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L. Me g g en d o r fe r s L) u morist ische Blätter.
Äine Schrverenöierin.
bogleitet hat, Pepi, was ist denn dcr?"
„Lrster Liebhaber!"
„Ah — wc> ist er denn engagiert?"
„Bei mirl" _
Die rüer Nuben.
Urtbnr kann Gretc empfing ihn vall Zärtlichkeit; aber das
geheimnisvolle Lächeln wich nicht vcm ihrem Gesicht. Sie fnhrte
ihn in's Lßzimmer. Uer Banrat hatte noch den letzten Bissen im
lUunde, da stand Grete als die erste auf nnd schlug ein Spielchen vor.
„Nann?" machte der Alte.
„Dn hast wohl keine Lust?" fragte Arthnr.
„Ich? V ja," kante der Baurat, „aber" — er dentete mit
den Zlngen auf seine Tochter.
„Nein, nicht aber, jdaxa! Ich habe große Lnst," betcuerte Grete.
Zlrthur richtete einen forschenden Blick anf sie. Sie drehte
sich kurz um und gieng voran in's lvohnzimmer. Der Spieltisch
war tadellos arrangiert.
Zlrthur begann zu mischen. Da kam wieder Leben in das
arme Gesindel. Der Tarreaubube, vorwitzig wie immer, konnte
es nicht erwarten, die grüne Tischdecke zu sehen, die sein Lut-
zücken war. Als Grcte abhob, entschlüpfte er ihren Fingern,
überschlug sich gewandt in der Luft und lag anf dem Rücken,
mit blitzenden Angen die Umgebnng musternd.
Arthur fieng den Flüchtling ein nnd wollte ihn gleichmütig
wieder in die Uarte einschieben. Da kam er aber schön an.
Mit ciner Bestimmtheit, die man nicht an ihr kannte, erklärte
Grete, daß crst noch einmal gcmischt und noch einmal abgehoben
werden müsse, ehe das Sxiel weitergehen dürfc. Und dem verblüsf-
tcn Bräutigam blicb nichts übrig, als ihr den lvillen zu thun.
Das Sxiel nahm seinen Fortgang. Der Banrat spielte ein
gewagtos piquesolo, das berüchtigte Solo mit siebcn Trümpfen.
Noch drei Aarten wareu in seiner bhand, die Uatastroxho nahte.
Lr stiitzte den Aopf und fieng an, seinc Stiche nachzuzählen.
kvie von der Tarantel gestochen fuhr Grete auf und legtc
energische verwahrung gegen diese lare kjandhebnng der Spiel-
regcln ein. Arthur uud dcr Baurat sahen erst die stronge
Mahnerin, dann cinander mit wachsondem Lrstaunen an. Aber
mit unerschüttcrlichem lfeldenmut hielt sie stand.
Der Baurat fügte sich, das Spiel gieng weiter. Uut
grimmigem Lifer, eine untadelige jdriostorin des Spiels, wachte
Grete über die jdflege desselben, rügte jedc verletzung der
Regeln und verrichteto selbst mit Lnngebung ihren Vpferdienst.
Mit Bogeisternng griff sie an, wenn sie die Uebermacht hatte,
bis anf's Messer wehrte sio sich, wonn sie in die Lnge getrieben
wurde. Das war ihr Gehcimnis. Sie wollte Geschmack ge-
winnen am Sxiel nm jeden jdreis; sie spielte nicht mehr mit,
weil sie mußte, sie spielte, wcil sie wollte. Sic besiegtc sich
selbst, um desto sichcrer ihn zu bcsiegcn.
Dem lUutigen hilft das Glück. Sie duldeto bald nicht
mehr, daß man mit ihr spielte; sie spielte mit ihren jdartncrn.
