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Lothar Meggendorfers humoristische Blätter — 4.1891 (Nr. 1-13)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20269#0077
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L. Neggendorfers tzumoristische Vlätter.


I)ornröschen.

Lin modernes Märchen von tNüller-jdlattensteiner.
(Schluß.)

sch^

och

Lndlich war er nm Hause des Kommerzienrates
angekonnnen und trat mit einem langen Lchritte in
die Vorhalle. Lr holte ein paar male tief Atem,
aber so angenehm chm die Aühle war, so stel ihm
jetzt doch zentnerschwer aufs
Herz daß ihn Röschen, ivenn
er sich melden lassen
würde, wie immer so
auch heute abweisen
könnte... käme er nur
bis zu ihr, dann sollte
es seiner Zuada und
dem günstigen Lin-
drucke seiner Person
on gelingen — denn
aß auch sie ihn gern
hatte, hatte er wohl
gemerkt . . . aber die
Marotte! — sie zu über-
zeugen, dachte er — und
der Zusall war ihm gün-
stig. Aiemand von der
Iienerschaft war zu sehen,
der Portier schlief im Crep-
penwinkel und ein slüchtiger
Blick durch die Tlasthüre
in die Romptoirs
zeigte2chlauwitz,daß
auch dort.die außer-
ordentliche Hitze das
Personal überwältigt
hatte — Alle
lagen mit den
Aöpfen auf
den Büchern.

DaAchlau-
witz früher
sast täglicher
VastimHau-
se war, so
kannte er die
Räume und
stieg deshalb
die Lreppe
hinan, drück-
te sich an ein
paar schla-
fenden La-
kaien vor-
über und
schritt direkt auf die
mächer Tornröschens
auf den Aehen passierte er
die an dem Lingange schla-
sende Aammerjungfer, be-
trat das erste Zirnmer und
— schloß hinter sich ab.

Roch ein, zwei Zimmer
durchschritt er, endlich stand
er im Boudoir. ^Lr mußte seine Augen erst an die
hier herrschende Tämmerung gewöhnen, als das aber
geschehen war, bot sich ihm ein reizender Anblick:
auf einer Chaiselongue, unter der ihm so bekannten
Rosenlaube in der Hensternische, lag Dornröschen - -
auch sie war eingeschlafen. Hhne sich nur einen
Moment zu besinnen — bei Lieutenants ist das ein-

Te-

los;

mal so — ließ er sich vor ihr auf ein Rnie nieder
und als ihn ihre Anmut ganz und gar überwältigte
— küßte er sie seurig aus den Nund. Dornröschen
schlug die Augen auf und da sie nicht im Lntferntesten

dachte, daß dies Alirklichkeit
sein könnte, sondern die
solgerichtige ßortsetzung des
Lraumes, den sie soeben
gehabt, so — küßte sie ihn
innigst wieder, und man
kann sich denken, daßSchlau-
witz, der sonst im Schulden-
machen nicht gerade eng-
herzig war, hier eine Aus-
nahme für geboten hielt
und sofort mit Zins und
Zinses-Zinsen zurückzahlte,
so daß Dornröschen gänz-
lich erwachte und, sich der
Lituation bewußt werdend,
vor Lchreck und Lcham fast
in Vhnmacht stel.

Aun aber ösfnete Lchlau-
witz die Lchleusen seiner
Beredtsamkeit. „Enädiges
Sräulein," sagte er, die
Hand aus das heftig pochen-
de tzerz gepreßt, „was ge-
schehen ist, kann kein Kott
mehr ändern, ich preise das
Teschick darum und Lie
können nicht mehr zurück...

ein Rendezvous
bei verschlossenen
Thüren . . ! o
gestattenLie, daß
durch unsere ewi-
ge Ver-

einigung
dieser un-
überlegte
Zchritt
wett ge-
macht
werde..."
Nach die-
sen schö-
nen A)or-
tenwarte-
te er ängstlich des Lrfolges.

Dornröschen aberweinte,
daß es einen Stein erbar-
men konnte... „Äie lieben
mich ja doch auch nur um
meines Seldes willen," kam
es endlich zwischen den
Chränen hervor . . . „ach
wie unglücklich bin ich .. ."
„llnglücklich . . . also
lieben Bie mich?" jubelte Achlauwitz. „Ach ja, aber
ich kann nie die 2hre werden," sträubte sich Dorn-
röschen . . . „das Eeld . . . das 8eld . . ."

Run zeigte sich abcr Lchlauwitz in seiner ganzen
Kröße. „Mein gnädiges Zräulein," sagte er, „ich
verstehe nicht recht .. . Lie sprechen da immer von
Teld . . . wohl 2hre Mitgist . . . bitte sagen 2ie
 
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