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Meurer, Moritz
Pflanzenformen: vorbildliche Beispiele zur Einführung in das ornamentale Studium der Pflanze; zum Gebrauche für Kunstgewerbe- und Bauschulen, Technische Hochschulen und höhere Unterrichtsanstalten sowie für Architekten und Kunsthandwerker — Dresden, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.43158#0072
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Abgüsse von
Pflanzenformen in
Gips und Metall.

Vergrösserte Mo-
delle von Pflanzen-
formen.

und vergleichende Beobachtung der Formen an andern Exemplaren, da die durch die Berührung mit dem
heissen Wachse erschlaffenden Formen der künstlerischen Rückbildung ihrer Bewegung bedürfen. Ein
Nachteil dieser Modelle liegt selbstverständlich aber wieder in ihrer einseitigen Sichtbarkeit. Lässt
sich aber auch dieser Misstancl durch Nebeneinanderstellung- einer Vorder- und einer Rückseite besei-
tigen, so eignet sich diese Darstellung nicht für das Studium der Überschlagungen der Blätter, zu
welchem Vorder- wie Rückseite des Blattes sichtbar sein muss. Deswegen bedarf es hierfür wieder
eines ergänzenden Materiales, dessen notwendige Eigenschaften nur durch eine plastische Wiedergabe
in dünn herstellbarem Metalle zu erreichen sind.
Von geschickten Giessern sind nach dieser Richtung (mit Hilfe des direkten Einformens der
entsprechenden Blätter, sowie des Wachsausschmelzungsverfahrens) durch Naturabguss in Metall
(Bronze, Messing, Aluminium) schon recht günstige Resultate zu erzielen. Dass aber hierbei durch das
Einformen der Pflanze und die sonstigen Manipulationen, dem sie bei diesen Verfahren unterzogen
werden muss, sowie durch das nachträgliche Entfernen der Eingüsse, durch Feilen und Ciselieren
manches von der Lebendigkeit, Straffheit und klaren Zeichnung der Konture verloren geht, liegt in der
Natur der Sache. Namentlich leiden die Randgliederungen der Blätter beim Gusse, während geschlos-
senere Formen und festere Glieder der Pflanze (Schäfte, Verzweigungen) oft ganz vorzüglich wieder-
gegeben werden. Gleiche und erhöhte Nachteile haben die Gipsabgüsse nach der Natur, deren Zer-
brechlichkeit die Darstellung mancher Formen überhaupt unmöglich macht.
Alle zuvor genannten Konservierungs- und Vervielfältigungsarten haben aber den Nachteil mit
den Originalen gemein, dass die Kleinheit oder Unvollkommenheit ihrer Formen in vielen Fällen schon
dem Einzelstudium, noch mehr aber der gemeinschaftlichen Anschauung und Nachbildung des An-
fängers mannigfache und oft unüberwindliche Schwierigkeiten bereitet. Um die Formen in ihrem
Liniament, ihrer Silhouette und ganzen Rundwirkung leichter erkennbar zu machen, um gleichzeitig
auch die Gesetze des Pflanzenbaues sichtbarer hervorheben zu können, bedarf es vergrösserter, plasti-
scher Modelle, welche in derselben Weise aufgefasst werden müssen, welche bei dem, im vorigen
Kapitel besprochenen, projizierenden Zeichnen und Modellieren anzuwenden ist*)- Solche Vorbilder sind
zur Ergänzung der natürlichen Formen zum Zeichnen und Modellieren in den unteren Klassen, wie
zur Benutzung für das Entwerfen in den Fach- und Kompositionsklassen von ganz wesentlichem Nutzen.
Je nach der Grösse der Objekte und ihren freieren Ausladungen oder kompakteren Formen können diese
Modelle in Gips oder Metall ausgeführt werden. Macht sie ihre Verwendbarkeit in den Jahreszeiten,
in welchen die für den Unterricht notwendigen Originale fehlen und ihre besondere Haltbarkeit schon
unentbehrlich, so bieten sie nicht nur zur Demonstration der Struktur und geometrischen Gesetze des
Pflanzenbaues für den Unterricht des Anfängers ein sehr anschauliches Material, sondern auch die ge-
eignetsten Vorbilder für das projizierende Pflanzenstudium.
Neben den plastisch freiliegenden Formen, werden zur Ergänzung schon vorhandenen, aber
nicht ausreichenden Materiales gewisse Formen auch im Relief darzustellen sein, welche sich wie z. B.
Blumenstände und andere dünnverzweigte Pflanzenteile voll plastisch nicht wiedergeben lassen. Auch
die Sammlungen von Blattformen, welche bereits existieren, bedürfen nach Rücksicht ihrer künstlerischen

*) Eine Zusammenstellung derartiger Modelle ist in der Werkstatt des Verfassers mit Unterstützung der König!.
Preussischen Regierung ausgearbeitet worden.

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