wird von dem koloftalen Zentrum mit dem Maler neben der göttlichen nackten Geftalt gefeflelt.
Es gibt anfangs drei, vier Bilder in dem Bild, und es dauert eineWeile, bis der Rhythmus fchwingt.
Dann fchwingt er um fo gewaltiger und man genießt das zuckende Zögern, das voran ging wie
überftandene Gefahr. Es dauert für manchen Betrachter lange, bis das Fremdartige der linken
Hälfte, das Heterogene diefer Zufammenflellung überwunden wird. Niftet nicht auch Dunkles,
Häßliches in denWinkeln? Und nach wenigen Augenblicken, auch wenn man von abfloßendflen
Details überzeugt wäre,wächft von überall her lichte Grazie,Lieblichkeit,Lyrik, ein nicht zu be-
ilegender Eindruck gelaßener Heiterkeit, undman genießt die vorangegangene Vifion aus abftoßen-
den Details wie Würze. Natürlich ift die Kompofition des „Begräbnifles“ überfichtlicher, aber
auch primitiver, und ebenfo bleibt das erreichte Symbol verhältnismäßig derb. Das Leben bei einem
Begräbnis, die Größe einer Menge, die flill hält, alles fehr fchön, wie es da vor uns fleht; man kannte
nichts befleres. Jetzt dünkt es uns ein wenig zu eindeutig, zu begrenzt. Eine Architektur, während
das „Atelier“ dem Bereich der Mulik näher fcheint. Hier überwindet der Rhythmus ganz andere
aufgeflapelte Klötze.Wie ein Strom zwifchen Ufern, die lieh zuweilen, von Felfen gefäumt, ver-
engen, zuweilen weit in flaches Gelände dehnen, fließt das Bild ins Auge des Betrachters undfehenkt
ihm ein Lächeln. Es gibt ein ähnliches Detail: die Frau in dem Schal rechts vorne, die Delacroix
gefiel. So etwa, nur derber, ift das ganze Begräbnis. Hier ift diefes Detail ein winziges Teil der
Klaviatur, ein Punkt im Vordergrund. Neben den zahllofen Plänen diefes Raumes erfcheint das
„Begräbnis“ trotz der Landfchaft fall wie ein flaches Relief ohne Tiefe. Die ganze Kompofition
ift trotz aller Kühlheit viel leichter, lockerer konftruiert; ein in die Tiefe gehender Halbkreis ftatt
der Front des „Begräbnifles“. Wo fich in diefem die koloflale Felfenlinie ausdehnt, ichließt die
Atelierwand mit den malerifchen Bilderflecken in warmemVelasquez-Ton die Szene. Das Zen-
trum ift der Maler in tiefgrauer Jacke mit dem fchönen Profil vor dem ftillen Bild — einer braunen
Baumlandfchaft mit blauem Himmel — eng verbunden mit dem nackten, hellenifch profilierten
Modell, deflen Fleich, in natürlichem, rötlichgrauem Ton, das Gemälde mild beleuchtet. Der Junge
zur Linken des Malers iftdie lebendigfte Stelle, konzentriertes Grau mit ftark leuchtendem Fleifch;
eine Reminiszenz des köftlichen Chorknaben auf dem „Begräbnis“, aber von wärmerer,fchlichterer
Natur. Der Stoff auf dem Boden neben dem nackten Modell bringt den Rofaton desVelasquez.
Von diefem reichen Zentrum entweicht die Farbe in alleWinkel des großen Saals. Es ift das Ver-
fahren, dasVelasquez in feinen Einzelporträts der Infantin anwandte, auf das Monumentale über-
tragen. Was in den Bildern des Spaniers das Geficht ift, wird hier zur Gruppe in der Mitte; die
phantaftifche Coiffure ift hier das Rankenwerk der grotesken Nebenfiguren, und noch im Dunkel
fpielen ergänzende Formen. Courbet profitiert nicht von dem gefälligen Schatten desVelasquez.
Er bleibt immer körnig, fimuliert nicht die Form, fondern malt fie, fingiert nicht mit ihr die Greif-
barkeit, fondern bleibt im Spiel. Sein ruhelofes Können fchafft überallVariationen mit Menfchen
undDingen, die immer noch in fich felbft vollkommen fachlich find und den Organismus des Ganzen
mit kaum wahrnehmbaren Organen vermitteln.Wo andere fich nach reichlicher Anftrengung mit
ein paar gefälligen Strichen begnügen würden, um die äußerften Grenzen des Bildes anzudeuten,
malt Courbet naturgetreue Porträts. Das „Atelier“ fleht von allenWerken CourbetsVelasquez am
nächflen und übertrifft Velasquez in derEigenfchaft, die man am wenigften nach der Übereinkunft
dem Mann von Omans zutraut und in der nach der Übereinkunft der fpanifche Meifter unerreicht
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Es gibt anfangs drei, vier Bilder in dem Bild, und es dauert eineWeile, bis der Rhythmus fchwingt.
