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Meier-Graefe, Julius; Menzel, Adolph von [Ill.]
Der junge Menzel: ein Problem der Kunstökonomie Deutschlands — Leipzig, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.25426#0281
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MENZELS BEDEUTUNG

271

Auch die Zeremonie behalf sich mit weniger Prunk. Die
Herren im Frack, die bunten Talare, die Schießgewehre
und Pickelhauben blieben zu Hause. Denn dieser andere
konnte das Kunststück fertig bringen, neunzig Jahre alt
und nicht beliebt zu werden. Sein Begräbnis war dürftig.
In einer kleinen Straße, sehr weit von den Linden holperte
der Wagen mit dem winzigen Sarg über das Pflaster.
Gerade ging der Markt zu Ende. Keine der Gemüse-
frauen sah von ihrer Kundin weg, und die Kutscher der
Rollwagen drängten sich an dem Zug vorbei und machten
einen Höllenlärm auf dem Pflaster. Nichts unterschied
den Leichenwagen von der Totenequipage eines besseren
Arbeiters. Dahinter gingen ein paar junge Menschen,
kaum trauermäßig gekleidet und ohne Zylinder. Auch
ihr ganzes Benehmen war im Grunde der Gelegenheit
wenig angepaßt. Sie marschierten paarweise, wie es sich
gehört, aber sprachen dabei eifrig, zuweilen sogar, wenn
der Skandal der Straße zunahm, überlaut. Es ging in
einem fort um den Mann in dem kleinen Sarge. Dies
und jenes kam zu Worte. Aus seiner Kunst und aus
seinem Leben. Was jedem gerade einfiel, worüber sie
sich geärgert, gewundert, gefreut hatten. Dabei wurden
sie schließlich so lebhaft, daß man hätte glauben können,
es handle sich um einen Lebenden, nicht um einen Toten.
 
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