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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 11.1892 (Nr. 92-104)

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https://doi.org/10.11588/diglit.26547#0181
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L. Meggendorfers ^umoristische Blätter.

^Ö2

Fritz und Franz.

wieder die beiden ^chliugel dalstnter!" innrmelte er und
schritt auf die Thüre zu.

„Ach laß sie nur, Theodor!" bat Frau Tlara, „ich
bin froh, daß sie glüeklich eine Beschäftigung haben Sre
maeben mit dem Mertens den Stall zurecht."

„Ich wünsche, das Vest stürbe unterwegs!" sagte
ärgerlich der Doktor und durchmaß das Zimmer nnt
langen Schritten. „Ich weiß gar nicht, was deinem
Sruder nur einfällt, er ist doch, weiß Gott, sechsund-
dreißig Zahre alt, da sind solche Tollheiten nicht mehr
am platz!"

„Za, es ist ärgerlich!" pflichtete seine Frau bei, „auch
!Niua schimpfte, sie hätte sonst noch allerhand zu thuu,
nun muß sie am Herd stehen und sür das vieh Suppe
kocheu, das hat sicher Hunger nach der laugen Lisenbahn-
fahrt!"

„So" sagte sie dann, als der Vaum mit Älberfäden
umsponnen war,„fertig ist soweit nun Alles; sie werden
nun auch wohl jede Miuute kommen." —

Fritz und Franz saßen in seltener Lintracht
bei einander, sie hatten sich endlich nach
langen Debatten dahin geeinigt, daß die
Dogge „Tyras" getauft werden solle, wie
der deutsche Ileichshuud; nuu lauschten sie
gespannt hinaus, ob nicht bald ^chellenge
läute ertöne, denn Mertens war mit dem
Schlitteu zur 25ahu gefahreu."

„Du, sie koinmen!" rief Franz
plötzlich und puffte Fritz iu die
Seite, „hörst du, da knarrt schon
die Lsausthür'! Ach, weun wir
uur herausdürsten !" seufzte er
kläglich und hüpstd von einem
Fuß auf deu andern."

„Franz, ich höre sie
schon kommen!" flüsterte
Fritz, welcher das Mhr gegen
das F>chlüsselloch drückte.

„Dnmmkopf!" sagte
Franz, das ist doch der On'kel,
er spricht mit Papa, nun
gehen sie in die Mohnstnbe.

Sie veruahmen entfern-
tes Stimmengeräusch, dauu
erscholl plötzlich eiu schalleudes,
nicht endeu wollendes Gelächter,

Fritz und Franz sahen sich
sragend an.

„Meshalb sie nur
so lacheu mögeu?" meiute
Franz nachdenklich.

„O, sie macht
sicher ihre Runststückchen!"
sagte Fritz.

Da ertönte drinnen die
Klingel, das Zeichen, daß ihre Ge-
duldprobe zu Tnde sei, sie rissen
die Thüre auf und stürmten über
den Aorridor in das im Lichter-
glanz strahlende Zimmer.

„Mo ist sie?" „Mo hast
du sie, Onkel?" schrieen beide
einstimmig und blickten prüfend
um sich, Fritz lag schon unter
dem Tisch.

Mieder ertönte helles Gelächter.

„Zungens" stieß der Onkel atemlos
hervor, „kommt her, ich habe Tuch keine
Dogge mitgebracht, aber eine Tante!

Da schaut her!"

Zetzt erst bemerkten die Beideu die junge Dame,
welche ueben dem Onkel stand und sich, noch immer
lachend, die helleu Thränen aus den 2lugen wischte.

Nun trat sie hervor nnd schritt auf die Beiden zu,
„es thut mir herzlich leid" lachte sie,„daß ich Tuch ch
euttäuscht habe, aber ich hoffe, wir werden trotzdem noch
gute Freunde, nicht wahr?" sagte sie freundlich und hielt
ihnen ihre bsand hin, welche aber nicht ergriffen wurde,
denn Fritz und Franz standen hoffnuugslos da, sie waren
aus alleu Lsimmeln gefallen.

„Line Tante!" murmelte Fritz.

„Reine Dogge!" seufzte Franz. —

„Na, wie war's denn mit der Dogge?" frug Mertens
am andern Morgen und zwinkerte verschmitzt mit seinen
kleinen Augen, ich "habe sa keiue Spur vou dem Dieh gesehen!"

„pst, Mertens, sei still!" flüsterte Fritz und Franz,„sag
er'schitte.Niemand, es war gar keine Dogge, es war nur eine
Tante!"

Äm Weibttachtsaöettb!

Die Glockeu im alten Airchenturm
Die läuten das Thristfest ein.

Am Kenster, von Zmmergrün umrankt,
F-itzt wartend ein Mütterlein.

Ts leuchtet der Thristbaum lauge schon^
Ts gilt sa dem einzigen Glück;

2lus fernstem Lande kommt ihr Sohn
Nach einem Zabrzehnt zurück!
 
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