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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 15.1893 (Nr. 144-154)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20273#0032
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32

L. ITIeggendorfcrs k)umc>ristische Blätter.


„2a wird sie sich riesig sreuenl" Arthur bog sich aus das
weiße ksändchen nieder, das sich bci dcn lehten Worten wieder
auf seinen 2lrm gelegt hatte; dann emxfahl cr sich.

Lllen Forster blickte dein jnngen Ulanno mit jeuem Interesse
nach, das sein und voruehm omxfindcudo Damen stets siir solche
Männer hegen, die sich ihnen gegeniibcr cincr Schwäche geziehen
haben. Arthur dagegen lachte lustig in sich hinein: „Das
kommt ja wie gernfeu. 2er 2ieuer nicht recht gescheidt, der
bserr nicht richtig im Aopfe, die 2ame im Gberstübchen nicht
klar nnd — der Sckretär seit einigen Sckunden wenigstens halb
verriickt -- —, da sehlst 2»

gerade noch, gute Taute Ursell"

Ls war Abend geworden.

Arthur wollte zu Bctte gehen,
da steckte der altc 2ioner nochmal
seinen Aoxf zur Thüre herein:

„Mas ich sagen wollte, bserr
Sekretär — — —."

„Ia, ja, ich weis; schon,
alter Meergrcis," lachte Arthur,

„2llles nicht rccht richtig im
Roxse aus dem Taternberge,
ich auch nicht. Gutc Nacht —."

2amit schob er den verduhten
altcn Mann hinaus uud machte
die Thüre zu. „lsm, hm, auch
uicht richtig?!" flüsterte dieser
draußen, iudem er koxfschüttelnd
seincr Alause zuschliirfte, „dann
sei der lhimmel uns gnädig l"
lsatte Arthur aber gemcint,
cr habe die Rätsel des Tatern-
berges schon ergründct, dann
hatte er sich geirrt. Lr lag
kaum eine halbe Stunde im
besten erstcn Schlummer, da
wurde er durch einen eigentüm-
licben Gesang gcwcckt, der
offcnbar aus ciner dcr Zlrkaden
herauf drang. „lsciliger Brahma
putral" Zlrthur lauschte nnd
lauschtc. „lvas ist denn das
cigcntlich sür ein souderbares
Licd? Aenne doch auch so
zicmlich alle möglichen und un-
möglichen Gasscnhauer, aber
dicsen — neinl" Langsam crhob
er sich von seinem Lager uud
blickte zu dem Fenster hinaus.

Der unsichtbare Sängcr sang
laut und krästig, aus voller Brust, uud wie es schien tanzte oder
sxrang er gar dazu, denn Arthurhörte regelmäßig hüxfendo Schrittc.
„2as ist ja putzigl" Der lserr Sekrctär suhr in seine Aleidcr
und eilte in den Garten hinab, „es geht mich freilich nichts an,
indossen ich kann doch mal schauen." Mit diesen Flüsterworten
trat er in demselbcn Augenblick zum Schlosse hinaus, als des
Mondcs blasse Schcibe mälich am lsimmel hinan schwamm nnd
den sdark mit ihrem milden Lichte überflutetc. llnd nun sah
er dcn nächtlichen Sänger in eincm langcn, saltigen Gewande
die Arkaden auf und ab hüpfcn. Ts war sein Brotherr, der
Aommerzienrat Trangott Forster. Ilnd das Lied, das cr zu
scinem Tanze sang? 2as Alxhabet von hinten mit cinigen
llchtelnoten in Rcimc gebracht:

Z. ls. X. w. v. ll.

T. S. R. CZ. P. G.

N. M. L. U. I. ls.

G. F. L. 2. L. B. A.

Arthnr hätte Radschlagcn mögen bei dem sonderbaren
Augcn- nnd Ghrcnschmause. In diesem Augenblick gewahrte
ihn lserr Forster. „Lhel lscrr wolzendorf, auch noch auf?"
„wohl, lserr Aommcrzieurat, hörto Sie siugen, darum —
„Iahahaha l Z. ls. X. w. v. ll. sehcn Sio, mein Licberl"
ljcrr Forster lachte, sang uud sxrang-und erzählte, „seitdcm ich

uicht mcbr zu Pferdc fteige,
T. S.; R. G. P- G. muß ich
der Vordauung wegcn, N. lll.

L. A. I. ls.-"

„Aber moshalb reiten Sie
denn nicht mehr?!"

„Ia, sehen Sie, G. F. L.
2. T. B. A. Da sitzt der Anoten
im Garne: Ellen, das gute
Rind, Z. ls. X. w. v' ll,
Sie wisscn ja, ist so nervös,
T. S. R. G. P. G. ängftigt
sich zu sehr, muß Ruhc habcu,
Schonung — —"

"I- so-»

„2as versteht sich, lserr
Rommerzienrat."

„Nicht wahr? N. M. L.

A. I. ls. Sie-"

„G. F. L. 2. L. B. A. - "
„llnd darum singcn Sie
dcm Fräulein das schönc Lied l"
wollte Arthur lacheud crwidcrn;
aber der lscrr lloinmerzieurat
war inzwischen von der Arkadc
hcrabgctreten uud hüxfte nun,
ihm lebhaft zunickend uudweitcr-
singend, in denmoudbcschieneucn
Park hinein.

„was dcr Monsch braucht,
das muß cr habcn I" lächclte
Arthur hintcr dcm alten lserrn
drein. Dann begab er sich nach
seinem. Zimmer zuriick, holte
— seine Flöte hervor, sctzte
sich damit an's Fenster, so daß
seine Beine nach dem park
hiuaus hiugcn und — blies den
Mond an, Z. p. X. w. v. ll,
während der lscrr Rommerzien-
rat nnten in den wegen nmhersxrang.

Linige Tage spätcr überraschte ihn Lllen bci Tisch mit der
Nachricht, daß Tanto llrsula schon am folgenden Tage eintreffen
wcrde. „Sie schreibt zu köstlich," lächelte das hübsche Mädcheu,
indem cs den Bricf entfaltete: „Ich xacke schon meinon Aoffcr,
mein liebes Fräulcin Lllcn, nud brenne vor verlangcn, Sio in
meine Arme zn schließen. Mein großer Iunge ist hoffeutlich
recht artig gcwescn, sodaß Sie mir nur Gutes von ihm erzählon
können."

„Sagte es ja glcich l" lachte Arthnr, „Tante llrsel kommt
sofort und nimmt ihron großcn Iungen wieder in die Ziche."

Bei diescn, mit tragischer Aomik gesxrochoncn wortcn,
lachte auch der lserr Uommerzienrat lustig auf. „Ls ist mir
 
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