!7i e g g en d o rfe r s k) u m o ri sti s ch e Blätter.
„Aber, INama," rief Lmma i>: tiefste Glnt getaucht,
Dichter hat sie nun einmal hineingeschrieben I"
„I>er Dichter wird dabei Berufsstneler im Ange gehabt
haben — für dich gegeniiber einem fremden jnngen INann hat
cr fie jedenfalls nicht geschrieben!"
„Aber L — cherr von Blind ist doch kein Freinder bei nns!"
siüsterte Lmma.
„Lr ist ein chremder, wenn es folche Berhaltnisfe betrifft",
nnterbrach fie die Nutter nnd maß fie mit einein strafenden
Blich „und was noch mehr, er ist ein Lieutenant! Innge
Gffiziere find allerdings für derlei Dinge sehr eingenoinmen." —
„Aber, INama," fenfzte Lmma, „er küßt mich ja nicht wirklich!"
„wer glanbt das, wer sieht das — wer kann das unter-
scheiden? wenn Ihr nicht fchlecht fpielen wollt, mnß die Lcene
den Lchein der lAirklichkeit erwecken". —
„Bein," schlnchzte das
INädchen, „INama, ich
schwöre dir, es waren hent'
bei der j?robe noch min-
destens sechs NNllimeter da-
zwischen". —
„Ganz gleich, ein Nläd-
chen darf fich anch das nicht
gefallen laffen!"
„Bon einein Anderen
ließe ich's mir anch nicht
gefallen!" platzte Lmma
in hellen Thränen herans.
Die Tommerzienrätin
öffnete die Angen groß nnd
fagte gar nichts mehr. Also
f o stand's! Da hieß es ja
energisch dazwi f ch enfahren!
Gewohnt, in häuslichen
Dingen in Abwesenheit
ihres von Geschäften viel
beansprnchten Nlannes
allein vorzngehen, setzte sie
sich fofort an den Lchreib-
tifch und verfaßte einen knrz
nnd klar gehaltenen Brief
an die Baronin, worin fie
derselben erklärte, daß dcr
Tindrnck, den fie von der
hcntigen si>robe gewonnen
habe, fie im Interesse ihres
Aindes veranlaffen müsfe,
cin energisches Veto gegen die Rnßscene einznlegen. Man möge
entweder die Rolle einer andern Araft übertragen oder die Anß-
fcene streichen — knrz, ein Answeg müffe gefnnden werden! Sie,
die Tommerzienrätin, fei gewiß nicht als engherzig verschrieen,
aber daß ihr Rind sich von einem Lientenant in Gegenwart
von ein paar hnndert INenfchen und darnnter wieder einigen
Dntzend boshafter Frenndesseelen anch nnr znm Lchein nnd für
die Armen küffen laffen müffe, das gehe nnn einmal nicht an!
Gefprochen wnrde weiter über die Lache nichts.
Lmma aber ließ das Röpfchen hängen, gieng, fonst ein
nimmermüder, neckischer Aobold, fchweigsam und nnglücklich im
lhans nmher nnd saß, wenn der Lientenant am Morgen zn
einer längst hinter den Tonliffen genan normierten Ltnnde an
ihrem chenster vorüberritt, dicht ain Borhang, mit einer Leidens-
miene, welche allein ihm eine Ahnnng des gefchehenen Anheils hätte
beibringen miiffen, wenn er nicht ohnedies fchon dnrch die Baronin,
fcine Gönnerin nnd Frenndin, über Alles nnterrichtet gewesen wäre.
Lin Answeg — das war anch sein Sinnen und Trachten!
Die fchöne, liebreizende partnerin dnrfte ihm nicht entriffen
werden — nein, nicht einmal die Rnßfcene, nnd diese gerade
dnrfte nicht fehlen! Inst nicht wegen der Ltadtarmen — aber —
So kam der Tag der chanptprobe heran. Lmma repetierte
Morgens in ihrem Schlafzimmer ihre ganze Rolle — sie faß
prächtig, aber was half all' das? voransfichtlich blieb fie ja
doch nnverwertet sitzen l Ach, nnd wenn er die Rolle mit einer
Anderen spielen würde, wenn er eine Andere auch nnr zum
Lchein — o, ein Gefühl, deffen sie sich noch nie so dcntlich be-
wnßt gewesen war, wie hente, trieb ihr heiße Thränen in die
Augen nnd sie bekannte sich fchlnchzend, daß fie dem hübschen
Lientenant noch weit mehr gnt sei, als es der Dichter des Lnst-
fpiels von ihrcr Rolle verlangte.
