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Meier-Graefe, Julius
Die weisse Strasse — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.30357#0310
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„Ein guter Plan!" sagte Bernstorff, redete aber
hinterher mit aller Macht dagegen, weil er für seinen
Gentleman fürchtet; aber die Generäle sind diesmal
unerschütterlich. Der Doktor hat blutige Striemen
konstatiert und protokolliert. Huntermann hat die
Sülze stehen lassen. In ihrer Verzweiflung kriegte
sie Bruck und mich vor. So ein Kosak könne gar
nicht einen gebildeten Menschen beleidigen. Bruck
war der gleichen Ansicht. Aber prügeln könne er.
Darauf die Sülze: Nun, die Nagaika habe ihn doch
kaum berührt. Darauf ich: Eine schwere Hämor-
rhagie unter dem rechten Schulterblatt, abgesehen
von dem Nervenchok.

So kalt ihn der Nervenchok ließ, die Hämorrhagie
wirkte.

,,Eine sehr schwere Hämorrhagie!" wiederholte ich.
Die Sülze hat die Gewohnheit, nach links und rechts
vorbeizusehen, bevor sie etwas sagt. Nun, der Herr
General sei doch schon wieder spazieren gegangen.
,,Das kann man bekanntlich trotz einer Hämorrhagie,
muß es sogar, wegen der Blutstauung. Vorschrift des
Arztes."

Die Hämorrhagie umzog sein Hirn. Er hätte gern
nach der Bedeutung des Wortes gefragt, fürchtete
aber, sich damit zu tief in die Geschichte einzulassen,
und kam wieder auf das Allgemeine, das Mißver-
hältnis zwischen diesem gewiß bedauerlichen Irrtum
und den vielen Toten an der Front. Das zweite Miß-
verhältnis, hier ein Beleidigter, der Herr General,
auf der anderen Seite viele Beleidigte, denn wenn sich
die Generale beim Kriegsminister beschwerten und
dabei aile anderen Instanzen übergingen, wurden viele

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