Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schludi, Ulrich; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Entstehung des Kardinalkollegiums: Funktion, Selbstverständnis, Entwicklungsstufen — Mittelalter-Forschungen, Band 45: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34761#0099
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

2. Vom Senat des Papstes zum Rat der Kardinale

Anteil jener, die in der hier definierten Häufigkeit einbezogen wurden, liegt
damit aber zwischen 1138 und 1143 immer noch bei ca. 70% und damit deutlich
höher als in den 1120er Jahren.
Wie diese Zahlen zeigen, ist der engere Kreis um den Papst am Anfang
des 12. Jahrhunderts zunächst sehr klein. Nicht nur also, dass überhaupt nur
wenige Mitglieder des höheren römischen Kardinalklerus zu den alltäglichen
Beratungen bzw. zur Mitarbeit an die Kurie hinzugezogen wurden, es handelte
sich bei ihnen auch noch meist um dieselben Personen. Viele Kardinalkleriker
sind deshalb in den Unterschriftenlisten dieser Jahre überhaupt nicht fassbar.
In den folgenden Jahren vergrößerte sich dieser zunächst so kleine engere Kreis
stetig. Immer mehr Kardinalkleriker wurden von den Päpsten regelmäßig zu
Beratungen bzw. zur Mitarbeit hinzugezogen. Gleichzeitig sind immer mehr
Kardinalkleriker über die erhaltenen Unterschriftenlisten fassbar bzw. treten
immer weniger Kardinalkleriker dort überhaupt nicht auf. Unter Calixt II. ge-
hören dem engeren Kreis bereits ein Drittel aller fassbaren Kardinalbischöfe,
Kardinalpriester und Kardinaldiakone an, im Verlauf des Pontifikats des
Honorius ist es sogar schon die Hälfte. Der eigentliche Umschwung kommt
dann in der ersten Hälfte des Pontifikats Innocenz' II. Von einem engeren
Kreis kann man jetzt kaum mehr sprechen. Von 1130-1137 wurden fast alle
Kardinalbischöfe, Kardinalpriester und Kardinaldiakone so intensiv in die
Entscheidungsfindung des Papstes eingebunden, dass sie die geforderten Be-
dingungen erfüllen. Erst ab 1138 ist wieder eine größere Anzahl von Kardinal-
klerikern greifbar, die etwas mehr am Rande standen. Anders als vor 1130 han-
delt es sich dabei aber nicht mehr um die Hälfte (wie unter Honorius II.) oder
gar um zwei Drittel aller Kardinalkleriker (wie noch unter Calixt II.). Vielmehr
war die große Mehrheit von 70% aller Kardinalkleriker nun eng in die päpst-
liche Regierung eingebunden. Damit aber kann man diese Personengruppe für
die letzten Jahre des Pontifikats Innocenz' II. endgültig nicht mehr als engeren
Kreis bezeichnen; um den engeren Kreis zu bestimmen, wäre die Messlatte nun
höher zu legen. Umgekehrt handelt es sich bei den übrigen Kardinalklerikern
nunmehr nur noch um eine Randgruppe, der einige Kardinalpriester und
überproportional viele Kardinaldiakone angehörten.

Innocenz' ernannt wurden und in den Unterschriften nicht mehr greifbar sind, und einen
Kardinaldiakon Guido säurte Romane eedesie, der ebenso in zwei Unterschriften im April 1142
fassbar wird, aber nicht mit Guido de Ficedo identisch sein kann (sofern es sich um kein Ver-
sehen handelt), weil in beiden Urkunden zweimal ein Kardinaldiakon Guido unterschreibt,
nicht berücksichtigt. Den Kardinaldiakon Rainer sanUc Romano eedesie habe ich mit dem
gleichnamigen Kardinalpriester von S. Prisca identifiziert, ohne dies aber bereits am Schrift-
bild überprüft zu haben; chronologisch folgen beiden unmittelbar aufeinander, nachdem die
Information ZENKERS, Kardinalkollegium, S. 95, über die angebliche erste Unterschrift Rainers
von S. Prisca in JL 8072, U 458, sich als nicht zutreffend herausgestellt hat. Von vornherein
nicht mitgerechnet wurden die auswärtigen Kardinale Azo von S. Anastasia und Adenulf von
S. Maria in Cosmedin sowie der »Aushilfskardinalbischof« Guido von Tivoli.
 
Annotationen