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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 47.1901 (Nr. 562-574)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16557#0028
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IN e g g e n d o r f e r s t) u ni o r i st i s ch e Blätter.



„Aus UAederschen heute Abend, sagte ich. Er sah

inir uach mit einem hilslosen Lächeln, das ich damals übersah.
Aus wen wir abends aber uergebens warteten, das war Sim.

Später erzählte er mir, was geschehen war. Ls hatte ihn
aewurmt, daß er die Schlcise nicht allcin zu stande gebracht
hatte. Lr hatte sie sich genau von allen !?eiten beschaut, dabei
aefunden, daß das Ganze unsäglich einsach sci und sie beherzt
mit Todesmut aufgebunden. Und dann brachte er sie nicht
wieder zusannncn, Stunde um Stunde stand er vor dem Sxiegel,
U?utthränen im Auge, immer wiedcr die häßlichen Rlumpen,
die er zusammenwürgte, aufreißend, bis er schließlich verzweifelt
clrLNAeunt umhakte und im Dunkel des Abends frische Luft
schöxfte.

Am nächsten Mittag raste er an mir vorbei, die chaare
wirr, eine Abappe in der chand.

„Ist es schon spät?" schrie er. „Um zehn soll ich im
Bureau sein."

„Ls ist halbeins," sagte ich und sah mit müdem Lntsetzen
auf den 5hlips, von dem zwei schlaffe, lange Lnden nach unten
hingen, während oben eine winzige, ver-
drückte !?chleife saß.

„ksalbeins?" schrie er auf. „Ich konnte
mit dem 5hlips nicht zu stande kommen."

Damit jagte er weiter.

Ich sah schon damals, daß dies tragisch
werden würde. Und wirklich ging es von da
an mit Freund Sim rasch bergab. Lr war
sonst xünktlich und fleißig gewesen, nun klagte
sein Thef wiederholt und drohte, er werde
ihn entlassen müssen. 5im achtete nicht darauf.
lVeil er sich keine Zeit zum Essen ließ. wurde
er bald blaß und mager. N?ar er sonst spar-
sam gewesen, so vergeudete er jetzt geradezu
sein Geld für chelbstbinder in allen Größen,

Breiten und Farben. Aber gegen sein jetziges
Aussehen, war er srüher beinahe chic ge-
wesen. Immer trug er etwas Unmögliches
um den chals, so daß seine Freunde ihm aus-
wichen.

Einmal ist er noch zu mir gekommen
und hat mich bei allen cheiligen beschworen,
ihm das Ehlipsebinden doch noch zu lehren.

„Ulenn Du es kannst," rief er, „dann
wirst Uu es mir doch auch beibringen können."

„Eim," sagte ich, „ich möchte so gerne
Gedichte machen, kannst Uu es mir nicht
zeigen?"

Uenn Eim dichtete sehr schön und das
erklärt vielleicht manches. Er sah etwas be-
jtürzt aus und sagte dann, das ließe sich nicht
zeigen, das käme so beinahe von selber, jeden-
falls wüßte er nicht wie.

„Na sieh einmal, Sim," sagte ich, „ebenso
ist das mit den Ehlixsen. Als ich es Dir bei-
bringen wollte, bin ich selbst ganz wirr ge-
worden; aber wenn ich nicht daran denke,
wie es gemacht wird, arbeiten meine ksände
von selber und machen es wunderschön."

Da ist Eim betrübt hinausgeschlichen.

Zu chause hat er noch ein Uleilchen ge-
wartet, ob seine lhände nicht auch vielleicht

von selber arbeiteten und als sie es nicht thaten, hat er erst
seinen alten cbanZeant umgebunden, dann meinen Selbstbinder
vorgesucht und sich mit dem erhängt.

Friede seiner Asche. Er hat doch nach Schönheit gestrebt
und mehr, als sein Leben dafür opfern, kann keiner. Nur daß
ich den ersten Anlaß zu seinem Ende gab, quält mich.

Lr hat mir übrigens seine Selbstbinder vermacht und es
sind sehr schönc darunter.

Nusdauer.

it Feuereifer, der im Nu erloschen,

Erwirbst Du Dir im Leben keinen Groschen!
Bescheid'ne Araft, doch zäh und immer gleich
Vermag ost mehr, als ein gewalt'ger Streich.

Ein Grubenlichtchen muß der Bergmann haben.

Beim Blitzstrahl kann man nicht nach Schätzen graben.

Willy von Wegern

Dcr geraubte Bräutigam.

Berantwortlicher Redakteuri Ular Schreiber. Druck von j). ch. Schreiber, beide in Eßlingen bei ^tuttgart.
In Gesterreich-Ungarn für cherausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Ut o h r in U)ien I.
Vrrlag von I. F. Schreiber in Münchrn unb Etzlingrn.
 
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