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rileggendorfers Humoristische Blätter.
kfitzelsberger, der ein blühendes Schmuggelgeschäft nach Tirol
betrieb, erklärte sich mit wonne bereit, heute noch fünf Nille
zu bestellen, natürlich auf Rechnung und Gefahr des Abnehmers.
„woaßt .^averl," sagte Tschurtschenthaler zum Krämer,
„i will a Aur mach'n damit, alle Täg a fufzehn 5tück, die unserigen
san ma z'hantig dazua."
Der bfitzelsberger nickte mit dem Aoxf, obwohl er die Sache
nicht begriff. „Ia," sxrach er, „dös hab' i' a scho recht lob'n
hör'n, dös Mittel, daß es so viel guat sein soll für'n Magen."
„chür d' Fett'n, bfitzelsberger; woaßt, da raint's auf damit,
dös zehrt sakrisch, verstehst?"
„Ah so," erwiderte der Rrämer, „a so is gmoant."
Mit einem ksandschlag ward der Aauf befiegelt und kfitzels-
berger telegraxhierte noch denselben Abend nach ^amburg um
fünf Mille Flora. So hieß das Kraut, das nach seiner Lr-
fahrung die wohlhabenden Sommergäste am liebsten rauchten.
Nach einer lvoche traf ein Brief der Fabrik ein, der da die
Meldung brachte, daß fünfzehntausend Btück vor drei Tagen
abgegangen seien und demnächst dort eintreffen würden.
Lin aufmerksamer Telegraphist hatte aus versehen einen
Linser vor die sooo hingesetzt und auf diese weise erhielt der
höchlichst überraschte Lfitzelsberger eine Kiste von einem Umfang,
wie sie in dem stillen Neft noch nie erlebt worden war. Nicht
recht viel kleiner war sie, als der ganze Laden, in dem der
bsitzelsberger seine lVaren aufgespeichert hatte. Er eilte ent-
rüftet auf das jdostamt und verweigerte die Annahme. Die
Fabrik teilte ihm jedoch sofort mit, daß der Irrtum sie nichts
angehe, und daß sie keinesfalls auch nur eine Kiste zurücknehmen
werde. Sie lasse es ruhig auf einen jdrozeß ankominen. Auch
das Amt lehnte jeden Ersatz ab. Da war nun allerdings guter
Rat teuer. Bald wußte es die ganze Gemeinde, welch ein
Mißgeschick den Krämer betroffen habe, und noch dazu, welch
teuere ware er da eingehandelt habe, denn die Tigarre kostete
fünfzehn Pfennige und war die kostspieligste auf zehn Stunden
im Umkreis und es war jedermann bekannt, daß nur die Gäste
und Sommerfrischler, die aus Tirol herüberkamen, so viel Geld
für einen Glimmstengel anzulegen pffegten.
Die Finanzer aber, hüben wie drüben, spitzten die Mhren,
denn sie fragten sich mit jener Neugierde, die ihr Beruf mit
sich bringt, wer denn eigentlich die fünfzehntausend Stück be-
stellt haben könnte? Und sie beschlossen, fortan dieser Sache
eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.
^itzelsberger, der nicht in der Lage war, den Schaden decken
zu können, beehrte alsbald seinen Auftraggeber mit einem Be-
such, der den Zweck verfolgte, diesen zu überreden, entweder
die fünfzehn Mille zu accextiren oder mit der Firma den f>ro-
Zeß zum
Austrag
zu bringen.
Da kam
er aber
gerade an
die richtige Adresse.
Als Tschurtschenthaler die
volle Tragweite der Geschichte
begriff, war er eine Niertel-
stunde lang einfach gar nicht zu
sprechen. In der zweiten Viertelstunde überhäufte er den Krä-
mer mit allen Verbalinjurien, die ihm zu Gebote standen. Als
er sich jedoch genügend ausgetobt hatte, ließ er sich totmüde in
seinen Lehnstuhl fallen, kreuzte die dicken bfände über seinen ge-
segneten Leib und begann, ganz jämmerlich zu stöhnen. N)enn der
kfitzelsberger schon ein ausgemachter kfeuochs war, warum war er es
denn nicht „voll und ganz." warum hielt er denn nicht wenigstens
sein Maul wie ein rechtschaffenes Rindvieh, und schwätzte die Ge-
schichte überall herum, daß man aufmerksam werden mußte? lvas
er sich einbilde? Gb er glaube, daß er sein Geld geftohlen habe?
Nachdem sie mit bäuerlicher Zähigkeit und Leidenschaft
einen Nachmittag hin und her gestritten und ihr bferz bis auf
das letzte Schimpfwort erleichtert hatten, kamen sie überein, vor-
erst über die Sache Gras wachsen zu lassen. Die fünftausend
Stück, die er bestellt hatte, erklärte der Tschurtschenthaler heute
noch zahlen zu wollen. von den übrigen wünsche er nichts zu
wissen. Davon solle vorerst kein Wort mehr geredet werden.
wenn er recht gut aufgelegt wäre, und seinen Teil geraucht
hätte, so könnte ja sein, daß er sie um einen vernünftigen Preis,
vielleicht um ein Fünferl das Stück dereinst erwerben werde.
