksaare schneidenl" IVenn
 
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