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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 48.1902 (Nr. 575-587)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16550#0046
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Meggcndorfer-Blätter, München

-s2


Dte (Keschichle vom fliegenden Roberl.

Mfer Robert war ein schlaucr ksecht;

^ Das „Schwimm en", das verstand er recht
Lr wußt' im Trüben scharf zu gucken
Und Aonkurrenten zu verschlucken.

Das wollt' ihm aber nicht genügen,
er wollte sliegenl

Dem Streberhecht

Zu diescm Zweck hat, ivie ihr scht,
Uut „Ueberluft" er sich gebläht,
Doch die war von gering'rer Schwerc
Als rings die Luft der Atmosphäre.

Den aufgeblas'nen Streber schau',
Mie er sich hebt im kfimmelsblau!

Im Flug erhascht' er allerhand,

Manch Titelchen, manch Vrdensband

Indem er krästig abwärts schlägt
NUt seinen Flossen, unentwegt
Schnellt immer höher er cmpor,

Doch kommt's ihm unbehaglich vori
Seht zittern ihn, dcn Ulann, den großen
Stets bangt er, oben anzustoßenl

O. Iegcrl.


Der Leutnant ösfnet halb die Augen und blickt in die
persxektivische verkürzung seines eigenen Reitstockes, mit welchem
sein Alois bestrebt ist, ihn munter zu kitzeln.

„Geh weiter," ruft er, lauter und energischer als das erste
Uial, und schließt die Augen, jedoch spät genug, um seinen
Netzhäuten Zeit zu lassen, den Lichteindruck des schleunigen
Rückzuges seines Burschen zu empsangen.

Ls kann doch unmöglich
schon vier Uhr sein, denkt er
sich, und legt sich auf die
andere Seite. Schon schwelgt
er in der angenehmen lhosf-
nung, nicht mehr gestört zu
werden, als er ein leichtes
kseben seiner Unterlagc ver-
spürt; doch achtet er weiter
nicht darauf. Nach einer
Pause ein zweiter Stoß; er
wird aufmerksam, beim
dritten Stoße ärgerlich, beim
vierten endlich springt er
auf und sieht sich funkelnden
Auges mn.

Nirgends ein Alois zu
sehen.

Beinahe glaubt er leb-
haft geträumt zu haben, als
ihn ein fünfter, erdbeben-
ähnlicher Stoß schier aus dem
Beite schleudert. von einem
logischen Strahl erleuchtet,
schaut er unters Bett.

Fuchsrot im Gesicht,
die dicken Schweißtropfen
auf der Stirn, sieht er dort
seinen Alois auf allen vieren,
aus allen Aräften bemüht,
die körperliche Last seines
kserrn mit samt der Mat-
ratze hoch zu heben und fallen
zu lassen.

„Aerl," ruft der Leut-
nant, eine plötzlich aufstei-
gende Lachlust krampfhaft
unterdrückend, „bist Du ver-
rückt? Marsch fortl" Lr-
schrocken zuckt Alois zusam-
men, versetzt noch pslichtge-
treu dem Bette einen letzten
Stoß, und verschwindet in
der Thüre mit seiner ganzen
Länge. Nur der Aopf grinst
heraus, froh des gelungencn
lVerkes.

„Meldegehorsamst,schon
vier Uhr, und bitte gehor-
samst um die Aronc."

„ksinaus mit Dir!"
schreit wütend der Leutnant.

Doch Alois bleibt, mit
dem ewigen Refrain i „'s is
schon vier Uhr."

Sein 6err ist vollkom- !
men munter.

„wo ist der Stieselknecht?" und er blickt wild herum, um
dies Gerät zu entdecken, „wo ist der Stiefelknecht, um ihn Dir
an den Aoxf zu werfenl"

„Melde gehorsamst," und Alois zieht grinsend den ver-
mißten Gegenstand hinter seinem Rücken hervor; „der ist schon
lang fortl" A—s.

Kiruwwetpeter für große Linöer.
 
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