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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 47.1901 (Nr. 562-574)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16557#0160
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Meggendorfers L) uin o r i st isch e Blätter

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sinnigem Lntsetzen gepackt beim Schein dieser Gespensterfiamme
zur Thüre — rannte sich den Aopf halb ein und siel buchstäblich
in die Arme seiner Gattin, die mit Lotte voll Angst bei dem
Gepolter herbeigeeilt war.

„Schicken! — sogleich! — den Lberhard — zu Deinem
Leutnant — soll kommen - unter dem Thriftbaum will ich euch
segnen —" saxpsie 6err Lendemann.

Da dieser Amschwung unbegreislich, und bserrn Bendemanns
Specialität durchaus nicht das Segnen war - siarrten sich
Tante und Lotte einen Augenblick sast versteinert an. Dann
brach ein Iauchzen aus Lottes Brust, das ihrein Gnkel wenig-
stens die beruhigende Versicherung gab, daß ihre Lunge unter
dem Grain nicht gelitten hatte — und dann fiog sie hinaus
„wie der jlfieil vom Bogen fiiegt."

Gnkel Bendemann aber, nachdem ihm ein Glas sdortwein
beiqebracht worden war, erzählte unter Schauern der trcuen
Gattin das Furchtbare, was er erlebt — sie hob dankend, wie
eine Seherin, die chände.

llnd dann kam das Glück. llnter dem strahlenden Thrist-
baum gab es ein kierzen und Aüssen, und Gesichter, die heller
strahlten als alle lveihnachtskerzen. Mnkel Bendemann wurde
an diesem selben Abend noch einmal bekehrt — und noch ehc
die verlobungsbowle halb geleert war, schlug er dem schönen,

jungen, sröhlichen Mffizier schallend aus die Schulteri „Bist ein
samoser Rerl! chreu' mich, daß die Lotte solch guten Geschmack hat!"

Aber ein paar Thränen wurden dennoch an diesem Abend ge-
weint, und das war, als Tberhard, bei Aussiellung seiner neuen
Armeen sich seines Ballons erinnerte, den er herrlich als „chessel-
ballon" brauchen konnte. von einer Trkursion im Gartenzimmer
erschien er heulend — wurde von seiner lllutter in eine Tckc ge-
pufit, und teilte ihr dort mit, und zwar unter Thränen des Iammers,
daß Lotte ihm vorhin diesen unschätzbaren Ballon weggenommen
und in das Gartenzimmer „geschubbst" habe - und jetzt läge
blos ein verbranntes, verschrumps — schrumpstes - Ding
huhu — da — jawohl! — ich kenn's an der Ttrippe!" schrie

Tberhard aus — und wurde beinahe das
Mpser mütterlicher Beschwichtigunqs-
versuche denn „ihre lhand lag schwer"
aus seinem lllund.

Frau Bendemann „däinmerte" jetzt
allerdings etwas — ja, es ging ihr
sogar ein ganzes „Astrallicht" aus.
Aber sie schwang sich zur heroischten
That ihres Lebens aus — sie beschloß,
zu schweigen. Ilnd sie schwieg. Der
„Geist" von lserrn Bendemanns Bru-
der schwebte seitdem, als sanst erzieh-
licher Tinfiuß über lserrn Bendemanns
irdischem sdoltergeist, und nie wird
dieser also Gebändigte ersahren, warum
er „ja!" sagte, als Lotte ihren lvalter
wollte und daß der Geist seines Bruders
ein roter Gummiballon sür zehn
Psennig war.

Äiulenders Arohlocken.

o ift er da, der hehre Augenblick,

Der große lvurs ist mir gelungen,

Ts ist erreicht, das längst ersehnte Glück,

Ich hab' den Bedakteur bezwungen. -
To ist ersüllt mein höchster Trdentraum,

Getragen von der Dichtkunst Tchwingen,

To fiieg' ich jubelnd in des Aethers Raum,
llnd aller lvelt will ich es singen:

Ich bin gedruckt.

lVie niedrig scheint mir doch die ganze lvelt,

Da ich nun schweb' in höchster Tphäre,
lvas gilt mir Gut, was gilt mir Geld,

Gen Dichterruhm und Dichterehre.

lvenn jetzt zu mir ein Aönig kommt und spricht,

Ich soll mit seiner Krone tauschen,

lllit seiner goldencn Rrone tausch' ich nicht,

Das lvort allein kann mich berauschen:

Ich bin gedruckt.

Geadclt ist sür immer mein Geblüt,

l?or chreude thränt mein Aug' ich weine,

Die qanze Dichterwelt an mir vorüberzieht,
Kolleqen ncnn' ich Tchiller, Goethe, lseine.

Ich seh' den Lorbeer schon aus meinem läaupt
llnd mich am Thor dcs sdaradieses,
llnd wenn mir einer an mein Glück nicht glaubt,
To saq' erhaben ich ganz einsach dieses:

Ich bin gedruckt.

llnd steh' ich einstens an des löimmels erhor
llnd klopse an die lsimmelspsorte,
llnd steckt dann petrus scinen Rops hervor,
lver wohl da lärmt an diesem heil'gen Grte
llnd sragte mich nach seiner fifiörtnerspfiicht:
was warst Du denn in Deinen Trdentagen?

^zeb zeige ihnr voll Ttolz mein einziges Gedicht
llnd Linlaß heischend werd' ich sagen:

Icb war gedruckt.

^ " L. Schors.

verantwortlicher Redakteur: lllax Tchreiber. Druck von s). F. Tchreiber, beide in Tßlingen bei r-tuttgart.
j)n Mesterreich-llngarn sür lherausgabe und Redaktion verantwortlich: Robcrt lll o h r in lvien I.
Vrrlag von I. F. Zchrriber in Mnnchrn unb Ehlingrn.
 
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