Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Hehl, Ernst-Dieter [Oth.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

DOI article:
Prinzing, Günter: Das Papsttum und der orthodox geprägte Südosten Europas 1180-1216
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0169
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Papsttum und der orthodox geprägte Südosten Europas

161

Der Papst beendete den Briefwechsel, bei dem übrigens auch Übersetzungs-
probleme die Verständigung nicht wenig erschwert haben dürften80, noch vor der
zweiten Eroberung Konstantinopels mit seinem Antwortbrief vom Februar 1204 an
Alexios IV., hocherfreut darüber, daß nun dank der Bemühungen des Kaisers für die
Kircheneinheit membrum ad caput et filia revertatur ad matrem et Constantinopolitana
ecclesia, cjuae apostolice sedi multo tempore devotionis debitum denegavit, reverentiam ei,
obedientiam et honorem exhibeat...81.
Bekanntlich hat der gewaltsame (freilich auch durch die von Kaiser Alexios V.
Dukas Murtzuphlos angezettelte Revolte gegen Alexios IV. und seinen Vater mit-
provozierte) Ausgang des Vierten Kreuzzugs, d. h. die zweite Eroberung Konstanti-
nopels mit ihren entsetzlichen Begleiterscheinungen82, alle Hoffnungen auf eine
Verständigung der Byzantiner mit Rom in Form einer wahren unitas zunichte ge-
macht. Der Papst, dem mittlerweile die Kontrolle des Kreuzzugs weitgehend ent-

schon deswegen, also aus chronologischen Gründen, zu streichen wäre), müssen natürlich kor-
rigiert werden in die Zeitspanne »17. Juli bis Abfassung der Briefe Hugos von St. Paul (»Ende
Juli/Anfang August 1203«)«: Dadurch rückt der fragliche Akt zeitlich ganz in die Nähe des Kai-
serbriefes, so daß sich schon deshalb der Verdacht auf drängt, daß das Kaiserregest Nr. 1667 und
das Patr.-Regest Nr. 1197 ein- und denselben Akt meinen. Wir müssen aber darüber hinaus
berücksichtigen, daß in Bezug auf diesen Akt auch folgende zwei Punkte als sicher gelten kön-
nen: Erstens, daß ihn der Patriarch nicht mitunterschrieben hatte, wie aus dem Kaiserbrief
selbst hervorgeht; und zweitens, daß der Patriarch auch den in diesem Zusammenhang postu-
lierten Eid nachweislich weder öffentlich noch auch schriftlich, mithin also überhaupt nicht ge-
leistet hat, wie aus Rinn. 6 (wie Anm. 78), Nr. 228 (229), S. 386f. (an Kaiser Alexios IV.) und
Nr. 229 (230) (an Markgraf Bonifaz von Montferrat und andere), S. 388-389 imschwer zu er-
schließen ist (vgl. zu beiden Schreiben auch Maleczek, Petrus Capuanus [wie Anm. 75], S. 188).
Somit sind also, zusätzlich zum o.a. chronologischen Argument, zwei weitere, m.E. schlagende
Argumente dafür gefunden, das oben erwähnte Patr.-Regest zu streichen. (Im übrigen wäre bei
ihm an Literatur zu ergänzen: Hagedorn, Papst Innozenz III. [wie Anm. 57], S. 126 Anm. 138
[dort, sowie im ebda. zit. Artikel: Peter Wirth, Zur Frage eines politischen Engagements Patr.
Johannes' X. Kamateros nach dem Vierten Kreuzzug, in: Byzantinische Forschungen 4, 1972,
S. 239-251, hier 244f., wäre überdies zu korrigieren, daß im Patriarchatsregest - und in seinen
Quellen - keineswegs von einem Brief an den Papst die Rede ist] sowie Gill, Byzantium [wie
Anm. 61], S. 257 Anm. 20, der bereits deutliche Skepsis äußert. Vgl. zudem die Kritik von Gast-
geber, Rez. [wie Anm. 46], S. 481, am o.a., überflüssigen Kaiserregest 1663b). - Auf das dem o.a.
Kaiserregest Nr. 1667 zugrundeliegende Schreiben Rinn. 6 (wie Anm. 78), Nr, 209 (210) dürfte
sich auch Kaiser Balduin I. in seinem Inthronisationsbrief an Innozenz III. vom Mai 1204 bezo-
gen haben, s. Rinn. 7. Band. 7. Pontifikatsjahr, 1204/1205. Texte und Indices. Unter der Leitung
von Othmar Hageneder bearb. v. Andrea Sommerlechner/Herwig Weigl (u. a.), Wien
1997, Nr. 152, S. 253-262, hier im Passus S. 257 Z. 9-10: Obedientiam autem Romane ecclesie et sub-
ventionem Terre sancte, quam iuramento et scripto imperiali firmarat Alexius ..., vgl. auch den richti-
gen, aber nur beiläufigen Hinweis dort S. 257 Anm. 24 (Ende) auf »Br. VI 209 (210)«, wohinge-
gen die übrigen dortigen Hinweise (auf frühere Akte Alexios' IV. oder Isaaks II.), die sich an die
Überlegungen bei Benjamin Hendrickx, in: Byzantina 2,1970, S. 107-184, hier Nr. 6, S. 156-158
halten, kaum überzeugen, da Hendrickx eben den letzten Brief Alexios' IV. an den Papst außer
acht ließ. Falsch ist dementsprechend auch die Angabe von Queller/Madden, The Fourth
Crusade (wie Anm. 67), S. 141, »Alexius IV and Patriarch John X Camaterus communicated
their Submission to the pope ...«, für die sich die Autoren auf den hier behandelten Papstbrief
Rinn. 6 (wie Anm. 78), Nr. 209 (210) berufen.
80 Vgl. dazu zuletzt die Einzelnachweise in Gastgeber, Beobachtungen II (wie Anm. 66).
81 Rinn. 6 (wie Anm. 78), Nr. 228 (229), S. 386-387, das Zitat 386 Z. 24-387 Z. 1. Vgl. zu dem Brief
auch oben Anm. 79.
82 Vgl. dazu zuletzt Queller/Madden, The Fourth Crusade (wie Anm. 67), bes. S. 172-203.
 
Annotationen