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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0315
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Zwischen diesen Protagonisten gab es im Verlauf der langen Regierung Sig-
munds eine Vielzahl von Zusammenkünften und Verhandlungen, die hier im ein-
zelnen nicht dargestellt werden können^. Bei drei Terminen mit politisch weitrei-
chenden Ergebnissen war auch Barbara von Cilli zugegen und hatte einen nicht
ganz unwichtigen Anteil daran^o.
1390 war zwischen Polen und dem von Sigmund - wenn auch nur halbherzig -
unterstützten Deutschen Orden Krieg ausgebrochen, der in der Schlacht von Tan-
nenberg am 15. Juli 1410^ seinen Höhepunkt fand und dem Deutschen Orden eine
schlimme Niederlage bereitete. Nach einem raschen Abschluß mit dem sogenann-
ten ersten Thomer Frieden am 1. Februar 1411 zwischen Polen-Fitauen und dem Or-
densstaat kam es ein Jahr später auch zum Friedensschluß mit Ungarn, den Sig-
mund und Wladislaw sowie der litauische Fürst Witold in Fublau in der Zips als
dem Grenzgebiet zwischen Polen und Ungarn am 15. März 1412 besiegelten^.
Dabei hatte Sigmund zur Anbahnung von Verhandlungen, die aufgrund der
Ungarn einkreisenden Bündnispolitik des polnischen Königs für ihn unabdingbar
wurden, seine Gemahlin Barbara und deren Vater, Graf Hermann II. von Cilli, vor-
geschoben^. Während Barbara ihre Verwandte, die polnische Königin Anna, zu ei-
nem Besuch nach Ungarn eingeladen hatte, war ihr Vater an der Spitze einer Dele-
gation nach Krakau gereist, um das Treffen der Herrscher zu arrangieren. Die be-
reits Anfang März 1412 in Käsmark beim ungarischen Königspaar eingetroffene
Anna reiste zusammen mit Barbara an den Verhandlungsort; Sigmund ritt den Po-
len entgegen, um sie ebenfalls nach Fublau zu begleiten: Mit diesem Vorgehen
konnte man getrennt und damit möglicherweise doppelt erfolgreich auf das polni-
sche Königspaar Einfluß gewinnen. Eine Einigung mit Polen war dabei vor allem
für Sigmund wichtig. Denn angesichts des kriegerischen Konflikts mit Venedig, sei-
ner Aachener Königskrönung und der anstehenden Kirchenreform mußte er den
Rücken frei haben, was dann auch glückte. Der Vertrag hatte die folgenden acht Jah-
re Bestand.
In welchem Ausmaß Barbara von Cilli hingegen in den 20er Jahren Anteil an
der Politik Sigmunds gegenüber Polen hatte, lassen die bislang bekannten Quellen
kaum erkennen^. Die bündnispolitischen Präferenzen beider Herrscher pendelten
zwischen Kooperation und Gegnerschaft hin und her. Fest steht aber, daß die Köni-
gin am Reichstag in Breslau 1420 teilnahm, auf dem Sigmund mit Beschlüssen zu-

279 Vgl. HoENSCH, Kaiser Sigismund S. 76-79, 142-145 und passim; NowAK, Kaiser Sigmund
S. 427-435; Jarosiaw GoLL, König Sigmund und Polen 1420-1436, MIÖG 15 (1894) S. 441-478
mit Schwerpunkt auf die frühen 20er Jahre.
280 Vgl. CHiLiAN, Barbara von Cilli S. 31-34.
281 Sven ExDAHL, Die Schlacht bei Tannenberg 1410. Quellenkritische Untersuchungen. Bd. 1: Ein-
führung und Quellenlage (Berliner Historische Studien 8,1982).
282 Einen Überblick über die ungarisch-polnisch-litauischen Beziehungen in Bezug auf den Deut-
schen Orden gibt Wilhelm BAUM, Kaiser Sigismund. Hus, Konstanz und die Türkenkriege
(1993) S. 6U73 und passim; allgemein zur Politik Sigmunds gegenüber Nordeuropa: Friedrich
Bernward FAHLBUSCH, Kaiser Sigmund und der europäische Norden. Ein Überblick, in: Sigis-
mund von Luxemburg. Kaiser und König in Mitteleuropa 1387-1437. Beiträge zur Herrschaft
Kaiser Sigismunds und der europäischen Geschichte um 1400, hg. von Josef MACEK, Ernö MA-
Rosi und Ferdinand SBiBT (Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit 5,1994) S. 67-81.
283 So die Bewertung von HoENSCH, Kaiser Sigismund S. 162.
284 Zur Quellenlage und den Forschungsdefiziten hinsichtlich der politischen Stellung Barbaras
vgl. unten S. 369ff.

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