Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meier-Graefe, Julius
Die weisse Strasse — Berlin, 1930

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.30357#0135
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Lieber gar nichts tun als diese Ochserei, die einen
zum Maniak machte. Ich entsetze mich, wie ich
einem Menschen zumuten konnte, das ruhig mit
anzusehen und so ein Leben zu teilen. Im Grunde
gab es da gar nichts zu teilen, selbst für einen Men-
schen ohne deine Skepsis und deine ewigen Reserven.
Es ist mir nie eingefallen, dich mit Menschen zu
betrügen. Niemals! Keine Frau hat mich je ernst-
haft beschäftigt, keine hat dir den geringsten Bruch-
teil genommen. Nicht weil ich dir, sondern weil ich
meinem Kram treu war. Ich hatte für anderes gar
keine Zeit. Natürlich glaubtest du, es müßte eine
Frau sein, mindestens eine, was mir die Möglichkeit
nahm, fünf Minuten vernünftig mit dir zu reden.
Ich wollte an den Schreibtisch.

Welche Macht der Kram über mich hatte, merke ich
erst, seitdem ich versuche, ohne ihn fertig zu werden.
Ein Laster ist gar nichts daneben.

Das habe ich dir abzubitten, nur das! — Ich werde
es dir nie genug abbitten können.

Ein zweiter Brief des Herrn Stschukin mit einem
Paket und drei Hundert-Rubelscheinen. Er
kann jetzt nicht kommen. Das russische Rote
Kreuz bemüht sich um meine Befreiung. Gegen-
wärtig regiert die Militärbehörde, aber man tut
alles für mich und hat beste Hoffnung. Alles, was
mit den Gesetzen vereinbar ist. Ich solle doch genau
die näheren Umstände bei meiner Gefangennahme
angeben. — In dem Paket eine wunderbare schwarze
Astrachanmütze, die man über die Ohren ziehen
kann, und drei Bücher: der illustrierte russische

12 I
 
Annotationen