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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 46.1901 (Nr. 549-561)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16556#0099
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iNteggendorfers L) u m o r i st i s ch e Blätter

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losen ^trohhut zu lüsten, welcher des ^turmes wegeu bis iu die
Ghren gedrückt war: „Irre ich nicht —begauu er wieder
und riß und zerrte au seinem 5trohhut, deu er iu aufsteigender
Lrreguug innuer tiefer in das Gesicht brachte. „Na zum cheuker,
muß ich deun in dem chut steckeu bleibeu," rief er jetzt heftig
fich bei seiueu Bemühungen im Areise dreheud. Nuter ho-
merischem Gelächter der gauzen Gesellschaft kam nuu dem sich
immer uoch Abquäleudeu der Laudrichter zu bsilse. „5ie irren
sich freilich, geehrter cherr, weil Sie deu 6ut mehr abwärts als
aufwärts ziehen," sagte er, den chut mit einem mächtigen Ruck
vom Aopf reißeud. „Dauke, meiu cherr," sagte jetzt tiefatmend
der chremde, fich mit eiuer schmerzlichen Grimasfe die Mhren
reibend. „Ihreu gütigen Bemühuugen ware es aber bei dieser
Gelegeuheit fast gelungeu, mich auch vou meiueu Gehörlappen
zu befreieu. Uebrigeus," fuhr er fort, „beuütze ich jetzt die
wiedergewonueue Freiheit, meiue begouneue chrage zu vervoll-
ständigeu," uud sich wieder gegen deu Doktor weudend fuhr er
fort: „lVeuu ich uicht irre, habeu wir die Ehre, bserrn Uoktor
Rurmaier, deu chausherru —"

„Doktor Aurmaier biu ich allerdiugs," autwortete der Dok-
tor, „ob aber chausherr, diese chrage scheiut eiuer rascheu Lösuug
entgegen zu geheu. Darf ich iudesseu bitteu, welchen Besuch
ich Sturm uud kVetter zu verdankeu habe?"

„Da ich eiumal beim U)ort biu," eutgeguete der 5precher,
„erlaube ich mir die Gesamtvorstelluug zu überuehmen; hier
Lserr jdrofessor Alaier aus Breslau und hier cherr Doktor Alüller,
Austos am Germauischeu Museum, meiue IVeuigkeit Vofrat
IVurm aus Berliu. Der Zufall führte uus vor eiuigeu Tagen
zusammeu und da wir das gleiche Ziel verfolgteu, uämlich Ihreu
Gräberfund, cherr Doktor, in Augeuscheiu zu nehmen, seheu 5ie
uus hier als Alärtyrer unseres kVisseusdurstes."

Nachdem der Doktor deu chremdeu uoch deu Landrichter vor-
gestellt hatte, lud er seiue Gäfte zum Tiutritt in die IVohnstube
eiu. „Uusere erste 5orge," begaun er hier, „muß jetzt seiu, für
5ie trockeue Aleider zu bekommen. Das hat uun seiue 5chwierig-
keiten. lVie 5ie seheu, scheiut bei meiuem lVerdeu Nutter Natur
der 5toff ausgegangeu zu seiu und außer mir habe ich uur noch
eineu Geschlechtskollegen im chaus, der glücklicherweise eiueu
größereu Raum in der Schöpfuug einnimmt wie ich, aber leider
wird seiu Rleidervorrat bald erschöpft seiu, da er vou jeher für
den IVechsel der Mode auch uicht die mindeste 5^mpathie hatte."

Nit den letzten kVorteu hatte der Doktor seiue Gäste ver-
lassen, erschien aber gleich darauf wieder mit einem Pack Rlei-
der. Diese verteileud sagte er: „Dies hier wird sich für den
Lserrn khofrat eiguen und dies für cherru Doktor Nüller, uun
sind wir leider am Eude."

„Aber der cherr sdrofessor kann doch nicht iu uasfen Aleideru
bleiben," bemerkte der Laudrichter, uud sich au diesen weudend
sagte er: „Sie werden sich sicher iu das Unvermeidliche fügeu,
uicht wahr, kserr sdrofefsor, und werdeu für kurze Zeit auch
Frauenkleider aulegeu?"

„Ich uehme sie unter solchen Umftäuden mit Dauk au,"
erwiderte der Profesfor.

„Also rasch Doktor," dräugte der Laudrichter mit eiuem
Anstrich vou Bosheit, „Fraueukleider her!"

„Frauenkleider — Fraueukleider —" entgeguete der Doktor
verlegeu, „Du weißt ja —"

„Na," sagte der Laudrichter, uachdem er sich au der Ver-
legenheit des Freuudes geweidet hatte, „ich werde eineu !?turm
auf Mamsell Lenes Tugend uuternehmen, sie muß eiuen Teil
ihrer jungfräulicheu Gewänder zu Zamariterzwecken verwenden
, lasseu. Bin ich auch nicht mehr auf der Nöhe der Situation,
auf welcher mau juugeu Damen mit Trfolg deu Vof inacht,
^ so viel spüre ich doch immer uoch vom Ritter 5aukt Georg in
mir, um mit einem alteu Dracheu fertig zu werdeu.

Der bestrafte Radfahrer-Aeind.
 
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