Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meier-Graefe, Julius
Die weisse Strasse — Berlin, 1930

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.30357#0086
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
in unser Abteil, faßte sein Amt mit großer Förm-
lichkeit auf, benahm sich aber höfhch.

Es waren lederne Tage.

Die anderen hatten sich zusammengefunden und
ließen mich ahein. Sie führten jetzt gemeinsame
Wirtschaft. Scholl wahrte aber immer eine sehr
entgegenkommende Haltung. Mir fehlte Remken.
Ein einziges Mal, kurz nachdem er uns verlassen
hatte, sprachen wir über ihn. Der zweite Heinrich
meinte, seine Freundlichkeit gegen uns sei wohl nicht
nur unserer blauen Augen wegen gewesen. Ich kam
nicht gleich dahinter. SchoU hielt sich reserviert.
Er habe kein Urteil in der Sache, aber es bleibe
immerhin sonderbar. Schließlich erfuhr ich, daß
die Mannschaft für einen Tag keine Löhnung er-
halten hatte und man Remken zutraute, das Geld
unterschlagen zu haben.

Ich rechnete mit ihnen nach. Es handelte sich
um den Tag der Abreise. Die Russen hatten ganz
einfach diesen Tag nicht mit einbegriffen. Als
Mehlwurm meine Darlegung in Zweifel zog, wurde
ich scharf. Wir hatten aüen Anlaß, Herrn Remken
dankbar zu sein. Mehlwurm nahm die Pfeife aus
dem Mund, strich sich mit dem Mundstück den
Schnurrbart und meinte, dann sei es noch so. Scholl
legte mir nahe, zu bedenken, daß Rußland zu den
korrumpiertesten Ländem gehöre.

Die Sache war erledigt. Im stiUen blieben sie
dabei, hatten sich längst darauf festgesetzt und
ärgerten sich iiber mich. Wenn ich einmal zu ihnen
kam, brachen sie ab. Ich glaube, sie hielten mich
für eine Art Pan Winiewski.

72
 
Annotationen