MENZEL UND CONSTABLE
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in den Landschaften. Auch aus den übrigen Werken der-
selben Zeit scheidet eine beträchtliche Menge von Ge-
mälden aus, die nichts mit dem populären Genre Menzels
zu tun hat, sondern dem Geiste jener Landschaften nahe-
steht. Das sind einmal einige Bilder, die dem Titel nach
zu den historischen gehören, denen aber alles Charakte-
ristische der gewohnten Kategorie fehlt. Ich nenne nur
zwei: ,,Die Märzgefallenen"-*) und ,,Die Predigt in der
alten Klosterkirche".") In beiden versucht Menzel, sich
von der detaillierten Schilderung der Physiognomien zu
befreien und Massen zu geben. In den ,,Märzgefallenen"
gelingt es nur zum Teil. Man ahnt unter der Malerei
die peinliche Zeichnung. Das scheinbar Lockere des Bildes
ist nicht die Fertigkeit der Skizze, sondern störende Nic.ht-
vollendung; nur in der Schilderung des Platzes spielt freiere
Luft. Die Zeichnung zu dem Bilde, die der Nachlaß
des Künstlers ans Licht brachte, erklärt diese Verschieden-
heit der Behandlung. Sie schildert nur den Platz, den
Menzel also nach der Natur zeichnete, und deutet mit
wenigen primitiven Strichen ein paar Menschen an. Die
Masse des Volks malte Menzel dazu. Aus einer anderen
Inspiration entsprungen, konnte sie sich nicht mit dem
ersten Entwurf verbinden. Viel flotter ist die ,,Predigt".
Hier fand Menzels Charakterisierung ein ideales Größen-
maß, das dem Zeichner das Malen gestattete. Das Bild
ist mit wenigen Strichen gemacht und gibt alles, selbst
den Ausdruck der einzelnen Zuhörer, vor allem aber die
nur dem Stilmittel der Kunst erreichbare Stimmung, die
den Prediger mit der lauschenden Gemeinde verbindet.
Dieses Kircheninnere geleitet uns zu einer Gruppe von
Bildern, die im Werke des Meisters einen gesonderten
Rang einnehmen. Menzel ist in allen Interieurs der vier-
ziger Jahre viel sicherer und selbständiger als sonst. Er
*) Hamburger Kunsthalle, aus 1848.
2) Dresdner Galerie, aus Mitte 1847.
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in den Landschaften. Auch aus den übrigen Werken der-
selben Zeit scheidet eine beträchtliche Menge von Ge-
mälden aus, die nichts mit dem populären Genre Menzels
zu tun hat, sondern dem Geiste jener Landschaften nahe-
steht. Das sind einmal einige Bilder, die dem Titel nach
zu den historischen gehören, denen aber alles Charakte-
ristische der gewohnten Kategorie fehlt. Ich nenne nur
zwei: ,,Die Märzgefallenen"-*) und ,,Die Predigt in der
alten Klosterkirche".") In beiden versucht Menzel, sich
von der detaillierten Schilderung der Physiognomien zu
befreien und Massen zu geben. In den ,,Märzgefallenen"
gelingt es nur zum Teil. Man ahnt unter der Malerei
die peinliche Zeichnung. Das scheinbar Lockere des Bildes
ist nicht die Fertigkeit der Skizze, sondern störende Nic.ht-
vollendung; nur in der Schilderung des Platzes spielt freiere
Luft. Die Zeichnung zu dem Bilde, die der Nachlaß
des Künstlers ans Licht brachte, erklärt diese Verschieden-
heit der Behandlung. Sie schildert nur den Platz, den
Menzel also nach der Natur zeichnete, und deutet mit
wenigen primitiven Strichen ein paar Menschen an. Die
Masse des Volks malte Menzel dazu. Aus einer anderen
Inspiration entsprungen, konnte sie sich nicht mit dem
ersten Entwurf verbinden. Viel flotter ist die ,,Predigt".
Hier fand Menzels Charakterisierung ein ideales Größen-
maß, das dem Zeichner das Malen gestattete. Das Bild
ist mit wenigen Strichen gemacht und gibt alles, selbst
den Ausdruck der einzelnen Zuhörer, vor allem aber die
nur dem Stilmittel der Kunst erreichbare Stimmung, die
den Prediger mit der lauschenden Gemeinde verbindet.
Dieses Kircheninnere geleitet uns zu einer Gruppe von
Bildern, die im Werke des Meisters einen gesonderten
Rang einnehmen. Menzel ist in allen Interieurs der vier-
ziger Jahre viel sicherer und selbständiger als sonst. Er
*) Hamburger Kunsthalle, aus 1848.
2) Dresdner Galerie, aus Mitte 1847.