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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 4.1891 (Nr. 1-13)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20269#0024
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L. Meggendorfers tzumoristischc Älätter.

(8

I) ie i b x l u ir g e n.

Ä Vortrag, gehalten in Bergervorein zn >Ncis;on
von Rektor Schmännnchen.

Nteine tstirrn!

Nnser Nazio-
nalEhboß „de
Nibelungen" is
bekanntlich ä
sehre langes
Gedicht, wes-
halb's geween-
lich nich ganz
ansgelesen
werd, was ja
schade aber nich
nnbegreislich is, denn so bedeitend es genannt
werden wuß, so leidet's doch

s. an Dunkelheet,

2. is Vieles nich klar drinne,

3. inanches andere ooch nich

nn zeigt der Verfasscr, der leider unbekannt
geblieben is, änne Vorliebe für Grausani-
keiten, worin er sich mit Lchäksbiern be-
gegnet un a gewissen NÜangel an 5cheen-
heitsgefiehl, das de allerdings Schäksbiern
nich abgesprochen is.

De Fabel des Gedichts is schnell erzählt:

Vor langen Aeiten lebte in IVorms der Aeenig
Gunther mit seiner hibschen 5chwester Arimhild.
Zu dän zwee Beedsn kam eenes Dags Aegsried,
der Aronbrinz der Niederlande aus Lesuck, un
wie där Arimhilden sahk un sie ihn, da vergafften
se sich in änander. Gunther aber hatte sei Ooge
aus eene gewisse Brunhild geworfen, änne Art
Nkannweib, die Neden, dersche heiraten wollte,
erscht zu ä Duell raussorderte un, wenn er ver-

lor, keppen ließ. N)eil nu Äegfried sehre stark
war, meente Gunther zu'n: Wenn de mer zu
Brunhilden verhilsst, gäb'ch d'r meine lvchwester
zur ^rau." „Bong!" sagte Äegsried un fuhr
mit Gunthern zu Brunhilden. Dort that er so,
als wenn'r Gunther wäre, duellirte sich mit'r, be-
siegte se un drickte sich dann heemlich zu Arim-
hilden. Dadraus machten se alle Niere bsochzeit.
Brunhild aber hatte 's eegentlich aus Siegsrieden
abgesähn un weil där sich aus nisclit nich einließ,
wurde se surijos un eenes scheenen Dags ging se
zu bjagen (was de ä Dienstmann war, der de bei
Gunthern in Aondition stand) un verabredete mit
dän, daß'r den andern Dag Nachmittags zwischen
drei un vieren öiegsrieden abmurksen sollte. Där
besorgte des ooch grindlich un bei där Gelegenheet
kam Siegfried um's Läben. Nu ging der Arakehl

los. Arimhild verheiratete sich ee zweetes Nial
wieder un hetzte ihren Ntann, den Aeenig Gtzel
aus: Gunthern un sei Gefolge zu eener großen
Gesellscbaft bei sich einzuladen, um se da besser

abmurksen zu kennen. bjagen merkte zwar Lunte
un riet ab; aber wie die sich nich abraten ließen,
ging er mit. 5e wurden ooch sehre nett bei
Gtzeln empfangen un gleich in's 5peisezimmer
gefiehrt. 2lber schon beim ärschten Gang kam
lhagen sei Bruder reingestürzt un schriek: „Na
Gott stras mich, ^hr kennt hier essen un uns schlagen
se derweile todt!" Da sprang natürlich Alles auf,
kjagen haute Etzeln seinen ܻungen, der gerade
vorbei ging, den Aopp runter, eene serchterliche
Aeilerei entstand un ä gewisser Volker spielte dazu
de Violine. Gtzel wurde natürlich sehre eklig,
verließ mit seinen Leiten den 5aal un versuchte
dann de Gäste auszureichern. N)ie das aber nich
ging, fichickte er Leite nein, die mußten sich mit'n
rumhauen, bis Aeener mehr iebrig blieb. Gunther
und lhagen waren de Letzten; die fingen se lebend'g,
un Arimhild haute erscht Gunthern un dann
Hagen den Aopp ab und dann haute wieder ä
Anderer Arimhilden den Aopp runter. Damit
heerte die bjauerei aus, die ja ooch lange genug
gedauert hatte, un damit is ooch's Lied alle.

kVemmer diese Grzählung iewerblickt, da werd
Gem als Zachse vor allen Dingen Gens klar:
U)är die Geschichte nich am Rheine, sondern an
der Glbe bassirt, da werde se nie den unange-
nehmen Gharakter angenomnien hamm, den se
ähm angenommen hat. !lNeeglich, daß ooch bei
uns ä ^agen — ausnahmsweise vorgekommen
wäre, aber de Nburkserei am 5chluß werde weg-
gesalleu sein —- das steht seste! Dazu sein mir
^achsen zu gebildet un zu gemiedlich, un außerdem
hamm mir ooch zu viel ^cheenheitsgefiehl, um änne
Dichtung so end'gen zu lassen.

U)enn 5e sich nu aber fragen, meine bjärrn,
wenn se denn diese wenig scheenen Gigenschasten,
die ähm uns 5achsen abgehn un die der Dichter
der Nibelungen unzweifelhast besitzt, wenn se die
wohl zntrauen wirden — da wärn se wohl nich
lange um de Antwort verlegen sein!

j)ch will's nich aussprechen, von wegm 'n lieben
Hrieden, aber ich gloobe: 5e wissen jetzt Alle, was
ser ä Landsmann der Dichter der Nibelungen
gewesen sein muß!

Un damit kann mer uns beruhigen, meine
kjärrn, un's National-Ghboß bei 5eite legen.


L i r fi e.

Ucbcr das Thema voin Lieben
Astirden schon Berge geschrieben,
Astirden schon Aieere geweint,
rvurdeu schon Thöre gelacht —
Demioch, wem's hcute erscheint,
2st's, als hätt' er's erst erdacht!
 
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