Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 49.1902 (Nr. 588-600)

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16551#0100
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
96

M e g g e n d o r f er - B l ä t t e r, München

geworden sein. Ich kaufte dieselben dort, meil man so schöne Exemplare hier nicht
bekomnit. Meine Nichte hat heute Geburtstag."

Das s?>aket wurde geöffnet, das Gesicht der Frau Mama hicrbei jedoch immer

länger.

„Aber mcin therr! Welch unpassender Scherzl Mie können Sie sich so ctwas
crlaubcn, wir sind doch'eine ehrenwerte, angesehene Familie und . . ."

„Utieso denn gnädige Frau? . . . ich verstehe nicht . . ." therr des thimmels!
Ietzt wurde mir die Sacho klar, ich hatte die paketc verwechselt, und dieses hier
enthielt . . . Uäse.

vor Scham glaubte ich vom Stuhle herunter sinken zu müssen. Ich bat
dringond um vcrzcihung und mußte nun natürlich auch die Frau Rätin erwähnen.
„Aber weshalb erzählten Sie die Geschichte nicht vorherso?" fragte die INama böse.
„Und Sie haben mir doch versprochen, das jdaket in den Schmutz zu werfen,
wenn Ihnen die Frau Rätin wieder eins anbietet!" schluchzte Aäthchen.

„Geh' sofort in Dein Simmerl" gcbot die Mutter, „was ist das für eine

Sprache."

Ls war natürlich jetzt der ungünstigste Seitpunkt, um die chand Aäthchens an-
zuhalten, und ich machte mich sofort aus dem Staub, uin den Umtausch vorzunehinen.

Lrst mußte ich mich umziehen, denn ich konnte doch nicht im Frack zu der
Frau Rätin gehen, die hätte sonst gedacht, ich wollte um die tfand einer ihrer Töchter
anhalten.

Su lfause angekommen, fand ich schon ein Briefchen vor:

Sehr geehrter lferr!

Ulit herzlichent, innigem Dank bestätige ich den Lmpfang des uns so
freundlichst gesandten Geschenkes. Diese Aufmerksamkeit hat uns wirklich hoch
erfreut. Meine Töchter haben die schönsten Rosen sofort angesteckt, nnd dio
übrigon, wirklich prächtigen Exemplare schmücken unser Fenster im Wohnzimmer.
U)enn es Ihnen angenehm ist, bitte ich Sie, nächsten Sonntag mittag unser
Gast zu sein. Sie haben wohl die Güte, uns durch einige Zeilen Antwort
zu geben, ob wir auf Sie rechnen können.

Utit herzlichen Grüßen

Frau Amtsrätin Steyer.

?8. U)ie »nr cin bjerr erzählt hat, haben Sie armer Ulensch gestern
abend den Zug versäumt. Apropos! Uas Ihnen übergebene Paketchen be-
nötigen wir recht dringend. Ls enthält nämlich Aäschen, die wir gestern in
T. gekauft haben, sie waren zu gnt in der UUrtschaft, wo wir zu Abend aßen,
etwas alt — aber fein. — Also nicht wahr, Sie haben die Güte?

Das war eine nette Geschichte! Uie Rosen meiner zukünftigen Schwieger-
mutter hatte die Rätin bekommen und für sich behalten. Da hatte ich in meinem
Dusel etwas Schönes angerichtet!

Ich mußte mich nun geschickt aus der Affaire ziehen, lief sofort in einen
Blumenladen, kaufte einen großen, großen Strauß der allerschönsten Rosen, nahm
den Brief mit und ging zu Räthchen zurück.

Ukan lachte schließlich herzlich über
die verwechslung, und ich kann den Lesern
verraten, daß ich nun endlich meinen An-
trag anbringen durfte. Mama — jetzt
Schwiegermama — hatte mir bald ver-
ziehen, und auch j)apa gab seine Ein-
willigung zu unserem Bunde.

Doch die Rätin nicht zu vergessen!

Die Aäse hat sie natürlich zurückbekommen.
lhoffentlich haben sie gut geschmeckt! Die
Rosen-Affaire habe ich ihr bis zum heu-
tigen Tage jedoch nicht aufgeklärt, und
sie wird sich wundern, am nächsten
Sonutag statt einer Zusage meine Ver-
lobungs-Anzeige zu erhalten.

l


Vetrachtung.

E^ür diescs Lebens kurze Frist
E Das Beste bleibt — der Ljumorist;
Mit Nietzsche und mit Schopenhauer
Macht man sich nur das Leben sauer!

verantwortlicher Redakteuri Max Schreiber. Drnck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für lherausgabe und Redaktion verantwortlich i Robert Ulohr in lvien I.
Verlag vvn F. F. Schri.'ibrr in Wiinihrn unb Eßlingrn.
 
Annotationen