Der Treffbnbc schie» feurige Aohlen anf ihr thaupt sammeln
zu wollcn. Sie hatte ihn von seiner Dame gcrissen; er hcftete
sich dafiir an ihre Uand. Und er kam nicht allein. Lr brachte
seine Brüdcr mit, fnrchtbare Bnndesgenossen. Den melancholischen
Landsknecht, dor doch so grimmig d'reinzuschlagcn wußte, den
lherzbubcn, der mit süßcr Grazie Damen und Aönige fortführte,
als gicng es znm Tontre. Anch den unstäten Tarroaubnben
schlexpte er von Zoit zu Zeit herbci, den frechen Schlingol, der
so wohl den Zeitpunkt abzuwarten verstand, wenn kcin Mächtigerer
in der Nähe war, nm dann wie ein Raubvogol auf das Gesindel
der Niederen herabznstürzen. Dor Treffbube führte sie von Sicg
zu Sieg, mit blntendcm Ljerzen. Denn nirgcnds fand er seine
Damo. Grete wußte nichts von diesen Leiden. Mit jcdem Lr-
folg sticg ihr Lnthnsiasmus. Der Baurat sah aus den Rauch-
wolken seiner pfeife wie ein zürnender Iuxiter, denn er
vcrlor stetig. Und ?lrthur wurdc es unheimlich.
Die Leidenschaftlichkeit Gretchens war ihm peinlich. In
seiner Oorliebe für das Spiel hatte er os reizend gefunden, ein
liebliches, geliebtes Mädchen zur jdartnerin zu haben. Sie hatte
die Uarten so cntzückend nngeschickt gehaltcn, die Aunstausdriicke
hatten in ihrem Mund so köstlich komisch geklnngcn, ihr Lrnst
hatte ihn belustigt, ihrc bjeiterkeit ihn bogeistert, er hatte eiuen
reizenden Uamcradcn in ihr gesehcn. Aber er war feinfühlend, ob-
wohl er ein Skatspieler war. Lr begriff, daß eine spielende Frau nur
so lange anmutig ist, als sie übor dem Spiel nicht sich solbst vergißt.
Grete aber schien wirklich den Aopf zu verlieren. Das
Lächeln war verschwnnden. Sie war ganz Feuer, ganz Lnergie,
ganz Begiorde. Das Gesicht glühte, die Augen blitzten — sie
war immer noch reizend, aber sie war nicht mehr lieblich.
Das Alles sah Arthnr und es ängstigte ihn. Die Lr-
holuug wurde zur Arbeit, das unschnldige vergnügen zn oinem
angstvollen gierigen Ringcn, die licben Frcunde zu verhaßten
Gegnern — es war wie ein Flnch uud lächerlich zugleich. Line
nngeheuro Pcrspektive eröffnete sich ihm in diescm Augenblick,
L. Me g g en d o r fe r s L) u morist ische Blätter.
Äine Schrverenöierin.
bogleitet hat, Pepi, was ist denn dcr?"
„Lrster Liebhaber!"
„Ah — wc> ist er denn engagiert?"
„Bei mirl" _
Die rüer Nuben.
Urtbnr kann Gretc empfing ihn vall Zärtlichkeit; aber das
geheimnisvolle Lächeln wich nicht vcm ihrem Gesicht. Sie fnhrte
ihn in's Lßzimmer. Uer Banrat hatte noch den letzten Bissen im
lUunde, da stand Grete als die erste auf nnd schlug ein Spielchen vor.
„Nann?" machte der Alte.
„Dn hast wohl keine Lust?" fragte Arthnr.
„Ich? V ja," kante der Baurat, „aber" — er dentete mit
den Zlngen auf seine Tochter.
„Nein, nicht aber, jdaxa! Ich habe große Lnst," betcuerte Grete.
Zlrthur richtete einen forschenden Blick anf sie. Sie drehte
sich kurz um und gieng voran in's lvohnzimmer. Der Spieltisch
war tadellos arrangiert.
Zlrthur begann zu mischen. Da kam wieder Leben in das
arme Gesindel. Der Tarreaubube, vorwitzig wie immer, konnte
es nicht erwarten, die grüne Tischdecke zu sehen, die sein Lut-
zücken war. Als Grcte abhob, entschlüpfte er ihren Fingern,
überschlug sich gewandt in der Luft und lag anf dem Rücken,
mit blitzenden Angen die Umgebnng musternd.
Arthur fieng den Flüchtling ein nnd wollte ihn gleichmütig
wieder in die Uarte einschieben. Da kam er aber schön an.
Mit ciner Bestimmtheit, die man nicht an ihr kannte, erklärte
Grete, daß crst noch einmal gcmischt und noch einmal abgehoben
werden müsse, ehe das Sxiel weitergehen dürfc. Und dem verblüsf-
tcn Bräutigam blicb nichts übrig, als ihr den lvillen zu thun.
Das Sxiel nahm seinen Fortgang. Der Banrat spielte ein
gewagtos piquesolo, das berüchtigte Solo mit siebcn Trümpfen.
