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lebte, war der Erste, welcher das Costüme vollkommener ausdrückte,
und sich daher in den blühenden Zeiten Griechenlands so viel Beifall
erwarb. Parrhasius war sehr fruchtbar und bcsass, gleich wie
Zeuxis und andere Maler jener Zeit, grosse Geschicklichkeit.
Protogen es war noch berühmter. Nach ihm kam A pell es,
welcher den gebahnten Weg vor sich hatte, und in dem Zeitalter
Alexanders lebte■ in welchem die Natur zur Erweckung der
grössten Talente für die Erhaltung des Ruhms und der Freiheit des
Vaterlandes gleichsam ihre letzten Kräfte aufgeboten hatte. Dieser
gab der Malerkunst die höchste Vollkommenheit, nämlich die aus der
Sicherheit entspringende Grazie, welche die Wissenschaft in Ar-
beiten gibt, und sowohl beim Arbeiten als beim Denken Leichtig-
keit bewirkt. Apelles war von diesem Vorzuge so sehr überzeugt,
dass er, wenn er die Eigenschaften der übrigen Maler rühmte, von
sich selbst sagte, er übertreffe sie doch in der Grazie ; den Proto-
o-enes tadelte er laut darüber, dass er die Werke niemals aus
den Händen lassen könne. Hieraus folgt, dass die Kunst damals ihre
höchste Stufe erreicht hatte. Da sie also an und für sich nicht wei-
ter gehen, sich auch in diesem Zustande nicht erhalten konnte, nah-
men die AVerke sowohl in Beziehung- auf Menge als auf Grösse
überhand. Sie theilten sich in verschiedene Classen, z. B. in nie-
drige Gegenstände (B a m b o cc ia d e n), in verschiedene aus-
schweifende Vorstellungen, als Carrikaturen und in andere lächer-
liche Arten, wodurch die Malerei das Schicksal der Bildhauer-
kunst erlitt, bis endlich der römische Luxus ihr ganz die Würde
benahm, mit welcher sie bisher in Griechenland sich zu erhalten
o-ewusst hatte. Alle Häuser wurden entweder von gemeinen Grie-
chen oder andern Sclavcn ausgemalt, welche eben so unfähig zum
Denken als zum Nachahmen der Werke aus den glücklichen Zeiten
Griechenlands waren, wo noch hohe Preise für die gelungensten Ar-
beiten ausgetheilt wurden. Im Gegentheil Hess jeder wohlhabende
Bürger zu Rom die Wände seiner schlechtesten Gebäude bemalen,
und glaubte die schönern Gebäude durch Malerei zu erniedrigen;
letztere wurden vielmehr mit Marmor und Bronze verziert, wobei
die Unkosten grössere Ehre machten als der Geschmack. In den
Städten Herkulanum, Pompeji und Stabia, welche zum Glück von
Seiner katholischen Majestät entdeckt wurden, sieht man die elende-
sten Hütten und Wirthshäuser bemalt, und wenn man je in Tempeln,
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lebte, war der Erste, welcher das Costüme vollkommener ausdrückte,
und sich daher in den blühenden Zeiten Griechenlands so viel Beifall
erwarb. Parrhasius war sehr fruchtbar und bcsass, gleich wie
Zeuxis und andere Maler jener Zeit, grosse Geschicklichkeit.
Protogen es war noch berühmter. Nach ihm kam A pell es,
welcher den gebahnten Weg vor sich hatte, und in dem Zeitalter
Alexanders lebte■ in welchem die Natur zur Erweckung der
grössten Talente für die Erhaltung des Ruhms und der Freiheit des
Vaterlandes gleichsam ihre letzten Kräfte aufgeboten hatte. Dieser
gab der Malerkunst die höchste Vollkommenheit, nämlich die aus der
Sicherheit entspringende Grazie, welche die Wissenschaft in Ar-
beiten gibt, und sowohl beim Arbeiten als beim Denken Leichtig-
keit bewirkt. Apelles war von diesem Vorzuge so sehr überzeugt,
dass er, wenn er die Eigenschaften der übrigen Maler rühmte, von
sich selbst sagte, er übertreffe sie doch in der Grazie ; den Proto-
o-enes tadelte er laut darüber, dass er die Werke niemals aus
den Händen lassen könne. Hieraus folgt, dass die Kunst damals ihre
höchste Stufe erreicht hatte. Da sie also an und für sich nicht wei-
ter gehen, sich auch in diesem Zustande nicht erhalten konnte, nah-
men die AVerke sowohl in Beziehung- auf Menge als auf Grösse
überhand. Sie theilten sich in verschiedene Classen, z. B. in nie-
drige Gegenstände (B a m b o cc ia d e n), in verschiedene aus-
schweifende Vorstellungen, als Carrikaturen und in andere lächer-
liche Arten, wodurch die Malerei das Schicksal der Bildhauer-
kunst erlitt, bis endlich der römische Luxus ihr ganz die Würde
benahm, mit welcher sie bisher in Griechenland sich zu erhalten
o-ewusst hatte. Alle Häuser wurden entweder von gemeinen Grie-
chen oder andern Sclavcn ausgemalt, welche eben so unfähig zum
Denken als zum Nachahmen der Werke aus den glücklichen Zeiten
Griechenlands waren, wo noch hohe Preise für die gelungensten Ar-
beiten ausgetheilt wurden. Im Gegentheil Hess jeder wohlhabende
Bürger zu Rom die Wände seiner schlechtesten Gebäude bemalen,
und glaubte die schönern Gebäude durch Malerei zu erniedrigen;
letztere wurden vielmehr mit Marmor und Bronze verziert, wobei
die Unkosten grössere Ehre machten als der Geschmack. In den
Städten Herkulanum, Pompeji und Stabia, welche zum Glück von
Seiner katholischen Majestät entdeckt wurden, sieht man die elende-
sten Hütten und Wirthshäuser bemalt, und wenn man je in Tempeln,
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