Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Rogge, Jörg [Oth.]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

DOI article:
Nolte, Cordula,: der leib der hochst schatz – Zu fürstlicher Körperlichkeit, Gesunderhaltung und Lebenssicherung (1450-1550). Familien- und alltagsgeschichtliche Perspektiven
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0061
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Zu fürstlicher Körperlichkeit, Gesunderhaltung und Lebenssicherung

57

Familie, so verschärfte sich diese Problematik im Adel, da beim Tod des Regenten
und seiner Erben Dynastie- und Herrschaftskrisen drohten.
Die bewußte Gestaltung des Wohnumfeldes, interne Rückzugsmöglichkeiten,
die Nutzung auswärtiger Refugien und die Verteilung der Familie, das läßt sich
abschließend festhalten, erleichterten es dem Fürsten und seiner Familie, ihre
Gesundheit zu erhalten.55 Eine Hofhaltung bot in dieser Hinsicht gegenüber »Pri-
vathaushalten« vermutlich Vorteile. Allerdings beinträchtigten demgegenüber auch
manche Begleiterscheinungen des Hoflebens das Wohlergehen der fürstlichen
Familie. Dabei handelte es sich wohl weniger um die von Hofkritikern traditionell
bemängelten unbequemen und ungesunden Zustände bei Hof (Färm, Schmutz,
Unruhe, Enge, unregelmäßiger Tagesablauf, schlechtes Essen usw.56), die vor allem
die Höflinge betrafen, als vielmehr um »psychosozialen Streß«."’7
Medizinische Versorgung
Zur medizinischen Versorgung der fürstlichen Familie stand eine Reihe von gut
ausgebildeten, erfahrenen Personen bereit, die, abgestimmt auf ihre individuellen
Bedürfnisse, den zeitgenössisch denkbar besten Service garantierten."’8 Geld spielte
dabei eine untergeordnete Rolle59, wenngleich es vorkam, daß ein Arzt wegen seiner
hohen Gehaltsforderungen nicht als Leibarzt engagiert wurde.60 Das Spektrum der
Heilkundigen und ihrer speziellen Feistungen war ebenso vielfältig wie die Moda-
litäten ihrer Beschäftigung und ihr Status am Hof.61 Häufig standen mehrere Arzte

55 Kümmel, De Morbis Aulicis (wie Anm. 8), S. 21.
56 Peter Johanek, Höfe und Residenzen, Herrschaft und Repräsentation, in: Mittelalterliche Lite-
ratur im Lebenszusammenhang. Ergebnisse des Troisieme Cycle Romand 1994, hg. von Eckard
Conrad Lutz (Scrinium Friburgense, Veröffentlichungen des Mediävistischen Instituts der
Universität Freiburg Schweiz 8), Freiburg/Schweiz 1997, S. 45-78, hier S. 45ff. Birgit Studt,
Exeat aula qui vult esse pius. Der geplagte Alltag des Hofliteraten, in: Alltag bei Hofe. 3. Sympo-
sium der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Ansbach
28. Februar bis 1. März 1992, hg. von Werner Paravicini (Residenzenforschung 5), Sigmarin-
gen 1995, S. 113-136, hier S. 117-126. Vgl. Kümmel, De Morbis Aulicis (wie Anm. 8), S. 18.
57 Vgl. weiter unten.
58 Die ärztliche Versorgung des Herrschers, seiner Familie und seines Hof ist noch kaum verglei-
chend untersucht. Vgl. den von Vivian Nutton herausgegebenen Sammelband Medicine at
the Courts of Europe, 1500-1837 (The Wellcome Institute Series in the History of Medicine),
London/New York 1990.
59 In stadtbürgerlichen Familien hingegen wurde Krankheit wegen der entstehenden Heil- und Pfle-
gekosten als bedrohliche finanzielle Bürde wahrgenommen. Jütte, Weib (wie Anm. 19), S. 9, S. llf.
60 Markgraf Georg an seinen Bruder Albrecht, den Hochmeister des Deutschen Ordens. 21. Mai
1521. GStAB, OBA 24860. Vgl. zu Sparmaßnahmen weiter unten.
61 Vgl. Scholz, Ärzte (wie Anm. 52). Zum Berliner Hof Karl-Heinz Ahrens, Residenz und Herr-
schaft. Studien zu Herrschaftsorganisation, Herrschaftspraxis und Residenzbildung der Mark-
grafen von Brandenburg im späten Mittelalter (Europäische Hochschulschriften, Reihe III 427),
Frankfurt a. M. u.a. 1990, S. 176-178. Zu Ärzten, Apothekern, Barbieren am wettinischen Hof
Brigitte Streich, Zwischen Reiseherrschaft und Residenzbildung: Der wettinische Hof im
späten Mittelalter (Mitteldeutsche Forschungen 101), Köln/Wien 1989, S. 448-455. Zum bur-
gundischen Hof Martin Kintzinger, Phisicien de Monseigneur de Bourgoigne. Leibärzte und
Heilkunst am spätmittelalterlichen Fürstenhof, in: Francia 27.1, 2000, S. 89-116. Zum württem-
bergischen Hof Miriam Zitter, Die Leibärzte der württembergischen Grafen im 15. Jahrhun-
dert (1397-1496). Zur Medizin an den Höfen von Eberhard dem Milden bis zu Eberhard im Bart
(Tübinger Bausteine zur Landesgeschichte 1), Leinfelden-Echterdingen 2000, S. 14—39.
 
Annotationen