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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 4.1891 (Nr. 1-13)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20269#0070
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L. Meggendorfers tzumoristische Älätter.

67

Dornröschen.

von dem Lage an aber ward sie herbe gegen
ihre Hreier; denn immer dachte sie an den Zpruch
der Men und ihre Rede drang gleich spitzen Dornen
in die Herzen ihrer Anbeter — gar bald hieß sie des-
halb in der Tesellschaft nur mehr das Dornröschen.

Die Lltern verzweifelten schier; sie hätten so
gerne gehabt, daß ihre Lochter einem braven Nanne
die Hand reiche, sie hattcu sich's schou so schön aus-
gemalt, dereinst noch Lnkelchen auf dea Rnien zu
wiegen, und nun zog sich Röschen immer mehr von
allen Vergnügungen zurück und vollends die Männer
sloh sie förmlich — und da dieselben sahen, daß es
nicht bloße, leicht sich ändernde Laune war, was Röschen
bestimmte, also zu handeln, so versuchten sie anderweit
ihr Glück, und trugen ihre Herzen weiter hausieren. —
Rlle? Doch nicht! Linen gab es, der den Nut
nicht verlor — natürlich war das ein Vffizier.
Ihn hielt — merkwürdiger Weise — nicht allein die
Nitgift Dornröschens fest, sondern deren Lieblichkeit
und Anmut. Dieser dachte eines Cages bei sich:
„Nich zurückziehen? Lächerlich! Als ob Unser-
einer nicht wüßte die geschützteste Hestung zu Halle zu
bringen — sind alle andern Mittel vergeblich, muß
List zum Aiele führen. Tumme Linbildung mit
Keldsack da, als ob anständiger Aerl nicht wirkliche
Aeigung im Busen tragen könnte! Netter Aäfer
soll sich über 8eld frenen, wird ja dadurch solch
immens flotten und schneid'gcn Vff'zier, wie ich bin,
8elegenheit gegebcn, sie wirklich heimzuführen und
nicht blos anzuschmachten . . . avnnti . . . Äache
wird sich mit der Zeit schon machen . . ." Tarauf
trat er zum Spiegel, nahm den Läbel um, setzte den
Helm verwegen auf, klemmte das Nonocle ein und
betrachtete sich mit bewundernden Blicken, um sich
schließlich beide Mangen zu pätscheln und zu sagen:
„Z chöner Aerl, der Bchlauwitz, müßte doch mit dem
Ceufel zugeh'n, wenn kleine Arabbe nicht auf andere
Kedanken brächte . . .", machte „'nzes Bataillon
kärrrt", pfiff zum Avancieren und eilte, da es schon
stark auf zwei Uhr ging, daß er zum Mttagbrod
in's Aasino kam. —

„Herrje, der Lchlauwitz, Tornröschens j)rinz!..."
schrieen sie dort. „Aa sagen Sie mal, Ldler, wann
schreiten 5ie endlich mal zur Lntzauberung Ihrer
Prinzessin — die hundert Iahre müssen nu doch bald
um sein?" Ta aber wurde Achlauwitz krebsrot; denn
er kriegte es mit der A)ut und schrie entgegen:
„Tonnerwetter noch mal, jetzt wird mir die ewige
Hänselei denn doch zu bunt . . . im Nomaiw wird
hingegangen und angehalten, Luch invaliden Hähnen
werd ich mal zeigen, was schneidig freien heißt, in
vier Wochen ist voch^eit — Alle seid Ihr dazu ge-
laden und in Aekt will ich Luch tauchen, daß Ihr
vierzehn Tage lang Bogen schneidet wie beim Lchlitt-
schuhlaufenü" — „^e, Prinz, wollen Iie nicht was
Ltärkendes zu stch nehmen ehe Lie . . .", aber
Achlauwitz war schon fort, er hörte nicht mehr. —
„verfluchte Hitze," brummte er auf dem A)ege
vor sich hin, „schlimmer kann's bei Aamerad A)iß-
mann da drüben bei Tings da auch nicht sein als
hier bei uns . . . wenn Teschichte schies geht, dann
geh' ich 'rüber zu ihm . . . bis ich zu Aommerzien-
rat rauskomme, bin ich genügend trainiert, um an-
standslos dort drüben, na bei Tings da mitzumachen."

(Schluß folgt.)


<Zuk sufgepatzt.

Reisender: „Wecken Zie mich morgen, wenn der Aug abfährt!"
tzausknecht (a,n andern Morgen): „Terade fahrt der Zug ab.
Sie können ihn noch pfcifen hören."

(Dodrrne I^ömrrin.

I^uIIa 6ies sine linea
 
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