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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Das Kuppelgrab bei Menidi — Athen, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.1123#0058
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— 52 —

und sich bisher auf Attika und Argoüs beschränkt hat, in Gruppen, die sich durch die Zeit
der Entstehung und die grössere oder geringere Kostbarkeit der Ausstattung von einander
unterscheiden. Die Gräber von Mykene gehören einer früheren Zeit an als die übrigen be-
kannten Grabanlagen. Der Inhalt jener Gräber, die Schmucksachen sowohl wie die irdenen
Gefässe lassen darüber keinen Zweifel. Vielleicht aber hängt mit dem höheren Alter auch
die primitivere Form der Grabanlagen zusammen, die als senkrechte Schachte in den
Felsen getrieben und an den Wänden notbdürftig aufgemanert sind. Diesen Schachtgräbern
treten als eine jüngere Gruppe die übrigen Grabanlagen gegenüber. Hier haben wir bereits
bauliche Anlagen vor uns, denen die äussere Form des Tumulus und eine feste Raumein-
theilung, die innere Grabkammer und der lange von aussen zur Thiiröffnung führende aber
selbst unbedeckte Gang oder Dromos gemeinsam sind. Als charakteristisch für diese Gruppe
mnss ferner der mit primitiver Kunst ausgeführte kuppeiförmige Bau der Grabkammer an-
gesehen werden. Denn es ist gewiss nur in Folge zufälliger Umstände, zum Theil wohl aus
Sparsamkeitsgründen geschehen, dass die Gräber von Spata und Nauplia diesen Kuppelbau
nicht haben und, vielleicht mit Benutzung natürlicher Grotten, seitwärts in den gewach-
senen Boden getrieben sind. Die räumliche Disposition ist dieselbe wie bei den Kuppel-
gräbern, auch ahmen wenigstens einige unter den Gräbern bei Nauplia die Kuppelform in
roher Weise nach.

Fassen wir weiter die Ausstattung der Gräber ins Auge, so übertreffen die Graban-
lagen von Mykene die übrigen ähnlichen Anlagen an Kostbarkeit und Pracht bei weitem.
Das sogenannte Grab des Agamemnon am Fusse des Burghügels hat zwar frühzeitig seinen
Inhalt eingebüsst. Aber die Grossartigkeit und technische Vollendung des Baues, der merk-
würdige Schmuck des Portales und die jetzt freilich verschwundene Bekleidung der Innen-
wände lassen an einer entsprechenden Ausstattung der Leichen nicht zweifeln. Viel beschei-
dener schon als die mykenischen waren die Gräber von Spata, Menidi und beim Heraeon
ausgestattet. Am tiefsten aber stehen, was die Ausstattung anlangt, die Felsgräber bei Nau-
plia, die auf die Entdecker den Eindruck des Aermlichen machten. Von Kostbarkeiten, edeln
Metallen und Steinen ist in diesen Gräbern bis jetzt keine Spur gefunden worden1. Es würde
offenbar falsch sein, wenn man diese Unterschiede nur durch die Annahme der Beraubung
der Gräber erklären wollte. Dadurch würde eine Thatsache verdunkelt werden, die für die
Beurtheilungder historischen Denkmäler, welche uns beschäftigen, von Bedeutung ist. AI- .
lerdings hat Beraubung der Gräber zu verschiedenen Zeiten stattgefunden, aber glücklicher-
weise nicht so gründlich, dass wir nicht aus den verbliebenen Resten auf den einstigen Zu-
stand schliessen könnten; auch ist es keineswegs bewiesen, dass alle bisher untersuchten
Gräber ausgeplündert waren, das Gegentheil vielmehr ziemlich sicher. Dürfen wir nach dem
Inhalt annehmen, dass die Gräber in Mykene von einem mit Macht und Reichthum geseg-
neten Fürstengeschlecht herrühren, so werden wir mehr als eine Staffel auf der Stufenleiter
irdischen Glückes und gesellschaftlicher Verhältnisse herabsteigen müssen, um auf das
Niveau derjenigen Menschen zu gelangen, welche in der Nekropole hei Nauplia ihre letzte
Ruhestätte gefunden haben.

Wir können die Gräber und ihren Inhalt nach der Zeit der Entstehung, nach dem

- * Neuerdings sind, aber ganz vereinzelt, Schmucksachen aus Gold und Glassfluss in Gräbern bei Nauplia
zum Vorschein gekommen, s. den Ausgrabungsbericht in den Mitth. d. Inst. 1880 H. 2.
 
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