Das war ein hartes wort; aber es unterlag keinem Zwei-
fel, daß der dickköpffge und auf seinen Norteil sehr erpichte
Mann durchaus nicht geneigt sein werde, mit sich handeln zu
lassen. So schieden sie im bittersten Unfrieden und Lsitzelsberger
überlegte es sich auf dem kfeimweg, ob er zum Advokaten in
die Stadt fahren oder nicht gleich lieber den Tschurtschenthaler
von kurzer Nand und ohne Rechtsbeistand ermorden solle.
Da beide Dinge mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden
waren. so geriet er auf einen anderen, wenn auch nicht schönen,
aber doch immerhin eigenartigen Linfall.
Nor allem schickte er die vierhundert Gulden, die er erhal-
ten hatte, an die Fabrik, fügte bei, daß er nicht mehr Geld
habe, und ersuchte sie dringend, ihm die Sendung, die er nicht
verwerten könne, gegen eine sehr billige Sorte umzutauschen.
Auf diesen vorschlag gingen die Berren ein.
Nachdem dies geschehen war, schrieb er zwei weitere Briefe.
Den einen, der an Tschurtschenthaler gerichtet war und in dem
er ihn bat, die Ligarren bald holen zu lassen, weil sie ihm den
sillatz wegnähmen, er sich auch noch zu Tode ärgere, wenn er
sie immer um sich habe, gab er ungesäumt zur j?ost; den an-
deren aber verschloß er sorgfältig vorläuffg in seine Schublade.
Der war an einen Tiroler adressirt. Drei bvochen waren fast
ins Land gegangen, da zog ein armseliges Fuhrwerk auf der
Landstraße dahin, die nach Tirol führte.
Neben ihm trottete, den kräftig qualmenden „Kloben" im
Munde, der älteste Sohn des wirtes, Schritt für Schritt, hie
und da das
schmutzige,
graue Lfütl
mit der
ksahnen-
feder lüf-
tend, weil es so viel heiß war,
hie und da mit der j?eitsche
knallend — ein schönes Bild
eines ehrengeachteten Iüng-
lings, dessen Seele von keiner
rileggendorfers Humoristische Blätter.
kfitzelsberger, der ein blühendes Schmuggelgeschäft nach Tirol
betrieb, erklärte sich mit wonne bereit, heute noch fünf Nille
zu bestellen, natürlich auf Rechnung und Gefahr des Abnehmers.
„woaßt .^averl," sagte Tschurtschenthaler zum Krämer,
„i will a Aur mach'n damit, alle Täg a fufzehn 5tück, die unserigen
san ma z'hantig dazua."
Der bfitzelsberger nickte mit dem Aoxf, obwohl er die Sache
nicht begriff. „Ia," sxrach er, „dös hab' i' a scho recht lob'n
hör'n, dös Mittel, daß es so viel guat sein soll für'n Magen."
„chür d' Fett'n, bfitzelsberger; woaßt, da raint's auf damit,
dös zehrt sakrisch, verstehst?"
„Ah so," erwiderte der Rrämer, „a so is gmoant."
Mit einem ksandschlag ward der Aauf befiegelt und kfitzels-
berger telegraxhierte noch denselben Abend nach ^amburg um
fünf Mille Flora. So hieß das Kraut, das nach seiner Lr-
fahrung die wohlhabenden Sommergäste am liebsten rauchten.
Nach einer lvoche traf ein Brief der Fabrik ein, der da die
Meldung brachte, daß fünfzehntausend Btück vor drei Tagen
abgegangen seien und demnächst dort eintreffen würden.
Lin aufmerksamer Telegraphist hatte aus versehen einen
Linser vor die sooo hingesetzt und auf diese weise erhielt der
höchlichst überraschte Lfitzelsberger eine Kiste von einem Umfang,
wie sie in dem stillen Neft noch nie erlebt worden war. Nicht
recht viel kleiner war sie, als der ganze Laden, in dem der
bsitzelsberger seine lVaren aufgespeichert hatte. Er eilte ent-
rüftet auf das jdostamt und verweigerte die Annahme. Die
Fabrik teilte ihm jedoch sofort mit, daß der Irrtum sie nichts
angehe, und daß sie keinesfalls auch nur eine Kiste zurücknehmen
werde. Sie lasse es ruhig auf einen jdrozeß ankominen. Auch
das Amt lehnte jeden Ersatz ab. Da war nun allerdings guter
Rat teuer. Bald wußte es die ganze Gemeinde, welch ein
Mißgeschick den Krämer betroffen habe, und noch dazu, welch
teuere ware er da eingehandelt habe, denn die Tigarre kostete
fünfzehn Pfennige und war die kostspieligste auf zehn Stunden
im Umkreis und es war jedermann bekannt, daß nur die Gäste
und Sommerfrischler, die aus Tirol herüberkamen, so viel Geld
für einen Glimmstengel anzulegen pffegten.
