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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 51.1902 (Nr. 514-526)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16553#0039
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Zeitschrift sür Humor und Aunst




Unten knallte der Autscher niahnend mit der jdeitsche.
Gtto ging hinunter und schickte den Schlitten sort — uns war
die Lust gründlich vergangen.

Nach einer reichlichen Stunde erschien Ida in Begleitung
eines surchtbar und düster ausschauenden weiblichen tvesens,
das — Gott sei Dankl — den Mantel über dem Arm trug.

„Legen Sie den Mantel dorthinl" sagte Dtto streng; „wie
können Sie bei Ihrein Geschäft dem Mädchen aus solch ein
Stück borgen? Das müssen Sie doch sehen, daß es kein Dienst-
botenmantel ist."

Die lsuldin öffnete den Roscnmund — aber Vtto schnitt
ihr mit einer so gebieterischen Bewegung das Wort ab, daß
sie schwieg.

„Nun legen Sie den Mantel hin und gehen Sie l" erinnerte
Gtto ungeduldig.

„Un meine sibbe Ntark fufzig?" fragte die lholde in schönstem
,Aöllsch<.

„Melche sieben Utark fünfzig?" sragte Gtto kühl.

„Die ich det Ulädche gelehnt habe," sagte sie hoheitsvoll.

„Die lassen Sie sich eben von dem Ulädchen geben," sagte
Gtto, „wir haben doch den Ulantel nicht versetzt!"

„U?at?" schrie jetzt die Ulegäre, „erscht hat inan sich er-
pliziere müsse mit den Iserrn Terreckter vons Leihhaus — um
den drcckligen Starmatzenmantel, wo schon die Ulotten in sind,
un jetzt soll ich mein sibbe Ulark fufzig verliere — ihr seid
woll jeck?"

„Lxxlizieren niit dem Leihhausdirektor?" stöhnte Gtto,
— „und was hatte sich der denn hereinzumischen —"

„Ia!" trumpfte sie auf — „weil der lserr Tarator ihn
rief — ob der Ulantel wohl gestolle wär — un der lserr Terreck-
ter — der rief auch jleich ,Iott, das is ja die Frau Rat ihr
Starmatzenmantel — jall — natirlich is der gcstolle."

„Und — — und was wurde nun?" — drängte Gtto mit
unheiinlicher Ruhe.

„Ia — da haben ich ihm jesagt, wat dat Ulädche zu mir
jesagt hatte," nickte sie kaltblütig — „der lherr Rat, dat wär'
so 'ne Ieizdrach — un' den Starmatzenmantel, den wollte die
Frau Rat versetze — weil se Schulden hätt', von denen der
lherr Rat um Iottes willc nischt wissen dürst!"

„Und — das — hat der Leihhausdirektor geglaubt?"
rief ich außer mir.

„Iawoll hat er jejlaubt, un so leid hatt es den Ulann ge-
dann — ja — jeweint hat er beinah — jesagt hat er nicks."

„In meinem kjausel" stöhnte mit ersterbender Stimme Dtto.

Bei mir aber — der das Benehmen meines Leihhaus-
verehrers plöhlich erklärt war — kam die Reaktion. Ich
schluchzte — und lachte — und schluchzte wieder, bis alles iim
mich beschäftigt war — Ida nach dem Arzt — die Ulegäre mit
ihren ,sibbe Ulark fufzig' aus der Türe, und Gtto vor mir nieder-
gestürzt war, bittend, beschwörend, tröstend und beruhigend.
Und als ich erst wieder sprechen konnte, gab es eine echte, rechte
Aussprache, die das Gespenst des Leihhaus dirigierenden Ber-
ehrers auf immer aus Gttos kserzen verbannte.

Um unsere Aassen-verhLltnisse zu rehabilitieren, gab es
bald darauf bci uns ein Souper. Oieses war sehr üppig. Der
Aaviar hatte silbergraue Aörner von der Größe junger Lrbsen.
Der lsummer erschien in neuester Iubereitung — Damwild-Rücken
und Fasan waren tadellos. Ich trug — über weißem Atlas
ein spitzen-inkrustiertes schwarzes Gazegewand. Beim
Fürst-Pückler-Lis und Lhampagner erhob sich Dtto, und gab,
unter schallendem Gelächter ,zwar keine japanische Teehaus-
aber eine deutsche Leihhaus-Geschichte^ zum besten. Die vor
Scham halbtote Ida mußte dazu mit dem Starostenmantel er-
scheinen. Ls gab ein tolles lsallo — nur einer lachte nicht.
Diesen einen — der sich die Rolle des tröstenden lsausfreundes

schon so schön ausgemalt, nahm ich nachher noch zur Seite,
und lachte ihn erbarmungslos aus. — Sein ganz unerklärliches
— mir höchst unangenehmes Benehmen — sei ja damit erklärt —
über meine Gefühle ihm gegenüber hätte ich ihn aber doch
schon vor zwanzig Iahren aufgeklärt. Im allgemeinen lasse
man sich doch sonst an einem Aorb genügenl
Lr ging — ich habe ihn nicht wiedergesehn.

Varterre-Acoras.

Msarin beruht bei manchen Uienschen die Uiorali
Sie handeln, wie sie's wünschen, allemal,
Um hinterhcr mit schlau erdachten Gründen
Das mahnende Gewissen abzufinden.

O. I.

Variert.

kseiratsvermittler tder dcin Rlicnle» ei„e photogrlixhic eincr Danie
gezeigt): „Nehmen Sie doch diese, sehen Sie nnr das viel-
sagende Gesichtl"

Alient: „Nun, das sürchte ich eben, . . . dann habe ich am
Lnde nichts mehr zu sagen."

Der schtaue Geschirrhändter.

— „Sie, ich möchte gern da oben durch die Plankenritzen schauen!
Aönnen S' mir nicht ein wenig hinaushelfen, auf ein gutes
Trinkgeld kommt mir's nicht anl"-
 
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