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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 15.1893 (Nr. 144-154)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20273#0023
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L. Meggendorfers Huinoristische Blätter.

23


seinen Sekretär: „Sie essen an meinem Tische mit/' sagte er
leise, „nur ein klciner Umstand, — Sie werden ja sehen, —

meine Lnkelin, das gute Lind-/' hier strich der alte Ljerr

mit den Fingerspitzen iibcr scine Stirn, — „es ist durchans nicht

schlimm, nicht auffällig; indessen-niin, Sie wissen ja jetzt

Bescheid. Bitte, kommcn Sie."

Dem neugebackenon Sekrctär war es schon bei den ersten
Utorten des alten kserrn gewesen, als ob ihin ein Maikäfer
iiber die Fußsohle krabbelte. „Der cherr nicht richtig iin Uopfe,
die Lnkelin iin Uopfe nicht klar und der alte Diener niindestens
ein schwatzhafter Lsel. — — tfeiliger Nepomuck von jdrag,
da wäre ich am Ende der cinzige gescheite Niensch auf dem
gesegneten Taternberge?!"

Und niin stand er der Lnkelin gegenüber. Er hatte bis
vor wenigcn Aiigenblicken noch keine Zlhnnng von ihrer Existcnz
gehabt. Aber wenn auch, — der Lindrnck, den Lllen Forster auf
ihn inachtc, konnte nicht gewaltiger sein.

„Und dieses herrliche Geschöpf soll-"

Arthnr wagte den Gedanken gar nicht aus-
zudenken. Lr kam auch gar nicht dazn. Da
stand dor snßeste, ncckische Uobold vor ihm,
der sich je in wciblichem Gewande dcn sterb-
lichen Ulenschcn gezeigt hat. Anf den vollen
Griibchenwangen bliihten die iippigsten
Rosen, nnd das Licht dcr braiinen Angcn
leuchtete ihm mit bclcbender Wärme in das
kserz hincin.

Und dennoch, — 2lrthnr kämpfkc gcgen
diesen Gedanken an, aber seine eigenen Beo-
bachtnngen zwangen ihm denselbcn immer
wieder auf — —, als er jetzt bei Tische ihr
gegenübcr saß, — trotz aller miiiiteren jdlau-
derci, — die jnnge Dame schien von einer
gcwissen, nicht zn dcfinierenden Seelenstim-
miing beherrscht zu wcrdcn. Sie beobachtete
ihn verstohlen, blickte ihn znwcilen priifend
von der Seite an, als ob sie ihn anf einen
ganz besonderen Umstand hin beargwohne,
dessen er sich vergeblich klar zn wcrden suchte,
bis er zufällig den gleichfalls verstohlen auf
ihn gerichteten Blicken des alten kserrn bcgeg-
netc, welche ihm sagen zn sollen schienen:

„Siehst Dn, sie ist wirklich nicht ganz richtig
im Uopfe; also bitte, Schonnngl" — —

„Sonderbar >" Arthnr fiihlte ciniges Unbe-
hagen.

Das UUttagbrot war vornber. „Der Nachmittag gehört
Ihnen," erklärte kserr Forster sich von der Tafel erhebend, „ich
nchme nur Ihre Oormittage in Ansprnch. Gesegnete Mahl-
zeitl" Damit gab er Arthur die ksand und kiißte seine Enkelin
anf die Stirn.

„Schr nctt!" dachte Arthnr, „da hast Dn Zeit zu eigenen
Arbeiten. Aber vorerst wollen wir mal rekognoscieren. Uliissen
doch dcr guten Tante Ursel iibcr Land nnd Leute berichten."
Er zündete sich eine Eigarre an und eilte in den jdark. Nach
kurzcin lscrnmstreichen gclangte cr hier in cin sorgfältig ge-
pflegtes Blnmcnqärtchcn, in welchem Ellen Rosen schnitt.
„Ah-1"

„Ah-Dann bin ich rvohl anf vcrbotenen Ulegen?!"

„Nach Großväterchens N)illon freilich," Lllen lachte silbern
anf. „Aber bleiben Sie nnr nnd kommen Sie her so oft es

Ihnen gefällt; ich bin nicht so streng.-Lieber Gott-"

die jniige Dame wurde plötzlich ernst nnd ein leiser Tranerklang

Zerstrent.

fdrofessor: „Ule^er, kommen Sie zu mir aus's Uatheder —
Sie sind ja nicht wert, unter anständigen Ulenschen zn
sitzenl" ___

xapa,
ganz

zitterte durch ihre
melodiöseStimme.
„Der gnte Groß-
es ist nicht schlimin,
gewiß nicht, lherr
Ulolzendorf, ich versichere
Sie; nur znweilen, dann — "
Ictzt fiihlte sich Arthnr vcrsncht, lant anfznlachcn. Das
war ja cine tolle lDirtschaft anf dem gesegneten Tatcrnberge,
da hielt dcr Linc den Andercn fiir närrisch. Er unterdriickte
indessen seinen Lachkitzel, tippte dagegen in dorsclben lachlustigen
Stimnittng gcgcn seine Stirne, indom er seine Blicke tiof in die
dcr jnngcn Dame senkte.

„lVie — —? Sie haben schon bemerkt-?" Ulit sicht-

barem Bangen legte Ellen ihre weiße schmale lfand aus seinon

Arm —

(Schluß folgt.)

Die junge Dame blickte anf und lächeltc ihm entgegcn:
„ksier ist es hübsch, gelt?"

„Wnnderhübsch I" rief Arthur nnd trat herzn.

„Ist auch mein Gärtchen, das Großpapa ausschließlich fiir
mich hat anlegen lassen."

Kescheideu.

Ein Schnorrer ist zn Tisch geladen. Ls wcrden Lier hernm-
goreicht, nnd jcder nimnit sich ein Ei, nur der Schnorrer zwei.
l)o»i lfausherrn scherzhaft deshalb znr Rede gestcllt, nicint er
treuherzig: „s)ch hab mcr genommon ßwai, woil ich hab' geglanbt,
es wcrd nischt reichen, noch e Ulal de Reih'ze kommen an mirl"
 
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