Die Finanzer aber, hüben wie drüben, spitzten die Mhren,
denn sie fragten sich mit jener Neugierde, die ihr Beruf mit
sich bringt, wer denn eigentlich die fünfzehntausend Stück be-
stellt haben könnte? Und sie beschlossen, fortan dieser Sache
eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.
^itzelsberger, der nicht in der Lage war, den Schaden decken
zu können, beehrte alsbald seinen Auftraggeber mit einem Be-
such, der den Zweck verfolgte, diesen zu überreden, entweder
die fünfzehn Mille zu accextiren oder mit der Firma den f>ro-
Zeß zum
Austrag
zu bringen.
Da kam
er aber
gerade an
die richtige Adresse.
Als Tschurtschenthaler die
volle Tragweite der Geschichte
begriff, war er eine Niertel-
stunde lang einfach gar nicht zu
sprechen. In der zweiten Viertelstunde überhäufte er den Krä-
mer mit allen Verbalinjurien, die ihm zu Gebote standen. Als
er sich jedoch genügend ausgetobt hatte, ließ er sich totmüde in
seinen Lehnstuhl fallen, kreuzte die dicken bfände über seinen ge-
segneten Leib und begann, ganz jämmerlich zu stöhnen. N)enn der
kfitzelsberger schon ein ausgemachter kfeuochs war, warum war er es
denn nicht „voll und ganz." warum hielt er denn nicht wenigstens
sein Maul wie ein rechtschaffenes Rindvieh, und schwätzte die Ge-
schichte überall herum, daß man aufmerksam werden mußte? lvas
er sich einbilde? Gb er glaube, daß er sein Geld geftohlen habe?
Nachdem sie mit bäuerlicher Zähigkeit und Leidenschaft
einen Nachmittag hin und her gestritten und ihr bferz bis auf
das letzte Schimpfwort erleichtert hatten, kamen sie überein, vor-
erst über die Sache Gras wachsen zu lassen. Die fünftausend
Stück, die er bestellt hatte, erklärte der Tschurtschenthaler heute
noch zahlen zu wollen. von den übrigen wünsche er nichts zu
wissen. Davon solle vorerst kein Wort mehr geredet werden.
wenn er recht gut aufgelegt wäre, und seinen Teil geraucht
hätte, so könnte ja sein, daß er sie um einen vernünftigen Preis,
vielleicht um ein Fünferl das Stück dereinst erwerben werde.
Das war ein hartes wort; aber es unterlag keinem Zwei-
fel, daß der dickköpffge und auf seinen Norteil sehr erpichte
Mann durchaus nicht geneigt sein werde, mit sich handeln zu
lassen. So schieden sie im bittersten Unfrieden und Lsitzelsberger
überlegte es sich auf dem kfeimweg, ob er zum Advokaten in
die Stadt fahren oder nicht gleich lieber den Tschurtschenthaler
von kurzer Nand und ohne Rechtsbeistand ermorden solle.
Da beide Dinge mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden
waren. so geriet er auf einen anderen, wenn auch nicht schönen,
aber doch immerhin eigenartigen Linfall.
Nor allem schickte er die vierhundert Gulden, die er erhal-
ten hatte, an die Fabrik, fügte bei, daß er nicht mehr Geld
habe, und ersuchte sie dringend, ihm die Sendung, die er nicht
verwerten könne, gegen eine sehr billige Sorte umzutauschen.
Auf diesen vorschlag gingen die Berren ein.
Nachdem dies geschehen war, schrieb er zwei weitere Briefe.
Den einen, der an Tschurtschenthaler gerichtet war und in dem
er ihn bat, die Ligarren bald holen zu lassen, weil sie ihm den
sillatz wegnähmen, er sich auch noch zu Tode ärgere, wenn er
sie immer um sich habe, gab er ungesäumt zur j?ost; den an-
deren aber verschloß er sorgfältig vorläuffg in seine Schublade.
Der war an einen Tiroler adressirt. Drei bvochen waren fast
ins Land gegangen, da zog ein armseliges Fuhrwerk auf der
Landstraße dahin, die nach Tirol führte.
Neben ihm trottete, den kräftig qualmenden „Kloben" im
Munde, der älteste Sohn des wirtes, Schritt für Schritt, hie
und da das
schmutzige,
graue Lfütl
mit der
ksahnen-
feder lüf-
tend, weil es so viel heiß war,
hie und da mit der j?eitsche
knallend — ein schönes Bild
eines ehrengeachteten Iüng-
lings, dessen Seele von keiner