Noch drei Aarten wareu in seiner bhand, die Uatastroxho nahte.
Lr stiitzte den Aopf und fieng an, seinc Stiche nachzuzählen.
kvie von der Tarantel gestochen fuhr Grete auf und legtc
energische verwahrung gegen diese lare kjandhebnng der Spiel-
regcln ein. Arthur uud dcr Baurat sahen erst die stronge
Mahnerin, dann cinander mit wachsondem Lrstaunen an. Aber
mit unerschüttcrlichem lfeldenmut hielt sie stand.
Der Baurat fügte sich, das Spiel gieng weiter. Uut
grimmigem Lifer, eine untadelige jdriostorin des Spiels, wachte
Grete über die jdflege desselben, rügte jedc verletzung der
Regeln und verrichteto selbst mit Lnngebung ihren Vpferdienst.
Mit Bogeisternng griff sie an, wenn sie die Uebermacht hatte,
bis anf's Messer wehrte sio sich, wonn sie in die Lnge getrieben
wurde. Das war ihr Gehcimnis. Sie wollte Geschmack ge-
winnen am Sxiel nm jeden jdreis; sie spielte nicht mehr mit,
weil sie mußte, sie spielte, wcil sie wollte. Sic besiegtc sich
selbst, um desto sichcrer ihn zu bcsiegcn.
Dem lUutigen hilft das Glück. Sie duldeto bald nicht
mehr, daß man mit ihr spielte; sie spielte mit ihren jdartncrn.
Der Treffbnbc schie» feurige Aohlen anf ihr thaupt sammeln
zu wollcn. Sie hatte ihn von seiner Dame gcrissen; er hcftete
sich dafiir an ihre Uand. Und er kam nicht allein. Lr brachte
seine Brüdcr mit, fnrchtbare Bnndesgenossen. Den melancholischen
Landsknecht, dor doch so grimmig d'reinzuschlagcn wußte, den
lherzbubcn, der mit süßcr Grazie Damen und Aönige fortführte,
als gicng es znm Tontre. Anch den unstäten Tarroaubnben
schlexpte er von Zoit zu Zeit herbci, den frechen Schlingol, der
so wohl den Zeitpunkt abzuwarten verstand, wenn kcin Mächtigerer
in der Nähe war, nm dann wie ein Raubvogol auf das Gesindel
der Niederen herabznstürzen. Dor Treffbube führte sie von Sicg
zu Sieg, mit blntendcm Ljerzen. Denn nirgcnds fand er seine
Damo. Grete wußte nichts von diesen Leiden. Mit jcdem Lr-
folg sticg ihr Lnthnsiasmus. Der Baurat sah aus den Rauch-
wolken seiner pfeife wie ein zürnender Iuxiter, denn er
vcrlor stetig. Und ?lrthur wurdc es unheimlich.
Die Leidenschaftlichkeit Gretchens war ihm peinlich. In
seiner Oorliebe für das Spiel hatte er os reizend gefunden, ein
liebliches, geliebtes Mädchen zur jdartnerin zu haben. Sie hatte
die Uarten so cntzückend nngeschickt gehaltcn, die Aunstausdriicke
hatten in ihrem Mund so köstlich komisch geklnngcn, ihr Lrnst
hatte ihn belustigt, ihrc bjeiterkeit ihn bogeistert, er hatte eiuen
reizenden Uamcradcn in ihr gesehcn. Aber er war feinfühlend, ob-
wohl er ein Skatspieler war. Lr begriff, daß eine spielende Frau nur
so lange anmutig ist, als sie übor dem Spiel nicht sich solbst vergißt.
Grete aber schien wirklich den Aopf zu verlieren. Das
Lächeln war verschwnnden. Sie war ganz Feuer, ganz Lnergie,
ganz Begiorde. Das Gesicht glühte, die Augen blitzten — sie
war immer noch reizend, aber sie war nicht mehr lieblich.
Das Alles sah Arthnr und es ängstigte ihn. Die Lr-
holuug wurde zur Arbeit, das unschnldige vergnügen zn oinem
angstvollen gierigen Ringcn, die licben Frcunde zu verhaßten
Gegnern — es war wie ein Flnch uud lächerlich zugleich. Line
nngeheuro Pcrspektive eröffnete sich ihm in diescm Augenblick,