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das Gerüst. Hoch oben stand man in der Kuppel des Doms und malte
für eine Entfernung von ein paar Dutzend Metern. Siehe die Herrschaf-
ten besserer Zeiten! Man durfte nicht etwa an Schwindel leiden.
Es ist damals zu Versuchen gekommen, deren Reste in dem gelben Haus,
überstrichen mit Tünche, wiedergefunden wurden. Wahrscheinlich blieb
Vincent unbeteiligt. Die Art lag ihm nicht. Doch wollte er sich gern
darauf vorbereiten und deshalb wiederholte er die Gräberstraße, die Gau-
guin gefallen hatte, diesmal mit anderer Staffage und natürlich ganz aus
dem Kopf. Die zweite Fassung befriedigte ihn nicht besser. Die Metho-
de hatte ihre Gefahren. Man verlor mit der gepriesenen Zurückhaltung
den Nerv, wurde dünn, nicht nur in der Farbe, wurde flach, statt
flächig, machte Kulissen, statt Handlung5 richtige Kulissen-Malerei.
Ja, meinte Gauguin, der sich zuweilen in dem Nest langweilte, es gab
viele Maler, die, wenn man sie zwang, sich lediglich ihrer Vernunft zu
überlassen, flach wie ein Bügelbrett wurden. Das war nun mal so.
Vincent aber nahm seinen Freund Roulin vor, und Frau Roulin und
die Kinder Roulins und malte ein halbes Dutzend Porträts, die sich ge-
waschen hatten.— Gauguin hatte vor den Bildern sein Achselzucken, und
Vincent sprach von dem Schick der Symbolisten. Sie machten Literatur,
um den Schwierigkeiten des Handwerks zu entgehen, und erhoben sich
über die Natur, weil sie den Dingen nicht gerade ins Gesicht sehen konn-
ten. Etwas Verlogenes war in ihnen, Schwäche und Hinterlist. Sie waren
auch nicht gut. Über einfache Modelle wie die Roulins, dünkten sie sich
erhaben. Solche Roulins aber waren ihnen hundertmal überlegen.
Er war gut im Zuge. Gauguin amüsierte sich. Wenn man so einen Ber-
serker ein bißchen kitzelte, trieb man ihn an den Südpol. Vincent aber
trat zu ihm, nahm Gauguins beide Hände: Gauguin, gut sein! Ja?—
Er stieß es mit heiserer Kehle heraus. Gauguin lachte. Er wolle gern gut
sein, aber es sei ihm unmöglich, seine Herzensgüte pastös zu äußern.
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das Gerüst. Hoch oben stand man in der Kuppel des Doms und malte
für eine Entfernung von ein paar Dutzend Metern. Siehe die Herrschaf-
ten besserer Zeiten! Man durfte nicht etwa an Schwindel leiden.
Es ist damals zu Versuchen gekommen, deren Reste in dem gelben Haus,
überstrichen mit Tünche, wiedergefunden wurden. Wahrscheinlich blieb
Vincent unbeteiligt. Die Art lag ihm nicht. Doch wollte er sich gern
darauf vorbereiten und deshalb wiederholte er die Gräberstraße, die Gau-
guin gefallen hatte, diesmal mit anderer Staffage und natürlich ganz aus
dem Kopf. Die zweite Fassung befriedigte ihn nicht besser. Die Metho-
de hatte ihre Gefahren. Man verlor mit der gepriesenen Zurückhaltung
den Nerv, wurde dünn, nicht nur in der Farbe, wurde flach, statt
flächig, machte Kulissen, statt Handlung5 richtige Kulissen-Malerei.
Ja, meinte Gauguin, der sich zuweilen in dem Nest langweilte, es gab
viele Maler, die, wenn man sie zwang, sich lediglich ihrer Vernunft zu
überlassen, flach wie ein Bügelbrett wurden. Das war nun mal so.
Vincent aber nahm seinen Freund Roulin vor, und Frau Roulin und
die Kinder Roulins und malte ein halbes Dutzend Porträts, die sich ge-
waschen hatten.— Gauguin hatte vor den Bildern sein Achselzucken, und
Vincent sprach von dem Schick der Symbolisten. Sie machten Literatur,
um den Schwierigkeiten des Handwerks zu entgehen, und erhoben sich
über die Natur, weil sie den Dingen nicht gerade ins Gesicht sehen konn-
ten. Etwas Verlogenes war in ihnen, Schwäche und Hinterlist. Sie waren
auch nicht gut. Über einfache Modelle wie die Roulins, dünkten sie sich
erhaben. Solche Roulins aber waren ihnen hundertmal überlegen.
Er war gut im Zuge. Gauguin amüsierte sich. Wenn man so einen Ber-
serker ein bißchen kitzelte, trieb man ihn an den Südpol. Vincent aber
trat zu ihm, nahm Gauguins beide Hände: Gauguin, gut sein! Ja?—
Er stieß es mit heiserer Kehle heraus. Gauguin lachte. Er wolle gern gut
sein, aber es sei ihm unmöglich, seine Herzensgüte pastös zu äußern.
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