Dann fchwingt er um fo gewaltiger und man genießt das zuckende Zögern, das voran ging wie
überftandene Gefahr. Es dauert für manchen Betrachter lange, bis das Fremdartige der linken
Hälfte, das Heterogene diefer Zufammenflellung überwunden wird. Niftet nicht auch Dunkles,
Häßliches in denWinkeln? Und nach wenigen Augenblicken, auch wenn man von abfloßendflen
Details überzeugt wäre,wächft von überall her lichte Grazie,Lieblichkeit,Lyrik, ein nicht zu be-
ilegender Eindruck gelaßener Heiterkeit, undman genießt die vorangegangene Vifion aus abftoßen-
den Details wie Würze. Natürlich ift die Kompofition des „Begräbnifles“ überfichtlicher, aber
auch primitiver, und ebenfo bleibt das erreichte Symbol verhältnismäßig derb. Das Leben bei einem
Begräbnis, die Größe einer Menge, die flill hält, alles fehr fchön, wie es da vor uns fleht; man kannte
nichts befleres. Jetzt dünkt es uns ein wenig zu eindeutig, zu begrenzt. Eine Architektur, während
das „Atelier“ dem Bereich der Mulik näher fcheint. Hier überwindet der Rhythmus ganz andere
aufgeflapelte Klötze.Wie ein Strom zwifchen Ufern, die lieh zuweilen, von Felfen gefäumt, ver-
engen, zuweilen weit in flaches Gelände dehnen, fließt das Bild ins Auge des Betrachters undfehenkt
ihm ein Lächeln. Es gibt ein ähnliches Detail: die Frau in dem Schal rechts vorne, die Delacroix
gefiel. So etwa, nur derber, ift das ganze Begräbnis. Hier ift diefes Detail ein winziges Teil der
Klaviatur, ein Punkt im Vordergrund. Neben den zahllofen Plänen diefes Raumes erfcheint das
„Begräbnis“ trotz der Landfchaft fall wie ein flaches Relief ohne Tiefe. Die ganze Kompofition
ift trotz aller Kühlheit viel leichter, lockerer konftruiert; ein in die Tiefe gehender Halbkreis ftatt
der Front des „Begräbnifles“. Wo fich in diefem die koloflale Felfenlinie ausdehnt, ichließt die
Atelierwand mit den malerifchen Bilderflecken in warmemVelasquez-Ton die Szene. Das Zen-
trum ift der Maler in tiefgrauer Jacke mit dem fchönen Profil vor dem ftillen Bild — einer braunen
Baumlandfchaft mit blauem Himmel — eng verbunden mit dem nackten, hellenifch profilierten
Modell, deflen Fleich, in natürlichem, rötlichgrauem Ton, das Gemälde mild beleuchtet. Der Junge
zur Linken des Malers iftdie lebendigfte Stelle, konzentriertes Grau mit ftark leuchtendem Fleifch;
eine Reminiszenz des köftlichen Chorknaben auf dem „Begräbnis“, aber von wärmerer,fchlichterer
Natur. Der Stoff auf dem Boden neben dem nackten Modell bringt den Rofaton desVelasquez.
Von diefem reichen Zentrum entweicht die Farbe in alleWinkel des großen Saals. Es ift das Ver-
fahren, dasVelasquez in feinen Einzelporträts der Infantin anwandte, auf das Monumentale über-
tragen. Was in den Bildern des Spaniers das Geficht ift, wird hier zur Gruppe in der Mitte; die
phantaftifche Coiffure ift hier das Rankenwerk der grotesken Nebenfiguren, und noch im Dunkel
fpielen ergänzende Formen. Courbet profitiert nicht von dem gefälligen Schatten desVelasquez.
Er bleibt immer körnig, fimuliert nicht die Form, fondern malt fie, fingiert nicht mit ihr die Greif-
barkeit, fondern bleibt im Spiel. Sein ruhelofes Können fchafft überallVariationen mit Menfchen
undDingen, die immer noch in fich felbft vollkommen fachlich find und den Organismus des Ganzen
mit kaum wahrnehmbaren Organen vermitteln.Wo andere fich nach reichlicher Anftrengung mit
ein paar gefälligen Strichen begnügen würden, um die äußerften Grenzen des Bildes anzudeuten,
malt Courbet naturgetreue Porträts. Das „Atelier“ fleht von allenWerken CourbetsVelasquez am
nächflen und übertrifft Velasquez in derEigenfchaft, die man am wenigften nach der Übereinkunft
dem Mann von Omans zutraut und in der nach der Übereinkunft der fpanifche Meifter unerreicht
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