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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 48.1902 (Nr. 575-587)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16550#0037
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Zeitschrift für Humor und Aunft

33

(E^rau lfuberl 'raus jetzt mit der Sprach';

E Was wissen Sie deun von der Sach'?" —
„I woaß nur, wissen S', Luer Gnad'n,
tvas nnr der wastl hat verrat'n."

„Der tvastl? So, was hat denn der
verraten?" — „Ia, mei' liaber bserr,

Da bin i wirkli' überfragt,

Sel' woaß i ninnner, was der hat g'sagt."

O. Jcgerl.


Lauptrappori.

tzumoreske von Hngi.

in guter, achtstündiger Schlaf ist doch wahrlich eine Gabe
Gottes," sagte der Betriebsleiter der Glasfabrik in
tN..berg, Georg tNühlheim, beim tNorgenkaffee zu
seinem hübschen tveibchen, das noch in duftiger tNorgenjacke
neben ihm saß. „Den feschen Leutnant," nannten ihn früher
die jungen tNädchen, als er noch neu ernannter Leutnant in
der Reserve war und an hohen Festtagen in der funkelnagel-
neuen schneidigen Uniform alle anderen jungen bserren in den
Schatten stellte. peute wäre die Bezeichnung freilich nicht mehr
so zutreffend; denn Leutnants sind in der Regel schlank und
dulden keinen andern Bart, als ein zartes, blondes Schnurrbärt-
chen. Mühlheim dagegen trägt jetzt einen langen, schwarzen
vollbart und erfreut sich bereits eines kleinen, ganz bescheidenen
Bäuchleins. Gr reckte behaglich die kräftigen Glieder, lehnte
in stiller Beschaulichkeit bequem in dem gexolsterten Sessel und
folgte den flinken Bewegungen des sauberen Dienstmädchens.
Sie machte mit dem Tuche die letzten Striche über Bilder, vasen
und derlei Zierden des solid und geschmackvoll eingerichteten
wohnzimmers, setzte nochmals die Stühle zurecht und zuxfte
an den verschiedenen Decken. Ietzt riß sie vom wandkalender
das Blättchen ab und — „Donnerwetter! — der vierte November!
— bsauptrapport ist heute!" rief Uiühlheim und fuhr wie von
einer Natter gebissen vom Stuhle auf. „Ienn^I meine Uni-
form ist doch in Grdnung! — Anna, geschwind die Sachen! —
Sieben Uhr ist's jetzt, uin acht Uhr geht der Zug, also noch
nicht zu spät. — Aber was zaudert ihr denn noch? Geschwind!

geschwindl" Frau Ienny und das Ukädchen schienen für den
Augenblick nicht recht begriffen zu haben, doch nun begann ein
fieberhaftes Treibcn. Mühlheim eilte zum Schrank nach seinen,
Schlachtschwert, das Mädchen flog die Treppe hinauf, die wohl-
verwahrte Uniform zu holen. - Ls währte auch nicht lange,
und alles lag bereit. Die Sachen waren in bester Vrdnung,
der Säbel blank, die Aleider nicht von Nkotten zernagt. Ia, sein
Frauchen versteht das, denkt Mühlheim, und schon liegt der Schlaf-
rock am Boden, und sorgfältig werden die Beinkleider aufqe-
nommen — „Sooo! — Au das prasselt! — sachte, sachte, na,
es geht noch." — Frau Ienny hält den waffenrock handgerecht.
UUt bekümmerter UUene betrachtet sie ihr Uiännchen, das unter
ihrer liebevollen Pflege ganz beträchtlich zugcnommen hatte.
„Na! — der Rock scheint ja noch zu passen. Der erste, zweite und
dritte Anopf ist drinnen. Nun der vierte — da ist's schon nicht
so leicht." bserr Georg fängt an zu schwitzen und schwer zu
atmen. „Aber der fünfte, SappermenH will's denn nicht langen.
Ienny, 's langt nicht," ächzt Utühlheim. Schweißperlen stehen
ihm auf dcr Stirne. „Ls geht nicht. — Ls fehlt noch ein ganzer
Finger. was machen wir da?" Stöhnend sinkt cr auf das Sofa.
— „löaltl den alten Rock, Ienny, vielleicht ist der etwas weiter."
Lin schwacher bsoffnungsschimmer erhcllt sein Gesicht. Ls dauert
nicht lange, und der Rock ist gebracht. — „Bis zum fünften
Anopf und weiter geht's nicht," knirscht Mühlheim. „was läßt
sich da thun?" verzweifelt sieht er sein weibchen an und zaust
sich in seinem langen Bart. — „Lsast Du nicht den letzten lsauxt-
 
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