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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 11.1892 (Nr. 92-104)

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https://doi.org/10.11588/diglit.26547#0025
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§. M e g g e n d o r f e r s l)unioristische Blätter.

l9

„Morgen wird also alles ruhen, soweit es nwglich
ist. Ich kann Dir gar nicht sagen, Aannchen, wie zu-
frieden ich heute zu Bett gehe."

^rau Ausanna, die wohlbeleibte Lhehälfte des Rent-
ners und Atadtrates Alolters, blickte etwas fpöttisch zu
ihrem Nanne hinnber, dessen kahles Hanpt im kkerzen-
licht hell erglänzte. Äeine „Atzel", eine hlibsch kastanien-
braune Perncke, schlnmmerte bereits auf der Aommode,
ein Sriff nach der Nachtmütze, und iin nächsten Angenblick
glich der Herr Btadtrat einem persischen Priester in wal-
lendem weißen Calar und hoher spitzer Aopfbedeckung.

„Ich denke doch, Dn gehstjeden Abend zufrieden zu Bett",
ironifierte die Lhefrau; etwas kleinlauter fügte sie hinzu:
„A)ir werden morgen keinen befonders ruhigen, hofsentlich
aber recht vergnügten Zonntag haben. Hilde vertraute mir
vorhin, daß — lieber Cott, war das arme Aind anfgeregt!"

„Aufgeregt? Hilde?" Cer Lhegatte weudete den Aopf
so schnell, daß die Aipfelmütze vorSchrecken zus ammenknickte.

„Aun, es ist ja nichts Zchlimmes. Der polizeilieutenant
Acharff will morgen um sie anhalten."

Lonntagsruhe.

Herr Stadtrat Wolters
brummte behaglich: „T>er
Polizeilieutenant — hm!
kein übler Akensch und
ein tüchtiger Beamter.
Aönnte zwar eine beffere
Partie machen, die Hilde,
aber auf Geld brauche ich
jaschließlich nicht zu sehen.
— A)o willst T>u denn mit
meiner Atzel hin?"

Krau Lufanna, der die
letzten lautgefprochenen
A)orte galten, zog er-
fchreckt die Hand zurück,
ergriff aber dann doch die
Atzel und sagte: „T>ie
muß ein wenig aufge-
arbeitet iverden. Ich lege
sie ins A)ohnzimmer, und
die Crine bringt sie morgen
ganz früh zum Kriseur."

In der Horm und dem
blendenden A)eiß ihres
Kewandes einem wan-
delnden Zchneemanne ver-
gleichbar, eilte die Gattin
hinaus. Als sie wieder
hereinkam — sie hatte der
chitze wegen no ch i mAeb en -
zimmer die Henster geöffnet
— fchlief der Ctadtvater
bereits den Ächlaf des
Kerechten. klnter seiner
Iipfelmütze fpukten frei-
lich feltfame Cräume:
Alle die Gewerbetreiben-
den, die er als tAagist-
ratsmitglied durch eine
paffende Aerteilung der
Lonntagsruhe zu be-
glücken gedacht, um-
standen ihn lachend oder
mit drohenden Gebärden;
Metzger undBäcker,Hand-
lungsbefliffene, Kuhr- und
AAlchleute in buntem Ge-
misch. And sein Antrag,
den der Magistrat geneh-
migt, war doch so wohl
durchdacht! Ium Glück kam bald sein zukiinftiger Ächwieger-
sohn, der st>olizeilientenant Bruno Icharff dazu und
notierte die Anverschämten. Braver Cchwiegersohn! —
„Alinglingling!"

Auch die pferdebahn mit ihrem schrecklichen Gebimmel
muß während der Ruhestnnden den Betrieb einstellen,
sagte sich der Tchläfer und warf sich auf die andere Ceite

herum.-„Alinglingling!" ertönte es wieder, doch

nicht auf der Ctraße, sondern im Hausflnr unten.

Am Lnde brennt's! Herr Ctadtrat A)olters fährt
in die Höhe, nur die Nachtmütze bleibt auf dem Aisfen
zurück, weil sie dem emporschnellenden Aopf nichh zu
folgen vermag. Tas Cageslicht dringt durch die Kenster-
gardineu; fünf Uhr ist's. Ta läutet es zum drittenmal,
laut und lange, gerade so lange, wie der Btadtrat
braucht, um in die Beinkleider zu fahren. Ietzt noch
die Aachtmütze, damit es keine Lrkältung absetzt! Toch
das Ting ist nicht zu sinden; je eifriger ihr Besitzer sie
fucht, um so tiefer wühlt er sie unter das Bettzeug.
(Fortsetzung Seite 2 p)

^ u f ur nrrtr r rr n g.

Linchens schüchterner Bewerber sitzt schon eine halbe Stnnde bei ihr, ohne das rechte A)ort zn
finden. Da erhebt sie sich plötzlich : „fferr Doktor," sagt sie „ich mnß nnr rasch Manra etwas fragen
— soll ich von Ihnen etwas mitfragen?"

--

Aonrrtags r u h r.

Preis.)
 
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