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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 12.1893 (Nr. 105-117)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20271#0083
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Wien

Bpernring lS.

München

Lorneliusstraße ld

H!15.

Abonnement pro Vnartal 3 Mark, bei allen Buch- nnd Aunsthandlu^en ZeiMngs-
Lrveditionen nnd Oostäintern (Zt.-Nr.3959.) Lmzelne Nmnmer 2v L,. ^nserate 50 ^
die^ Nonxareille-Zeile. Jnseraten-Annahme Miinchen, Lorneliusstratze 19 und durch
sämtliche Annoncen-Lxpeditionen.

Der Zormtagsjäger.

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^sls wär' er angestellt, das Mild zn schonen,
^ ^at er umsonst sich auf der Iagd geplagt,
Und als ihm schließlich fesilten die Patronen,
verschoß er sclbst sich — in des LLrsters Magd.

(Alle Rechte für sämtliche Artikel und Illustrationen vorbelmlten).

Die Laarlocke.

Humoreske von N). Tetzlaff.

l^rau Alara saß mit verweinten Augen an dem großen
O eichenen Schreibtisch ihres Gatten und bemühte sich, mit ^ilfe
einer Stecknadel eine kleine schwarze Lsaarlocke in ein Medaillon,
welches sie aber auch nur mit den äußersten Spitzen ihrer Linger
auf der Schreibunterlage festhielt, zu schieben.

Als es eben gelungen, schlug die Utzr im Nebenzimmer zwei.

Sie sxrang erschrocken auf und sah nach ihrer Taschenuhr.
Zn demselben Augenblick wurde draußen an der Aorridorthiir'
geschlossen.

Sie trocknete schnell die Augen und ließ das Medaillon in
die Tasche gleiten. Dann trat sie vor dmr Spiegel und bemühte
sich, ihre herabhängenden Mundwinkel etwas höher zu lächeln.
Aber noch ehe ihr dies gelungen, trat der überraschend Äommende
schon ins Zimmer.

„Da bin ich wieder, mein Lngell" rief er lachend und lief
zu der am Sxiegel Stehenden.

Sie wandte sich schnell ab und zog ihre Hand, welche er
fassen wollte, zurück.

„Ach, bist Du böse, Alärchen?" rief er erstaunt.

„Wie?" kam es zitternd von ihren Lixxen.

„Bin ich zu lange ausgeblieben?"

„Jch — ich weiß es nicht."

„Du weißt — ach, Du hast ja geweintl"

Sie sah in den Sxiegel und betrachtete ihr Gesicht.

„Ich habe nicht geweint", sagte sie ruhig.

„Aber was ist denn, mein Näuschen?!"

„Gar nichts, Gtto."

„Gar nichts?"

„Nein."

Er zog sie nach dem Fenster und sah ihr in die Augen.

„Und doch hast Du geweinti" rief er.

„Das denkst Du nur, Vttol" leugnete sie und versuchte zu
lächeln, was ihr aber nicht gelang.

„Aber was hast Du denn nur?I"

„Wirklich, gar nichts, Dtto I"

Lr zog sie an sich und faßte ihr Rinn.

„Sei doch offen, Ulärchenl" bat er. „k)at Dich Iemand
geärgert?"

„Nein I"

Sie wand sich aus seinen Armen und ging nach dem anderen
Fenster.
 
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