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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 46.1901 (Nr. 549-561)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16556#0080
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76

ÜNeggendorfers' t) u m oristische Blätter.

Älles umsonst.

qeh

g'hört!

Die Selbstmörder.

er Lenzl ist der Liärbl untreu 'worden.

„Das is mei Tod I" seufzt die Bärbl. „I geh' ins tt?asser!"

Der Maftl, der die Bärbl heimlirh liebt, hört die Morte
und sagt: „Du weißt, Bärbl, wie gern' i' t)i hab! Mhne Dir
freut ini 's Leben a net inehr. Laft ini init Dir fterben!"

„Du bist inei' einziga Freund!" sagt die Bärbl, „auf
d' Bcacht — uin neune — beiin Mühlbach!"

Die Liesl, die wieder den Maftl gern' hat, fragt: „tt?aruin
bist Du denn so trauri, Mastl?"

ttnd als sie hört, daß er sterben will, sagt siei „tttenn Du
niininer lebst, inag i a ninnner leben. I geh' init Dir ins Masser!"

Dem tDastl ist's recht.

„Auf d' Bacht — um neune - beim Mühlbach!" sagt er.

Liesl aber triftt unter Thränen Borbereitungen für den
letzten Gang.

5o ertapxt fie der Michl, der sie hoftnungslos liebt, weil
die Liesl nur den Mastl will. „Mas inachst denn und waruin
weinst denn?" fragt er.

„I geh' in tNühlbach, weil i den tvastl
nit hab'n kann — auf d' Nacht um neune!"

„Da geh' i init Dir — ini freut's so nim-
iner auf der IVelt!" ttnd traumverloren
geht er seinein Geschäfte nach.

Der tNüllerin, der jungen tVitwe, die
schon lange ein Auge auf den Michl geworfen
hat, fällt sein Benehmen auf. „tVas hast denn
heut', tNichl? Bist ja ganz tramhapert!"

„Norgen leb' i nimmer, lNüllerin," er-
widert er, „das Leben hab' i satt. I stürz'
mi ins tVasser — auf d' Nacht um neune!

„^o? tlnd was soll denn dann i thun,
wenn Du nimmer bist? Aa Stund will i da
länger leben!"

Dann läßt sie den Großknecht rufen.
„Lauf zum Notar, er soll glei' kommen,
i will mei' Testament machen!"

Der Großknecht, der die hübsche tVit-
we wahnsinnig, aber unglücklich liebt, ist
ganz bestürzt. „tVarum denn? Bift ja no'
jung und g'sund."

Da erzählt sie, was sie vor hat.

„i^o a ttnglück!" jammert der Groß-
knecht. „ttnd auf mi denkst gar nit und auf
mei' treue Lieb? lVenn Du ins tVafter gehst,
i mit Dir!"

„Gut is," sagt die tttüllerin, „auf
d' Nacht um neune!"

Als der Großknecht allein war, stürzt
Rathi, die Stallmagd, hervor. „All's hab' i
G jdeter, Du weißt, wie i Di gern' hab'!
tVennDu ins lVasser gehstzspring' i Dir nach!"

Nach eingetretener Dunkelheit wird es
beim tttühlbach lebendig.

„Bärbl, bist Du's?" — „tttichl, wo bist
denn?" — „lVastl?" — „Liesl?" so flüstert
und tuschelt es in der ^tille der Nacht. ttnd
unheimlich erscholl aus der Tiefe das Rauschen
des tttühlbachs.

Alle haben sich gefunden. Die Liesl den
tVaftl, der lVastl die Bärbl, der tttichl die
Liesl, die tttüllerin den tttichl, der Großknecht
die tttüllerin und die Rathi den Großknecht.
Iedes ergreift sein Lieb bei der kiand. Sc> entfteht eine
Aette, die sich den Lrlenbüschen zu bewegt, wo das tVaster am
tiefsten ist.

Da plötzlich fällt die Liesl schluchzend dem wastl um den
chals und buffelt ihn ab. Das Beispnel wirkt ansteckend.

Der tVaftl umfänqt die Bärbl, der tttichl umarmt die Liesl,
die tttüllerin hascht nach dem tNichl, der Großknecht hängt sich
an die tNüllerin, und die Aathi drückt einen Kuß nach dem
andern auf des Großknechts Stiernacken.

^o bilden sie einen dichten Anäuel.

Nun aber erwacht die gegenseitige Tifersucht.

Iuerft fahren fich die tVeiber in die chaare, dann fallen
die Burschen übereinander her.

tlnd jetzt bilden sie zwei Anäuel, die sich bald auf dem
Boden wälzen. Der Lärm in der nächtlichen Stille kann nicht
ungehört bleiben. jAötzlich ruft jemand: „Der Gendarm!"

Da stieben sie nach allen Richtungen auseinander. Die Bärbl
allein bleibt stehen. 5ie schlägt die chände über dem Aopf zusammen.

„So a Bagage! Und das wollen Selbstmörder sein! Feiges
Gesindel!" schimpft sic und — geht auch nach thause. I. Brunswick.
 
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