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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 47.1901 (Nr. 562-574)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16557#0025
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Meggendorfers L) umoristische Blätter

Der Gefreite Tell.

Lunde-Flegeljahr nicht anders ist, natürlich auch ein Tauge-
nickts erster Güte. Seit er seine stungen Iagdhunds-
manieren^ abgelegt bat, ist meine liebe Frau nrerklich stärker
aeworden. Das war wirklich eine sehr gesunde ätörper-
bewegung und Lmotion für sie gewesen, so 'ne Razzia
hinter dein Scheusal her, wenn dieses eine seiner Scheuß-
lichkeiten verübt hatte. —

An einem 5onnabend — es hatte an diesem denk-
würdigen Tage bis zum Rachmittag mächtig gegossen
- kam Ze. Lrcellenz, der kommandierende General, ein
kurzangebundener, etwas bärbeißiger alter cherr, mit seinem
Stabe zu mir auf meine Ulitsche ins Vuartier - natür-
lich alle quatschenaß bis auf die 6aut. Auch mein Iunge
war bei mir einquartiert. Dieser hatte jedoch INuttern
schon vorher benachrichtigt, daß wir auf ihn und seine
chllanixel^ jedenfalls vor Mitternacht nicht würden zu
rechnen haben. Ts sollte zwar am Nachmittag im Biwak
nur abgekocht und sodann, da am nächsten Tage ^onntag
wäre, gegen Abend in die Tuartiere abgerückt werden.
lveil aber der Aommandierende bei so unmittelbarer Nähe
der Biwaks ficher nach alter Gewohnheit persönlich die Bor-
xosten abreiten und dabei, ebenfalls nach alter Gewohn-
heit, vor dem Tinrücken noch schnell das ^chlafbedürfnis
seiner Legionen durch anmutige nächtliche Alärsche und
lleberfälle in kriegsgemäßer Uleise zu steigern trachten
würde, so . . . na u. s. w.

Lndlich, nachdem sich die cherrcn umgezogen, konnten
wir, zur großen Trleichterung der chausfrau, die Bände
zum lecker bereiteten lllahle erheben. 5eit ich vom lllili-
tär meinen Abschied genommen, um hier meinen Aohl zu
bauen, hatte ich nicht mehr mit einem kommandierenden
General zusammen zu lllittag gegessen. lllir stelen die
Besichtigungsesfen ein in meiner alten Garnison. Damals,
als junger Leutnant unten ,mang die Lämmerß und heute
als Gutsherr und Gastgeber einen Platz dicht an der
5onne! — ,Ich beugte mich bisweilen mit der Nase in
den Bratenduftß wie fich lhoraz ausdrückt, um mich ftill-
vergnügt zu freuen — nicht zum wenigften über meine
puterrm rnru. — Alte, buntfarbige, beinahe vergessene
Bilder stiegen vor mir auf. — ll)ie möchte wohl die alte
zugeknöpfte, unfehlbare Lrrellenz, welche da neben mir die
herrliche Gottesgabe von der lllosel nur verdünnt mit
Masser trank, einftmals als junger, kreuzfideler Leutnant
ausgejehen haben?l — Na kurz, ich kann's Ihnen gar nicht
sagen, wie — reizend es war.

Als wir nach Tisch so gegen sechs llhr abends den
Aastee in der Beranda einnahmen, stng es wieder an zu
regnen.

„Ach die armen Leute!" bedauerte meine chrau recht
ostensibel die draußen bei lllutter Grün Aampierenden.
Dann ließ sie schlau einen lhasen laufen mit der Frage,
wann wir wohl die übrige Tinquartierung erwarten
könnten.

„lvird wohl etwas spät werden, gnädige chrau,"
meinte der Allgewaltige, „ . . . . muß nachher auch noch
zu den Borposten heraus."

llleine chrau seufzte leise in Gedanken an ihren naß-
geregneten, kleinen Thafseurleutnant. Ich lachte — so
eine alte Trcellenz ist hartherzig, wie wenn sie von einer
hyrkanischen Tigerin gesäugt wäre.

Als 5e. Trcellenz nach oben gegangen war, um sich
in ihren Zimmern zu dem bevorstehenden Dienstritt um-
zuziehen — fie hat gebeten, nicht mit dem Abendbrot war-
ten zu wollen — drang plötzlich von oben her ein lllords-

Distichon.

Im chexameter schwelgt das pärchen auf blinkendem Tandem
Im jdentameter brennt jedes per Tinsitzer durch. O.

Lin (Linbruch beim Äfrika-Reifenden.
 
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