Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
von Charaktergleichheit, ein nationales Empfinden.
Möge der finnischen Kunst ihre Freiheit noch lange
erhalten bleiben!
.musikin- Das Palais de l'Enseignement führt uns noch
strumente au| ejn wejteres Qebiet, zu den Musikinstrumenten.
Wenn man vom Eiffelturm kommend den rechts-
seitigen Flügel der Marsfeldpaläste betritt, dann
brausen die Klänge von zwanzig Klavieren und
Orchestrions auf den erstaunten Neuling ein. Alle
Firmen des In- und Auslandes haben sich mit einem
Virtuosen versehen, der den Saiten geduldiger In-
strumente keine Ruhe lässt. Die französische Musik-
instrumentenabteilung ist die umfangreichste; gleich
vorn fällt eine schöne Ausstellung von Salonklavieren
der Firmen Erard & Co. und Pleyel, Wolff, Lyon & Co.
auf, besonders hervorzuheben ist ein Flügel „Marie
Antoinette", mit himmelblauer Emaille überzogen,
der zukünftig in dem Harem des Sultans frohe
Töne erklingen lassen soll. Auch die retrospektive
Musik-Ausstellung von Albert Jacquot arrangiert,
ist sehr interessant. Die grossartigsten Klaviere
haben Blüthner und Schiedmayer-Stuttgart, letzterer
in der deutschen Abteilung auf der Invaliden-
Esplanade einen wundervollen Flügel mit Elfenbein-,
Perlmutter- und Metalleinlage, und Steinway sowie
Balduin-Cincinati in der amerikanischen Abteilung
ausgestellt. England bringt das neueste elektrische
Klavier, Pianotist, das nach einer neuen Erfindung
nicht mehr ganz seinen eigenen Intentionen über-
lassen wird; der Musikliebhaber haucht ihm Ge-
fühl ein und zwar vermittelst seiner Beine; tritt er
das rechte Pedal, dann dämpft er die Tonflut, mit
dem linken verlangsamt er sie. Auf diese einfache
Weise kann jedermann die Walzeneigentümlichkeiten
nach seinem eigenen Geschmack regulieren. Na-
türlich ist die Zahl der Trompeten, Violinen etc.,
die von französischen Instrumentenfabriken ausge-
stelltwurden, enorm; Amerika zeigt alles automatisch,

so automatische Guitarren . . .; neu sind Phono-
graphen in dieser Abteilung, sie haben sich hier
als vollständig heimatberechtigte Musikanten breit-
gemacht. Die besten Orchestrions stehen in der
deutschen Abteilung und ziehen mit weithin-
schallenden Wagner'schen Tannhäuser- und Lohen-
grinklängen tagtäglich Hunderte von Menschen
herbei. Nicht vergessen seien die inmitten der
tosenden Klaviere stehenden, vom französischen
Finanzministerium ausgestellten Münzschlagmaschi-
nen, auf denen die für jedermann fabrizierten Aus-
stellungserinnerungsmedaillen in Bronze, Nickel und
Silber springen.

Schliesslich bleibt uns noch die hauptsächlich theater-
von französischen Firmen beschickte Ausstellung der KUNST
Hilfsmittel der Theaterkunst übrig. Diese Ausstellung
hätte gewiss viel Interessantes bringen können; denn
die Bühnentechnik hat im Laufe des letzten Jahr-
zehnts einen gewaltigen Aufschwung genommen,
freilich nicht in Frankreich. Man führt uns eine
Reihe recht minderwertiger Miniaturscenerien vor,
auch eine unbedeutende Kostümsammlung; das alles
reicht nicht im entferntesten an die Leistungen heran,
welche z. B. von den Wiener Dekorationsmalern
Kautzky und Rottonara und den neueren deutschen
Theatern geboten werden. Das beste Sceneriebild
ist von Visconti entworfen und zeigt den Tempel
des Tanti in „Salammbö". Auch eine kleine Dreh-
bühne ä la Lautenschläger ist ausgestellt — mit un-
sichtbarem Triebapparat, der Hauptsache! Dass
sich die Theatermaschinentechnik überhaupt nicht an
der Ausstellung beteiligte, ist zu bedauern, wir
denken dabei vor allem an die deutsche Bühnen-
technik, die in Paris unzweifelhaft einen Triumph
errungen hätte; so gross die Weltausstellung ist, sie
hat natürlich auch ihre recht empfindlichen Lijcken.

C L.

168
 
Annotationen