Meggendorfers Humorisiische Blälter.
99
„wenn das wirklich wahr ist," meinte
der Gutsbesttzer, „dann wird es wohl am
besten sein, wenn wir uns schnell einigen,
ehe die Dame unseres cherzens erscheint."
„Ich fürchte, das wird schwer halten,"
entgegnete der Bankier, „ich muß ge-
stehen, daß ich von der Schönheit der
jungen tVitwe so eingenommen bin, daß
fie sast ganz allein meine Gedanken be-
herrscht."
„Schönheit? Nleinen Sie wirklich?"
„Nun ja, denken Sie nur allein an
diese herrliche Figur —"
„Da thut es mir leid, Ihre Illufionen
zerstören zu müffen. Der Inspektor mei-
nes Gutes ist nämlich ein Vetter der
Rammersrau unserer Angebeteten, und
durch ihn ersuhr ich einige Toiletten-
geheimniffe." —
Der Rittergutsbesitzer beugte sich zu
dem sttzenden Bankier hinab und stüsterte
ihm einige lvorte ins Ghr.
„Nicht möglichl" ries er; „wenn das
wahrheit ist —"
„Mein Lhrenwortl"
„Nun, dann begreise ich nicht, wie
Sie nur die geringste Lust haben können —"
„— diese Dame zu heiraten? Dazu bin
ich leider gezwungen, denn aus meinem
Gut lasten mehr Lsypotheken, als es ver-
tragen kann. Ich habe mich daher mit
dem Gedanken befreundet, mit der reichen
Witwe in die The zu treten."
„Nit der reichen?" sragte der Bankier
lächelnd, „die ist wahrhastig nicht reich
und sie hat es sehr nötig, sich vorteilhast
zu verheiraten, um ihren luxuriösen Lebens-
wandel sortsetzen zu können."
„woher wissen Sis —?"
„Ich sollte es nicht wiffen?" lächelte
der Bankier. „Ich weiß es besser als die
Dame selbst, denn ich bin ihr Bankier."
Nit einigen worten teilte er dem
Gutsbesitzer die Vermögenslage der lvitwe
mit.
„Dann ist sreilich an eine cheirat nicht
zu denken," murmelte dieser; „aber wie
soll ich es ansangen, mein Gut zu retten?"
„Nun, wiffen Sie was," sagte der
Bankier, „Sie habenmir heuteeinen wesent-
lichen Dienst geleistet und mich vor einer
Dummheit zurückgehalten. Ich will nicht
undankbar sein und Sie sollen die ge-
wünschte chypothek von mir haben."
Arm in Arm verließen sie das Iimmer,
und die Thüre schloß sich hinter ihnen,
als die junge lvitwe selbst eintrat. Ver-
blüfft schaute sie um sich her, dann eilte
sie zurück und rief ihrer Aammerzose zu:
„lvas heißt denn das? lvo sind sie?"
„Sie gingen eben ganz vergnügt die
Treppe hinunter."
Die junge lvitwe trat an das Fenster
und schaute ihnen mit langen Blicken nach.
die töaukunst steht von heute,
Schaut mit Ztaunen ihre Zchwäche,
Fläche, Fläche, nichts wie Fläche,
Geine Fülle, keine töreite!
Neurasthenische phantastik
Und ein Vakumn an plaltik!
Lieht er dann auch ihre Zünger,
Me geniaten Architekten,
Dte uns diese Gunst erweckten,
Viese kranke Formen-töringer —
Ztaunt er mehr noch: wie gesund
Zchau'n ste aus, wie rot und rund!
Nnd er spricht woht: „Heil'ge Musen!
Cins ist staunenswert nicht minder:
Mese Gunft hat keinen töusen,
Dennoch nährt sie ihre Ginder,
Respektive ihren Mann —
Wie, ;um Teufet, fängt ste's an?!"
Georg Bötticher.
99
„wenn das wirklich wahr ist," meinte
der Gutsbesttzer, „dann wird es wohl am
besten sein, wenn wir uns schnell einigen,
ehe die Dame unseres cherzens erscheint."
„Ich fürchte, das wird schwer halten,"
entgegnete der Bankier, „ich muß ge-
stehen, daß ich von der Schönheit der
jungen tVitwe so eingenommen bin, daß
fie sast ganz allein meine Gedanken be-
herrscht."
„Schönheit? Nleinen Sie wirklich?"
„Nun ja, denken Sie nur allein an
diese herrliche Figur —"
„Da thut es mir leid, Ihre Illufionen
zerstören zu müffen. Der Inspektor mei-
nes Gutes ist nämlich ein Vetter der
Rammersrau unserer Angebeteten, und
durch ihn ersuhr ich einige Toiletten-
geheimniffe." —
Der Rittergutsbesitzer beugte sich zu
dem sttzenden Bankier hinab und stüsterte
ihm einige lvorte ins Ghr.
„Nicht möglichl" ries er; „wenn das
wahrheit ist —"
„Mein Lhrenwortl"
„Nun, dann begreise ich nicht, wie
Sie nur die geringste Lust haben können —"
„— diese Dame zu heiraten? Dazu bin
ich leider gezwungen, denn aus meinem
Gut lasten mehr Lsypotheken, als es ver-
tragen kann. Ich habe mich daher mit
dem Gedanken befreundet, mit der reichen
Witwe in die The zu treten."
„Nit der reichen?" sragte der Bankier
lächelnd, „die ist wahrhastig nicht reich
und sie hat es sehr nötig, sich vorteilhast
zu verheiraten, um ihren luxuriösen Lebens-
wandel sortsetzen zu können."
„woher wissen Sis —?"
„Ich sollte es nicht wiffen?" lächelte
der Bankier. „Ich weiß es besser als die
Dame selbst, denn ich bin ihr Bankier."
Nit einigen worten teilte er dem
Gutsbesitzer die Vermögenslage der lvitwe
mit.
„Dann ist sreilich an eine cheirat nicht
zu denken," murmelte dieser; „aber wie
soll ich es ansangen, mein Gut zu retten?"
„Nun, wiffen Sie was," sagte der
Bankier, „Sie habenmir heuteeinen wesent-
lichen Dienst geleistet und mich vor einer
Dummheit zurückgehalten. Ich will nicht
undankbar sein und Sie sollen die ge-
wünschte chypothek von mir haben."
Arm in Arm verließen sie das Iimmer,
und die Thüre schloß sich hinter ihnen,
als die junge lvitwe selbst eintrat. Ver-
blüfft schaute sie um sich her, dann eilte
sie zurück und rief ihrer Aammerzose zu:
„lvas heißt denn das? lvo sind sie?"
„Sie gingen eben ganz vergnügt die
Treppe hinunter."
Die junge lvitwe trat an das Fenster
und schaute ihnen mit langen Blicken nach.
die töaukunst steht von heute,
Schaut mit Ztaunen ihre Zchwäche,
Fläche, Fläche, nichts wie Fläche,
Geine Fülle, keine töreite!
Neurasthenische phantastik
Und ein Vakumn an plaltik!
Lieht er dann auch ihre Zünger,
Me geniaten Architekten,
Dte uns diese Gunst erweckten,
Viese kranke Formen-töringer —
Ztaunt er mehr noch: wie gesund
Zchau'n ste aus, wie rot und rund!
Nnd er spricht woht: „Heil'ge Musen!
Cins ist staunenswert nicht minder:
Mese Gunft hat keinen töusen,
Dennoch nährt sie ihre Ginder,
Respektive ihren Mann —
Wie, ;um Teufet, fängt ste's an?!"
Georg Bötticher.