Traurig nnd gewitterschwcr verstrich der Morgen — die
Mutter fprach noch immer
nicht, aber anf ihrein ern-
sten Gesichte las das Mäd-
chen einen unbarmherzigen
Lntschlnß.
Da plötzlich gieng die
Rlingel. Mama wnrde in
den Lalon gernfen, nach
Rnrzem anch st>apa ans
dein Roinptoir heranfge-
holt. Linma wnßte nicht,
wer gekoinmen war, was
verhandelt wurde — aber
es lag ihr eine Bangigkeit
auf der Leele, als wollte
nnd müßte es sich gerade
s nin sie und ihr Teuerstes
handeln. stllötzlich trat das
Mädchen ein und bat sie
in den Salon.
Mit klopfendem Ljerzen,
ohne irgend einen klaren
Gedanken über das Lchreck-
liche, das ihr bevorstehen
würde, trat fie ein; aber
das Blnt fchoß ihr fofort
glühend in's Gesicht, als
fie fah, wer da vor ihr
stand — Ldnard von Blind
in Gala, was die unge-
henerlichsten Ideen er-
wecken mußte l
Und es war anch was Ungehenres iin kverkel
Unter lächelndem Beirat der Baronin hatte er den einzigen
Answeg gefnnden, der eine strenge Mntter mit einein Rnß ver-
söhnen konnte, nnd jnst eben fchneidig, frischweg nnd herzlich
um die lhand Lmma's angehalten, indem er den schüchtcrnen
Beisatz wagte, er glanbe, sie fei ihin gnt.
Der Loininerzienrat war dem hübschen Mffizier immer ge-
wogen gewesen, aber anch seine Fran strecktc, mit dem ihr eigenen
klugen und raschen Lntschlnffe, vor einein fo ehrlichen Angriff
die Ulaffen, nnd zehn Ulinuten fpäter hatte in die Ljerzen der
beiden verliebten Verlobten der obligate ganze Ljimmel feinen
Linzng gehalten nnd fchaute lachend bei vier Angen herans.
Abends waren si>axa nnd Ulaina mit bei der Hauxtprobe
und eine gewiffe Feierlichkeit lag auf dem Gesichte der Fran
Tommerzienrätin, welche ihre tnschelnden Frenndinnen fich
gcradc heute nicht erklären konnten.
Lin Lustspielkuß.
der
„Aber, INama," rief Lmma i>: tiefste Glnt getaucht,
Dichter hat sie nun einmal hineingeschrieben I"
„I>er Dichter wird dabei Berufsstneler im Ange gehabt
haben — für dich gegeniiber einem fremden jnngen INann hat
cr fie jedenfalls nicht geschrieben!"
„Aber L — cherr von Blind ist doch kein Freinder bei nns!"
siüsterte Lmma.
„Lr ist ein chremder, wenn es folche Berhaltnisfe betrifft",
nnterbrach fie die Nutter nnd maß fie mit einein strafenden
Blich „und was noch mehr, er ist ein Lieutenant! Innge
Gffiziere find allerdings für derlei Dinge sehr eingenoinmen." —
„Aber, INama," fenfzte Lmma, „er küßt mich ja nicht wirklich!"
„wer glanbt das, wer sieht das — wer kann das unter-
scheiden? wenn Ihr nicht fchlecht fpielen wollt, mnß die Lcene
den Lchein der lAirklichkeit erwecken". —
„Bein," schlnchzte das
INädchen, „INama, ich
schwöre dir, es waren hent'
bei der j?robe noch min-
destens sechs NNllimeter da-
zwischen". —
„Ganz gleich, ein Nläd-
chen darf fich anch das nicht
gefallen laffen!"
„Bon einein Anderen
ließe ich's mir anch nicht
gefallen!" platzte Lmma
in hellen Thränen herans.
Die Tommerzienrätin
öffnete die Angen groß nnd
fagte gar nichts mehr. Also
f o stand's! Da hieß es ja
energisch dazwi f ch enfahren!
Gewohnt, in häuslichen
Dingen in Abwesenheit
ihres von Geschäften viel
beansprnchten Nlannes
allein vorzngehen, setzte sie
sich fofort an den Lchreib-
tifch und verfaßte einen knrz
nnd klar gehaltenen Brief
an die Baronin, worin fie
derselben erklärte, daß dcr
Tindrnck, den fie von der
hcntigen si>robe gewonnen
habe, fie im Interesse ihres
Aindes veranlaffen müsfe,
cin energisches Veto gegen die Rnßscene einznlegen. Man möge
entweder die Rolle einer andern Araft übertragen oder die Anß-
fcene streichen — knrz, ein Answeg müffe gefnnden werden! Sie,
die Tommerzienrätin, fei gewiß nicht als engherzig verschrieen,
aber daß ihr Rind sich von einem Lientenant in Gegenwart
von ein paar hnndert INenfchen und darnnter wieder einigen
Dntzend boshafter Frenndesseelen anch nnr znm Lchein nnd für
die Armen küffen laffen müffe, das gehe nnn einmal nicht an!
