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Meier-Graefe, Julius
Paul Cézanne: mit 54 Abb — Muenchen, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.29658#0009
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Die Springbrunnen, gegen 1880.
Sammlung Bernheim jeune, Paris.
Photo A. Vollard.

PAUL CEZANNE

Manet verdankt seine Rolle in der Geschichte nicht nur seinem
Talent. Zu allen Repräsentantenrollen gehört ein Konventionalismus.
Manet fühlte seine Zeit und sich als ihr Genosse. Er war modern
und betonte es gern in Werken und in Worten. Aber gerade
das Bewußtsein dieses Modernismus, von einem höchst kultivierten
Menschen gefühlt, dessen Formen mondän genannt werden konnten,
der ein erklärter Feind alles Revolutionären war, machte ihn zum
Vermittler der Überlieferung. Nie faßte er seine Kunst als einen
bedingungslosen Protest gegen die Vergangenheit auf. Er nahm
sein Ideal des Zeitgenössischen nicht engherzig. Der Geist sollte
die Gegenwart spüren. Aber zu diesem Geist gehörte auch das
Verlangen nach lebenden Werten der Vorzeit. Will man dagegen
den Mann bezeichnen, der zwischen sich und die Überlieferung
die weiteste Spanne legte, so wird man Cezanne nennen müssen,
den jüngsten Toten der glorreichen Schar.

Er war die Bete noire der Gruppe. Das Publikum hätte sich
zur Not mit allen anderen vertragen oder wäre wenigstens leichter
zum Verständnis der anderen gelangt, wenn nicht dieser Klexen-
macher mit seinen Löschpapiereffekten dabei gewesen wäre.
Manet und Renoir konnten nicht zeichnen, das war abgemacht,
aber immerhin, man ahnte, was sie hätten machen können, wenn
ihnen die schmerzlich vermißte Gabe verliehen gewesen wäre.
Dieser ungeschlachte Geselle aus Aix dagegen bildete sich noch
etwas auf seinen Mangel ein; er konnte nicht nur nicht, sondern
renommierte mit dem Mangel, machte Hände, die wie Fischflossen,

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