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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 47.1901 (Nr. 562-574)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16557#0048
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Meggendorfers Humoristische Bläiier.



„Ach Fräulein, welch reizendes Gesicht
Sie haben! wie schade, daß Sie nicht
tausendköpfig sind!"

Q

Äm LuXusmaler.

Erster A)irt: „Ah, Lserr Aollege, 5ie lassen sich die Wände Ihrer
Regelbahn mit Landschaften bemalen; was zahlen Sie denn dasür?"
Zweiter Wirt: „Drei Mark den Tag nebst freier Station."

Erster lvirt: „lvas? So viel? Dafür kriege ich ja schon einen Maler
mit Sammtjacke und Schlapxhut."

DLe Saalkrähe.

humorerke von Freiherr v. Schlicht.

^^^er Mberstleutnant von wendtborn sah im
Gegensatz zu vielen anderen Gssizieren dem
bevorstehenden Manöver mit der denkbar
größten Ruhe und Gleichgültigkeit entgegen. Ur-
sprünglich hatte auch sein Lserz bei dem Gedanken
an die bevorstehenden Prüfungen höher und unruhiger
geschlagen, aber im letzten Augenblick hatte die Lr-
krankung zweier Stabsossiziere eine Aenderung aller
getroffenen Dispositionen nötig gemacht, und bei
dieser Gelegenheit entwickelte der Gberstleutnant
von lvendtborn, wie man so sagt, mehr Glück als
verftand: er wurde für die ganze Dauer des Ma-
növers der Flurbeschädigungskommission zugewiesen
und zur „Saatkrähe" ernannt. Darüber freute sich
der Vberstleutnant nicht schlecht, denn das Rommando,
das ihm zugefallen war, ist eines der angenehmsten,
die es im ganzen militärischen Leben gibt.

Als der Tag des Manövers heranbrach, rückte
der Gberstleutnant mit einer Begeisterung in das
Feld, wie noch nie zuvor. Die Aufgabe, die ihm
bevorstand, war keine allzu schwere. — Er mußte
darauf achten, daß die Truppen keine frisch bestellten
Aecker betraten, und wenn aus irgend einem Grunde
dennoch Flurschaden angerichtet wurde, so mußte er
mit den Bauern oder den Gutsherrn wegen der zu
zahlenden Entschädigung unterhandeln und den ge-
forderten j)reis nach Möglichkeit drücken.

Ein freier Ljerr, ritt der Vberstleutnant am
ersten Tage im Gelände herum; ihm war ein älterer
Vberleutnant gewiffermaßen als Adjutant zugewiesen
worden, und mit diesem unterhielt er sich über dienst-
liche und nichtdienstliche Angelegenheiten, während
die Truppen im Schweiße ihres Angesichts die vom
Gegner besetzten Stellungen zu ersiürmen versuchten.
Und kam das Signal zur Rritik, da ließ ihn das
kälter als kalt, denn er wußte im voraus, daß sein
Name bei der Besprechung gar nicht genannt werden
würde.

Und die Rritiken sind die schönsten.

Da geschah es, daß der Armeeinspekteur, deffen
Befehl das Armeekorps unterstellt war, sür einen
Tag seine Anwesenheit bei dem Nanöver anmeldete.
Natürlich rief die Nachricht große Aufregung her-
vor, denn der Armeeinspekteur war nicht nur Excel-
lenz, sondern sogar Aönigliche Lsoheit, und jeder
hatte selbstverständlich den Lhrgeiz, die Anerkennung
des hohen Lserrn finden zu wollen.

Seine Aönigliche ksoheit kam, und nachdem er
eine besondere Gesechtsidee ausgegeben hatte, be-
gann das Gefecht. Line gewiffe kriegerische Aus-
regung ergriff alle, nur den Vberstleutnant von
wendtborn nicht. Der ritt mit seinem Begleiter in
der welt herum, tauschte mit diesem und jenem
Bekannten ein siüchtiges Begrüßungswort und über-
zeugte sich davon, daß die Strohwische, die das Be-
treten der srischbestellten Aecker verbaten, noch aus
ihrem Platze ständen: seine Aufgabe war es, daß
die Strohwische auch respektiert würden.

Stunde aus Stunde verrann, und doch war ein
Lnde des Gefechts noch gar nicht abzusehen, denn

(Lortsetzong auf Seite 4b.)
 
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