Gefprochen wnrde weiter über die Lache nichts.
Lmma aber ließ das Röpfchen hängen, gieng, fonst ein
nimmermüder, neckischer Aobold, fchweigsam und nnglücklich im
lhans nmher nnd saß, wenn der Lientenant am Morgen zn
einer längst hinter den Tonliffen genan normierten Ltnnde an
ihrem chenster vorüberritt, dicht ain Borhang, mit einer Leidens-
miene, welche allein ihm eine Ahnnng des gefchehenen Anheils hätte
beibringen miiffen, wenn er nicht ohnedies fchon dnrch die Baronin,
fcine Gönnerin nnd Frenndin, über Alles nnterrichtet gewesen wäre.
Lin Answeg — das war anch sein Sinnen und Trachten!
Die fchöne, liebreizende partnerin dnrfte ihm nicht entriffen
werden — nein, nicht einmal die Rnßfcene, nnd diese gerade
dnrfte nicht fehlen! Inst nicht wegen der Ltadtarmen — aber —
So kam der Tag der chanptprobe heran. Lmma repetierte
Morgens in ihrem Schlafzimmer ihre ganze Rolle — sie faß
prächtig, aber was half all' das? voransfichtlich blieb fie ja
doch nnverwertet sitzen l Ach, nnd wenn er die Rolle mit einer
Anderen spielen würde, wenn er eine Andere auch nnr zum
Lchein — o, ein Gefühl, deffen sie sich noch nie so dcntlich be-
wnßt gewesen war, wie hente, trieb ihr heiße Thränen in die
Augen nnd sie bekannte sich fchlnchzend, daß fie dem hübschen
Lientenant noch weit mehr gnt sei, als es der Dichter des Lnst-
fpiels von ihrcr Rolle verlangte.
Traurig nnd gewitterschwcr verstrich der Morgen — die
Mutter fprach noch immer
nicht, aber anf ihrein ern-
sten Gesichte las das Mäd-
chen einen unbarmherzigen
Lntschlnß.
Da plötzlich gieng die
Rlingel. Mama wnrde in
den Lalon gernfen, nach
Rnrzem anch st>apa ans
dein Roinptoir heranfge-
holt. Linma wnßte nicht,
wer gekoinmen war, was
verhandelt wurde — aber
es lag ihr eine Bangigkeit
auf der Leele, als wollte
nnd müßte es sich gerade
s nin sie und ihr Teuerstes
handeln. stllötzlich trat das
Mädchen ein und bat sie
in den Salon.
Mit klopfendem Ljerzen,
ohne irgend einen klaren
Gedanken über das Lchreck-
liche, das ihr bevorstehen
würde, trat fie ein; aber
das Blnt fchoß ihr fofort
glühend in's Gesicht, als
fie fah, wer da vor ihr
stand — Ldnard von Blind
in Gala, was die unge-
henerlichsten Ideen er-
wecken mußte l
Und es war anch was Ungehenres iin kverkel
Unter lächelndem Beirat der Baronin hatte er den einzigen
Answeg gefnnden, der eine strenge Mntter mit einein Rnß ver-
söhnen konnte, nnd jnst eben fchneidig, frischweg nnd herzlich
um die lhand Lmma's angehalten, indem er den schüchtcrnen
Beisatz wagte, er glanbe, sie fei ihin gnt.
Der Loininerzienrat war dem hübschen Mffizier immer ge-
wogen gewesen, aber anch seine Fran strecktc, mit dem ihr eigenen
klugen und raschen Lntschlnffe, vor einein fo ehrlichen Angriff
die Ulaffen, nnd zehn Ulinuten fpäter hatte in die Ljerzen der
beiden verliebten Verlobten der obligate ganze Ljimmel feinen
Linzng gehalten nnd fchaute lachend bei vier Angen herans.
Abends waren si>axa nnd Ulaina mit bei der Hauxtprobe
und eine gewiffe Feierlichkeit lag auf dem Gesichte der Fran
Tommerzienrätin, welche ihre tnschelnden Frenndinnen fich
gcradc heute nicht erklären konnten.
Lin Lustspielkuß.
der